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Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Titel: Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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besonders aggressiv aufgefallen war. Denkbar wäre auch gewesen, dass es Mitwisser gab, denn gerade jugendliche Straftäter handeln meist nicht allein, sondern aus der
Gruppe heraus. Nach und nach merkte er, dass es »einen Typen« zu geben schien, über den niemand offen reden wollte. Nur hinter vorgehaltener Hand wurde über denjenigen gesprochen, der die ganze Gegend - zumindest die Jugendlichen, die sich dort herumtrieben - zu beherrschen schien. Alle fürchteten sich vor ihm. Wer seiner Clique angehören wollte, musste ihm bedingungslos gehorchen, berichteten einige, aber niemals im Beisein anderer. Denn die Gefahr, dass man verraten werden konnte, war zu groß. Dann gab es Schläge, Prügel oder noch Schlimmeres. Er nahm sich, was er wollte, und man gab ihm, wonach ihm verlangte: Geld, Jacken, Messer, Stiefel, Joints und sogar die Freundinnen. Sein Kennzeichen: ein Haarzopf am Hinterkopf.
    Die Informationen, die der Kollege über diesen ungekrönten Herrscher der Jugendlichen im Ostpark gesammelt hatte, ließen ihn immer besser in unser Täterprofil passen. Eiskalt, brutal, egoistisch, zornig, leicht reizbar und gleichzeitig arrogant. So wurde er beschrieben, dieser Sedar M.: ein 18-jähriger Türke, der in München geboren, zur Einschulung aber zur Großmutter in die Türkei geschickt worden war, um dort die türkische Lebensart und die Sprache besser zu erlernen und nicht allzu sehr von seinen türkischen Wurzeln entfernt zu werden. Das jedenfalls war der Wille seines Vaters, eines streng gläubigen Moslems. Als Sedar zehn Jahr alt war, starb die Großmutter, und er musste nach Deutschland zurückkehren. Deshalb hatte er dort die Schule abbrechen müssen, und hier in Deutschland fand er nicht mehr hinein. Also beendete er die Hauptschule ohne Abschluss, fand keine Lehrstelle, hatte keinen Job und trieb sich meist im Ostpark herum. Er war Haschischkonsument und besaß mehrere
Butterfly-Messer. Im Umgang mit dieser Waffe war er ein wahrer Meister. So verstand er es, die Klinge mit nur einer Hand immer wieder blitzschnell aus den beiden teilbaren Griffstücken herauszuschleudern und sie wieder darin verschwinden zu lassen. Seine Anhänger bewunderten ihn dafür.
    Sedar M. war bereits aktenkundig. Aber nicht nur das. Er war amtsbekannt. Er galt als gewalttätig und soll bereits an mindestens zwei Messerstechereien beteiligt gewesen sein. Bislang konnte man ihm aber nichts beweisen. Kurz: Er passte wie die Faust aufs Auge. Dass er überhaupt als Schrecken des Ostparks ermittelt werden konnte, war der hartnäckigen Streifentätigkeit des Kollegen zu verdanken und seinem geschickten Umgang mit den Jugendlichen dort.
     
     
    Es war 6.00 Uhr morgens, als die beiden Beamten der Mordkommission an der elterlichen Wohnung Sedar M.s läuteten. Seine Mutter, eine verhärmt wirkende, ältere Frau, öffnete. Der Vater war bereits zur Arbeit gegangen. Die Frau war schon über 40 Jahre alt, als sie Sedar bekam. Sie sprach kaum Deutsch und zeigte auf die Frage, ob ihr Sohn zu Hause sei, nur in Richtung seiner Zimmertür. Die Kollegen betraten das Zimmer und weckten ihn auf. Es dauerte, bis Sedar die Augen öffnete. Es war ein unglaublich böser Blick, den er den beiden Beamten zuwarf, als er das Wort »Kriminalpolizei« hörte. Widerwillig erhob er sich und fragte in aggressivem Ton: »Eh, was wollt ihr?« Die Kollegen ließen sich nicht provozieren. »Aufstehen, anziehen, mitkommen!«, sagte einer und hielt ihm die staatsanwaltschaftliche Vorladung unter die Nase. Sedar
M. sprang plötzlich hoch und baute sich vor den zwei Männern auf. Er überragte beide um Kopfeslänge, maß er doch 190 Zentimeter. Er war nackt und man sah, dass er kein Gramm Fett am Körper hatte, sondern nur Muskeln. »Verschwindet!«, zischte er und ballte die Fäuste. Die Kollegen ließen sich nicht einschüchtern. Einer zog die Handschellen hervor und schrie ihn an: »Du kannst es auch anders haben, ja?« Dabei wichen sie nicht zurück, sondern traten auf ihn zu. Das wirkte. Er schimpfte, zog sich nach kurzem Zögern aber doch an. »Was ist, brauchen wir die?«, fragte der Beamte noch einmal und klirrte mit den Handschellen. Jetzt schüttelte Sedar nur wortlos den Kopf. Das war sie, die erste Begegnung mit dem »Monster«, wie er später genannt wurde.
    Auf der Dienststelle eskalierte die Sache. Während Sedar M. zunächst relativ bereitwillig Auskunft über seine Kontakte, seinen Umgang und seine Lebensgestaltung gab, flippte er plötzlich und

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