Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf
hineinhuschen wollte. Aber da hatte sich schon ein Arm um ihren Hals gelegt, und unterhalb des Kinns spürte sie einen spitzen Gegenstand an der Haut. Der Mann hätte gar nichts sagen müssen, die Gefahr war ihr auch so sofort bewusst. »Sei ruhig, oder ich stech dich ab!« Da sie aber anfing zu schreien und sich losreißen wollte, wurde ihr der Mund zugehalten, und sie spürte am Bauch einen stechenden Schmerz. Sie tastete mit der Hand die nackte Haut zwischen dem Bund ihrer Jeanshose und dem bauchfreien T-Shirt ab, spürte ihr warmes Blut und bekam panische Angst. Deshalb stellte sie jede Gegenwehr ein. »Bitte hör auf! Bitte bring mich nicht um!«, flehte sie. Schon hatte er sie ins Haus und die Kellertreppe hinunter gedrängt. Dort musste sie sich im Vorraum auf den nackten Steinboden legen und sich splitternackt ausziehen. Er selbst zog sich nicht aus. Sogar die Lederhandschuhe ließ er an. Dann machte er sich über sie her, ohne auch nur eine einzige Sekunde das Messer aus der Hand zu legen.
Zuerst betrachtete er sie. Da das Licht brannte, war es
hell genug. Was er sah, musste ihm gefallen, denn Anita H. war eine äußerst attraktive junge Frau. Dann musste sie sich auf den Rücken legen und er führte seine Zunge in ihre Vagina ein. Aber nur kurz. Das dolchähnliche Messer behielt er die ganze Zeit über in der Hand. Er wird mich vergewaltigen, dachte sie. Und wenn ich mich wehre, bringt er mich um. Sie versuchte mit ihm zu reden. »Ich mache, was du willst, aber bitte tu mir nichts mehr«, sagte sie leise zu ihm. Aber er antwortete nicht, was ihn noch gefährlicher erscheinen ließ in ihren Augen. Sie durfte ein frisches Taschentuch aus ihrer Handtasche nehmen und es auf die blutende Wunde am Bauch drücken. Es brannte fürchterlich. Er nahm ihre Hand und führte sie an seinen Penis, der nicht erregt war. Sie onanierte bei ihm, aber das Glied wurde nicht steif.
Schätzungsweise 20 Minuten lang bemühte sie sich. Immer wenn sie aufhören wollte, sagte er drohend: »Mach weiter!« Schließlich legte er sich auf sie und wollte in sie eindringen. Er stützte sich mit dem linken Arm ab, und mit der rechten Hand versuchte er sein Glied einzuführen. Dazu musste er sein Messer neben sich auf dem Boden ablegen. Und plötzlich packte er sie am Hals und begann sie zu würgen. »Du scheiß Hure!«, stieß er keuchend hervor und drückte zu. Aus Wut über sein Versagen? Sie war überzeugt, er würde sie jetzt töten. Quasi in letzter Sekunde bekam sie den Dolch zu greifen und stach ihm die Klinge in einer bogenförmigen Bewegung in die Schulter. Er erschrak, nahm die Hände von ihrem Hals und schnellte hoch. Nun hielt sie aber das Messer in der Hand und hätte leicht noch einmal auf ihn einstechen können. Stattdessen sprang sie aber auf und rannte die Kellertreppe nach oben. Nackt, wie sie war. Dabei ließ
sie leider das Messer fallen. Warum, konnte sie später nicht erklären. Sie schrie laut um Hilfe. So laut, als könne sie allein durch das Schreien verhindern, dass er ihr folgen würde. Tatsächlich flüchtete er sofort aus dem Anwesen. Allerdings mit dem Tatmesser, mit dem sie ihn gestochen hatte. Oder besser gesagt, leicht geritzt. Die anwesenden Hausbewohner wurden allesamt wach. Bis sich aber jemand aus der sicheren Wohnung ins Treppenhaus gewagt hatte und bis die ersten Streifenwagen vor Ort waren, war der Täter längst über alle Berge.
Anita H. wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Glücklicherweise hatte der Stich keine inneren Organe verletzt. Die Klinge war zwar ca. zehn Zentimeter ins Gewebe eingedrungen, aber der Stichkanal war so schräg von oben nach unten gesetzt worden, dass die Bauchdecke nicht gänzlich durchstochen war. Leider war eine Spurensicherung am Körper der Frau nicht sofort möglich, weil natürlich die Notversorgung vorging. Hinterher war es zu spät. Zumal man sie gründlich gewaschen hatte. Da es beim Täter nicht zum Samenerguss gekommen war, fand sich von ihm auch keine DNA. Ebenso wenig wie Fingerabdrücke, denn der Mann hatte Handschuhe getragen. Und weil er das Tatmesser mitgenommen hatte, an dem wir sein Blut gefunden hätten, war die Spurenausbeute gleich null. Unvorstellbar bei diesem Tatablauf: Eine ganze Stunde lang hatte er sein Opfer missbraucht, und nicht ein einziges kleines Hautzellchen war zur Sicherung übrig geblieben. Warum nur, so ärgerte ich mich oft, denken professionelle Helfer nicht auch ein bisschen an die Strafverfolgung und die dafür notwendige
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