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Abgründe

Abgründe

Titel: Abgründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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denen sie mitsamt einigen Dutzend anderer Bankmanager der mittleren und höheren Führungsebene aus der ganzen Welt teilnahmen, ging es um die Derivatgeschäfte mit kleineren Währungen, um Risiken und Renditen. Zwei Vorträge drehten sich um Steuer-Oasen, und dafür interessierten sich Sverrir und Arnar besonders. Siehatten an Präsentationen für finanzstarke Kunden teilgenommen, wo derartige Steuer-Paradiese vorgestellt wurden. Transaktionen dieser Art waren ganz einfach und hatten viele Vorteile. Wenn man eine Gesellschaft beispielsweise auf den Virgin Islands registrierte und alle Einnahmen auf ein dortiges Konto eingingen, war es möglich, sich der Steuergesetzgebung im eigenen Land zu entziehen und sich unter anderem auch die Vermögenssteuer zu sparen. Sehr viele hatten sich diesen Service der Bank zunutze gemacht.
    Nach dem zweiten Vortrag war Alain Sörensen auf sie zugekommen und hatte sie mit Handschlag begrüßt. Sverrir kannte ihn recht gut von ähnlichen Konferenzen und Besprechungen, und sie hatten auch wegen der Wirksamkeit von isländischen Holding-Gesellschaften in den Steuer-Oasen eng zusammengearbeitet. Sörensen war ein Experte auf diesem Gebiet und hatte der isländischen Bank mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Sie hatten sich bereits am Tag zuvor auf der Konferenz getroffen, und Sverrir hatte ihn mit Arnar bekanntgemacht und dabei erwähnt, dass Alain Sörensen bei einer alteingesessenen Bank in Luxemburg arbeitete und großes Interesse an Island und seinem wirtschaftlichen Aufschwung hätte.
    Alain Sörensen hatte gefragt, ob er sie zu einem Sushi-Essen einladen dürfe.
    Sverrir und Arnar hatten einander angesehen.
    »Okay«, hatte Sverrir geantwortet. »Sure.«
    Sie hatten eigentlich wieder zu Mr Chow gehen wollen, aber Sushi war auch in Ordnung.
    Er führte sie zunächst in eine exklusive Bar in der Nähe, und bei diversen Gin Tonics unterhielten sie sichüber Gott und die Welt und kaum über Bankgeschäfte. Ein wenig später begaben sie sich in das japanische Restaurant, das Sörensen vorgeschlagen hatte. Obwohl die beiden Isländer nicht so recht wussten, ob man mitten in London rohem Fisch trauen konnte, erhoben sie keine Einwände. Die Kellner begrüßten Sörensen wie einen guten Stammkunden. Nach einer angenehmen Unterhaltung über Island und Sörensens Wunsch, die Insel einmal zu besuchen, weil eines seiner Hobbys das Reisen sei, kam er zur Sache – den isländischen Nominalzinsen.
    Er kannte sich auf diesem Gebiet außerordentlich gut aus. Die beiden waren auch sehr überrascht, wie gut er sich mit dem isländischen Markt auskannte, so wusste er, dass Sparer in Island sehr viel höhere Zinsen für ihre Einlagen erhielten als andernorts in Europa. Die Zinsen auf Einlagenkonten waren zweistellig, und sie waren wertgesichert.
    »Oh ja«, sagte Sverrir. »Bei steigender Inflationsrate erhöhen sich die Zinsen, wenn die Expansion fortschreitet, und das tut sie ja ständig. Die Zinssteigerung ist enorm.«
    »Ich begreife aber nicht, weshalb die isländischen Banken sich nicht diese großen Unterschiede im Zinsniveau zunutze machen und Einlagenkonten in Europa anbieten, sie könnten doch wesentlich höhere Zinsen anbieten als alle anderen.«
    »Ich glaube, da gibt es bereits jemanden, der mit diesem Gedanken spielt«, warf Arnar lächelnd ein.
    Und schließlich kam Sörensen auf sein eigentliches Anliegen zu sprechen. Es handelte sich um ein überaus verlockendes Angebot – Alain Sörensen hatte nicht weniger als fünfundvierzig Millionen Euros zur Disposition. Er wollte nicht darauf eingehen, woher das Geld stammte, nur dass es sich derzeit auf Tortola befände, der größten Insel der Virgin Islands. Er könne ihnen das Geld über seine Bank in Luxemburg zu äußerst günstigen Zinsen leihen und ein Konto eröffnen, von dem nur sie Kenntnis hätten. Diese fünfundvierzig Millionen könnten sie dazu verwenden, wertbeständige Anlagen mit entsprechenden Renditen in Island zu erwerben, beispielsweise Staatsanleihen oder Pfandbriefe. Die Zinserträge würden an Sörensen in Luxemburg gehen, und er würde dafür sorgen, dass sie zwischen ihnen aufgeteilt würden. In Anbetracht der hohen Zinssätze in Island wäre der Profit bei einer solchen Summe beträchtlich. Ihre Anteile würden auf das Konto eines Privatunternehmens oder eines Briefkastenunternehmens eingezahlt werden, das sie in Tortola gründen müssten.
    Auf seine Ausführungen folgte ein längeres Schweigen.
    »Was für Geld ist

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