Abgründe (German Edition)
leidenschaftlich. Sie spürte seine Erektion und schlang die Beine um seine Hüften. Ihr Puls beschleunigte sich und der ganze Raum schien sich zu drehen. Sie lehnte sich wieder zurück und hatte das Gefühl, die Wand augenblicklich mit ihrem Körper zu erwärmen. Ethans Haar war feucht von Schweiß und Evangeline versuchte, sich ganz auf ihn zu konzentrieren, während sie miteinander schliefen. Es war anders, als sie erwartet hatte. Es dauerte länger und Ethan schien nicht nur daran interessiert zu sein, selbst auf seine Kosten zu kommen.
Nach einer halben Ewigkeit, wie es ihr vorkam, sank sie erschöpft in seine Arme und spürte, wie heftig sein Atem ging. Ihre Körper klebten aneinander und es war mittlerweile völlig still.
Für einen Moment genoss sie einfach seine Nähe, dann räusperte sie sich, um ihre Stimme wieder zu finden. »...Wollen wir duschen gehen?«
Er drückte ihr wortlos einen Kuss auf den Hals und hob sie von der Waschmaschine.
Sie lächelte und schloss die Augen. Zumindest zog er sich nicht an und verließ fluchtartig die Wohnung. Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass das hier nicht alles gewesen war, was er von ihr gewollt hatte.
-73-
Delilah Linney schloss die Wagentür hinter sich und wurde zu Cara-Mia. So schnell ging das, von jetzt auf gleich, wenn man es erstmal ein paar Jahre geübt hatte. Das Taxi rauschte davon und schenkte ihr den wahrscheinlich letzten kühlen Luftzug für heute Abend. Die Schwüle war unerträglich und die ganze Stadt schien nervös auf ein Gewitter zu warten, das diesem Wetter endlich ein Ende bereiten würde. Es war noch nicht dunkel und die Sonne bot als orangefarbener Feuerball am Himmel eine beeindruckende Show. Sie warf ein schmeichelhaftes Licht auf den Straßenstrich von Virginia Beach, sodass der ganze Platz aussah wie eine Filmkulisse oder wie ein aufwendig produzierter Werbespot für High Heels und billige Klamotten.
Es waren viele Mädchen da, wie meistens im Sommer, aber das ängstigte Cara-Mia nicht besonders. Die meisten Konkurrentinnen waren älter als sie oder man sah ihnen die Geschlechtskrankheiten förmlich an. Sie hingegen bemühte sich, immer frisch zu wirken. Als sei sie gerade erst hier angekommen. Naiv und jung, darauf standen die Kerle, aber offensichtlich hielt sie nicht jeder hier für naiv.
Sie ärgerte sich immer noch über Ethan. Wie konnte er ausgerechnet sie dieser Morde verdächtigen? Sie hatte geglaubt, zwischen ihnen beiden herrsche so etwas wie ein Vertrauensverhältnis. Vielleicht war sie doch ein bisschen naiv. An irgendetwas musste es ja liegen, dass sie immer in so eine Scheiße geriet. Immerhin hatte er sie gehen lassen, im Knast hätte sie keinen Tag überlebt. Wahrscheinlich hatte er zu viel Angst davor gehabt, dass sie von ihren kleinen Spielchen, bei denen er sie regelmäßig mit seiner Dienstwaffe bedrohte, hätte erzählen können. Wenn sie daran dachte, wie Ethan ihr die Knarre an die Schläfe drückte, fröstelte sie. Sie hatte ihn nie gebeten, die Pistole zu entladen. Vertrauen, eben. Außerdem zahlte er nicht schlecht und sie gab sich der Illusion hin, dass er kein Mistkerl sein konnte, weil er ein Cop war, wenn er auch einen leichten Knall hatte.
Cara-Mia überquerte die Straße, nahm ihren angestammten Platz vor einem niedrigen Stromkasten ein und sah sich um. Noch immer warf die Abendsonne ein künstliches Licht auf die Szenerie. Sie musste an zu Hause denken, die Kleinstadt, in der sie aufgewachsen war. Dort hatte es Sonnenuntergänge gegeben, von denen Virginia Beach nur träumen konnte. Aber es hatte auch genug Dinge gegeben, die es sich hatten lohnen lassen, wegzugehen.
Cara-Mia schüttelte den Gedanken ab und konzentrierte sich lieber aufs Geschäft als auf längst verblasste Erinnerungen. Heute war einfach nichts los. Viele Mädchen, wenig Freier. Vielleicht war es bloß noch zu früh. Aber an manchen Tagen lief es auch einfach schlecht. Valentinstag, zum Beispiel, war der umsatzschwächste Tag des ganzen Jahres. Sie hatte es aufgegeben, am Valentinstag überhaupt herzukommen und verbrachte den Abend in irgendwelchen Bars. Regelmäßig wunderte sie sich, dass es viel schwieriger war, jemanden kennen zu lernen, wenn man kein Geld verlangte.
Warum es heute so leer war, war ihr jedoch ein Rätsel. Sollten etwa all die braven Ehefrauchen von Virginia Beach gleichzeitig Geburtstag haben? Hatte es eine riesige Massenhochzeit gegeben und heute war der allgemeine Hochzeitstag?
Lediglich drei Autos
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