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Abgründe

Abgründe

Titel: Abgründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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erste Tochter noch nicht geboren, und möglicherweise hatte er auch seine Frau noch nicht gekannt. Er war zweimal wegen Körperverletzung verurteilt worden, im einen Fall bekam er vier Monate auf Bewährung, weil er vor einem Vergnügungslokal einen Mann übel zusammengeschlagen hatte. Im zweiten Fall erhielt er sechs Monate, von denen er drei einsitzen musste, für schwere Körperverletzung in einer Kneipe in Hafnarfjörður. In der Fahndungsbeschreibung, die am Nachmittag herausgegeben worden war, hieß es, dass er gewalttätig und gefährlich sei.
    Kristjáns Aussagen zufolge war Þórarinn auch seiner Frau gegenüber gewalttätig geworden, doch Sigurður Óli sah keine äußeren Anzeichen dafür. Er überlegte, ob er nachhaken sollte, unterließ es aber.
    »Uns geht es nur darum herauszufinden, ob er irgendetwas mit diesem Fall zu tun hat«, sagte er. »Das kannst du uns wirklich glauben. Du bist wohl diejenige, die sich um den Haushalt kümmert?«
    »Er will es immer ordentlich haben«, sagte die Frau mechanisch.
    Finnur kam aus der Küche und bat Sigurður Óli, mit ihm nach draußen zu kommen.
    »Wir finden nichts, was ihn mit Lína verbindet«, sagte er. »Kriegst du etwas aus ihr heraus?«
    »Sie hat gerade erfahren, dass ihr Mann möglicherweise ein Mörder ist. Wenn sie das erst mal verarbeitet hat, könnte sie uns womöglich mehr sagen.«
    »Und deine Freunde, was sagen die?«, fragte Finnur.
    »Meine Freunde? Fängst du schon wieder damit an?«
    »Möchtest du nicht wissen, wie die Vernehmungen gelaufen sind?«
    »Interessiert mich nicht.«
    Sigurður Óli wusste, dass Patrekur und Hermann und ihre Frauen vernommen worden waren. Wenn Sigurður Óli nicht so beschäftigt gewesen wäre, Þórarinn zu finden, hätte er sich sicherlich Kopien der Protokolle besorgt.
    »Dieser Hermann hat mir das Bild von sich gezeigt und gesagt, dass Lína und Ebeneser sie zu erpressen versuchten. Er hat natürlich nicht zugegeben, dass er über Lína hergefallen ist oder einen anderen auf sie angesetzt hat, der die Aufnahmen finden sollte. Er wirkte ziemlich angeknackst, und seine Frau weinte die ganze Zeit. Im Gegensatz dazu hat Patrekur sich nichts anmerken lassen und alles rundheraus abgestritten.«
    »Und was wirst du mit ihnen machen?«
    »Ich hab ihnen gesagt, dass sie im Augenblick die Stadt nicht verlassen dürfen. Patrekur gab zu, dass er dich kontaktiert hatte. Es steht also jetzt in den Akten, dass du von dieser Sache gewusst, aber keine Meldung erstattet hast. Ich werde nachher meinen Bericht machen und an die entsprechenden Stellen weiterleiten. Stell dich darauf ein, dass sie sich melden.«
    »Was soll dieses Theater, Finnur?«, fragte Sigurður Óli.
    »Ich bin wirklich erstaunt, dass du immer noch darauf bestehst, an den Ermittlungen teilzunehmen«, antwortete Finnur. »Du bist persönlich viel zu sehr in den Fall verwickelt. Wenn du selber nichts unternimmst, muss ich das tun. Ich leite diese Ermittlung, komm du mir ja nicht mit einem Privatflip.«
    »Findest du, dass du es dir leisten kannst, so mit mir zu reden?«, fragte Sigurður Óli.
    »Deine Position ist leider keine besonders gute, mein lieber Siggi«, sagte Finnur. »Du handelst nicht im Sinne der Ermittlung, wenn du auf eigene Faust recherchierst. Ich leite das Ganze, und du hast das zu tun, was ich sage.«
    »Glaubst du wirklich allen Ernstes, dass man mir nicht mehr vertrauen kann?«, fragte Sigurður Óli. »Willst du das damit sagen? Ausgerechnet du?«
    »Ja, genau das will ich sagen.«
    Sigurður Óli sah sein Gegenüber lange an. Er wusste, dass Finnur ein guter Kriminalbeamter war, aber diese Kritik an seiner Arbeit grenzte beinahe schon an Mobbing, und damit musste Schluss sein. Sigurður Óli hatte nicht vor, sich das bieten zu lassen, nicht von Finnur. Vielleicht von jemand anderem, aber nicht von Finnur.
    »Wenn du weiter so einen Quatsch behauptest, packe ich ebenfalls aus«, entgegnete er, wobei er Finnur fest in die Augen blickte. »Denk mal darüber nach. Um deiner selber willen ist es für dich das Beste, wenn du mich in Ruhe lässt.«
    »Was meinst du damit?«
    »Du kennst einen Burschen namens Pétur, nicht wahr?«
    Finnur sah Sigurður Óli ernst an, antwortete aber nicht.
    »Einer von diesen Blindgängern, die ständig Schwierigkeiten machen«, fuhr Sigurður Óli fort. »Ein brutaler Idiot, der selber vor Kurzem beinahe zu Tode geprügelt wurde, und zwar ganz in der Nähe vom Dezernat. Sagt dir das was?«
    Immer noch starrte

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