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Abgründe (German Edition)

Abgründe (German Edition)

Titel: Abgründe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine d’Arachart
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Dann hat irgend so ein Junkie deine Waffe. Gott weiß, was er damit anrichtet.« Evangeline wollte noch mehr Argumente vorbringen, doch das war nicht nötig. Ethan sah sie einen Moment lang ausdruckslos an, dann verstaute er die Waffe in seiner Innentasche.
    »Du glaubst, ich will dich unterdrücken oder so einen Unsinn. Dabei ist das nicht wahr.« Ethan schaute sie an und sie erschrak über den traurigen Ausdruck in seinen geröteten Augen. »Ich will dich nicht verlieren, Evey. Weder dich, noch Haley, aber ihr macht es mir beide so verdammt schwer, euch zu schützen.«
    Evangeline schluckte, als sie begriff, wie es ihm gehen musste.
    »Über kurz oder lang könntet ihr an der Reihe sein. Stell dir vor, euch passiert etwas, nur weil ich nicht gut genug aufgepasst habe. Weil ich euch nicht zu nahe treten wollte… Wie würdest du dich an meiner Stelle fühlen?«
    »Ich lasse mich nur ungern einengen…«
    »Und ich lasse dich nur ungern aus den Augen. Ich hoffe, irgendwann wirst du mich verstehen.« Ethan widmete sich dem schwarzen Nichts vor dem Fenster. Einen Augenblick lang sah es so aus, als würde er in Tränen ausbrechen, dann verhärtete sich sein Gesicht wieder.
    Evangeline blieb noch einen Moment sitzen und dachte nach. Eigentlich verstand sie ihn. Er hatte nacheinander zwei Menschen verloren, die ihm nahe standen und nun sorgte er sich um die, die er liebte. Konnte sie ihm das zum Vorwurf machen?
    »Ich glaube, wir haben beide falsch reagiert.« Evangeline schloss Ethan in die Arme. »Wir sind es eben nicht gewohnt, nun jemanden an unserer Seite zu haben, auf den wir Rücksicht nehmen müssen.«
    Ethan blickte überrascht zu ihr herab, dann erwiderte er ihre Umarmung. Sie wusste, dass es nun kein Zurück mehr gab. Doch das wollte sie auch gar nicht.

-66-
     
    Birch kauerte zwischen einer wunderschönen Reborn und einer nicht ganz so schönen Lee Middleton-Puppe hinter einem umgestoßenen Kinderwagen. Es war dunkel und stickig. Staubflocken tanzten durch den alten Spielzeugladen und zwangen ihn, flach zu atmen, um nicht husten zu müssen. Er durfte sich unter keinen Umständen verraten.
    Seit sich die Tür des Geschäfts vor wenigen Sekunden geöffnet hatte, versuchte er, keinen Laut von sich zu geben. Seine Hände zuckten leicht und sein rechtes Auge brannte, wie immer, wenn er nervös war oder Angst hatte. Die Bullen schienen ihn gefunden zu haben. Es war dumm von ihm gewesen, sich ausgerechnet hier zu verstecken, doch der Drang, endlich wieder die sorgfältig verarbeiteten Spitzenkleidchen und die weiche Plastikpuppenhaut berühren zu können, war einfach zu stark gewesen.
    Die Fußfessel hatte ihm nicht erlaubt, sich woanders hin zu bewegen als zu seiner Arbeitsstelle und nach Hause. Zu Hause war er einsam gewesen. Keine seiner Puppen hatte damals das Feuer überlebt und die Trauer darüber saß immer noch tief. Er hätte ihnen gern einen symbolischen Platz auf dem Friedhof gekauft, wo er einen Grabstein aufstellen und ihrer gedenken konnte, aber er wusste, dass man ihm das niemals gestatten würde.
    Das Haar der Reborn-Puppe kitzelte in seiner Nase und er ließ sie etwas lockerer. Vor lauter Anspannung hatte er den kleinen Körper zu fest gegen seine Brust gepresst. Auch wenn er Angst hatte, ein Geräusch zu verursachen, hob er die Puppe ein Stück und küsste sie auf die glatte Stirn. Er lächelte beim Anblick ihrer engelsgleichen Züge und sprach in Gedanken eine Entschuldigung.
    »Ich weiß, dass du da bist.«
    Birch erstarrte. Die sanfte, amüsierte Stimme des Mannes, der gerade in seinen Laden eingedrungen war, ließ ihn wissen, dass es sich nicht um einen Polizisten handeln konnte. Doch diese Tatsache beruhigte ihn nicht. Im Gegenteil.
    »Ich bin nicht dein Feind, Birch, hörst du? Ich möchte dein Freund sein...« Die Worte des Mannes klangen schmeichelnd und hatten gleichzeitig etwas Furchteinflößendes an sich.
    Birch drückte die kleine Reborn wieder an sich und zog den Kopf so weit es ging zurück, um zwischen dem ganzen Spielzeug nicht aufzufallen.
    Der Fremde setzte sich langsam in Bewegung. Seine Schritte verursachten kaum Geräusche. »Willi Wilbur... Wo steckst du? Wo hast du dich versteckt?«
    Birch hielt den Atem an.
    »Ich finde dich doch, glaub mir.« Die Stimme des Mannes war immer noch freundlich. »Wilbur...«
    Am liebsten hätte Birch den Mann angeschrien und ihn zur Hölle gejagt. Aber er war viel zu feige. Er war immer feige gewesen. Schon in der Schule hatte er sich aus

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