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Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Titel: Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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vollkommen austauschbar sind. Im Vordergrund steht das Töten und nicht das Opfer. Der oder die Täter haben den absoluten Tötungswillen, wie man es nennt, wenn jemand mit direktem Vorsatz handelt, also tötet, um des Tötens willen.

    Zunächst einmal stand uns aber die unangenehmste Pflicht bevor. Nämlich die Befragung der Familie des Opfers. Der Dienstgruppenleiter der zuständigen Polizeiinspektion hatte persönlich die schwere Aufgabe der Verständigung der Angehörigen übernommen. Zwischenzeitlich hatte das mittlerweile längst unverzichtbare Kriseninterventionsteam, kurz KIT genannt, die Betreuung der Familie übernommen.
    Seit der Auffindung der Leiche um 1.45 Uhr waren zwei Stunden vergangen. Das schmucke Einfamilienhaus in dem ruhigen Siedlungsgebiet war hell beleuchtet. Als mein Kollege und ich an der Haustür geläutet hatten, öffnete eine ältere Dame, die Mutter des Toten. Sie hatte verweinte Augen. In diesem Moment kam eine junge Frau die Treppe aus dem Obergeschoss herunter, auf dem Arm ihren zweijährigen Jungen, das jüngste von drei Kindern. Die beiden Mädchen, vier und sechs Jahre alt, schliefen. Der Junge war aufgewacht und hatte nicht mehr einschlafen können. Er quengelte etwas. Die Frau war blass, wirkte aber hellwach und gefasst.
    Zwei Stunden sprachen wir mit der 34-jährigen Ehefrau. Dabei wurde mir schnell klar, dass ich eine hochintelligente, unglaublich starke Persönlichkeit vor mir hatte. Es war jedenfalls bewundernswert, wie sie sich beherrschte und sich bemühte, sachlich zu bleiben. Obwohl man natürlich spürte, wie sie innerlich litt. Gelegentlich schien sie auch mit den Gedanken abwesend zu sein. »Ich weiß noch nicht, wie das jetzt weitergehen soll«, sagte sie und bekam erstmals feuchte Augen. Sie leitete die Praxis ihres Mannes, was ihr ermöglichte, auch Zeit für die Kinder abzuzweigen, die ansonsten von ihrer mit im Hause lebenden Schwiegermutter hervorragend betreut wurden.
Alles sei perfekt und optimal geregelt gewesen, berichtete sie mit leiser Stimme.
    Ich erklärte ihr in ruhigen Worten, dass ihr Mann erstochen worden sei, mehr wüssten wir noch nicht. Außer, dass seine Sporttasche nicht gefunden wurde. Wir baten sie um eine genaue Beschreibung der Tasche und des möglichen Inhaltes. Es sei eine Obduktion erforderlich, versuchte ich ihr schonend beizubringen. Wusste ich doch, dass die meisten Menschen mit Entsetzen und Ablehnung reagieren, wenn man davon spricht. Es bedurfte oft behutsamer Worte, um Angehörigen zu erklären, dass Obduktionen bei Opfern von Tötungsdelikten unerlässlich seien und von einem Richter angeordnet würden. Dem Schreckgespenst, das allgemein mit Sektionen verbunden ist, nahm man etwas die Wirkung, wenn man den Leuten erklärte, eine Obduktion sei auch nichts anderes als eine Operation, nur eben am toten Körper. In diesem Fall musste ich aber keine Überzeugungsarbeit leisten. Sie hatte nicht nur Verständnis für diese Maßnahme, sie hielt eine solche ärztliche Untersuchung sogar für notwendig. Die Frage, wie lange ihr Mann noch gelebt haben könnte und ob er habe leiden müssen, beschäftigte sie. Die Ärzte könnten diese Frage sicherlich beantworten, sagte ich ihr. Nach dem, was ich an Kenntnissen besitze, so versuchte ich sie zu trösten, müsste der Tod aber sehr schnell eingetreten sein, sodass er zumindest nicht lange habe leiden müssen. Was gelogen war.
    Erleichtert war ich auch über ihre Reaktion, als ich ihr ankündigte, wir würden natürlich überprüfen müssen, ob eine Beziehungstat vorliegen könnte. Allein schon deshalb, um uns später nicht vorwerfen lassen zu müssen, wir hätten einseitig ermittelt. Derartige Vorwürfe
seien beispielsweise dann zu erwarten, wenn es zu einem Indizienprozess kommen sollte, weil der oder die Täter nicht geständig seien, erklärte ich ihr. Ohne zu ahnen, wie recht ich behalten sollte.
    Die junge Frau zeigte auch diesbezüglich volles Verständnis. Es liege in ihrem Interesse, dass die Tat aufgeklärt würde. Das sei für sie am Wichtigsten. Wir könnten sie alles fragen, was wir für notwendig hielten. Wir verabredeten eine detaillierte Vernehmung in den Räumen der Mordkommission für den übernächsten Tag.
     
     
    Die Obduktion der Leiche im Institut für Rechtsmedizin fand bereits am frühen Morgen statt. Die Einstiche, insgesamt 15 an der Zahl, hatten die linke Brusthöhle mehrfach eröffnet. Eine Rippe war schartenartig verletzt und gebrochen. Die rechte Herzkammer war

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