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Abgründe

Abgründe

Titel: Abgründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Sigurður Óli überlegte, wer dieser Birgir sein könnte. Möglicherweise handelte es sich um einen Verwandten von Höddi, oder es bestand irgendeine Verbindung zu Þórarinn.
    »Hallo!«, rief Sigurður Óli, erhielt aber keine Antwort. »Þórarinn! Hörst du mich?«
    Er ging an einem kleinen Raum vorbei, der mit einer Glaswand abgeteilt war. Eine Art Theke mit zwei Stühlen diente wohl zur Auftragsabwicklung mit Kunden, auf dem Tisch lag ein Haufen schmutziger Zeitschriften. Von etwas weiter hinten drang ihm schwacher Kaffeegeruch in die Nase, und als er eine Tür öffnete, sah er den Kaffeeraum mit drei Stühlen und einem Tisch, auf dem jede Menge Becher und eine dreckige Kaffeemaschine standen. Im Abfalleimer daneben lag die Tüte, die Höddi mit in die Werkstatt genommen hatte, und eine Schachtel mit einem halb gegessenen Hamburger und Pommes. Sigurður Óli betrachtete den Abfalleimer lange. Konnte es sein, dass Höddi so sehr daran gelegen war, seinen Hamburger ungestört und in Ruhe essen zu können, dass er damit spätabends zu einer menschenleeren Werkstatt am Elliðavogur fuhr?
    »Þórarinn! Polizei! Wir wissen, dass du hier drin bist. Wir müssen mit dir reden.«
    Keine Reaktion.
    Sigurður Óli ging zurück in die Werkstatt.
    »Hör auf mit dem Versteckspiel!«, rief er.
    Er wollte nicht zu lange in der Werkstatt bleiben. Er fand es irgendwie bescheuert, nach diesem Toggi Sprint zu rufen, in der vagen Hoffnung, dass er irgendwo zwischen Ersatzteilen oder Reifengestellen in Deckung gegangen war. Wenn der sich nicht hier in der Werkstatt versteckte, gab Sigurður Óli eine mehr als lächerliche Figur ab.
    Er ging quer durch den Raum und fragte sich, ob nicht irgendetwas fehlte. Er hatte im Laufe der Zeit unterschiedliche Autos besessen und häufig genug Reparaturwerkstätten aufsuchen müssen. Wenn es um Kleinigkeiten ging, hatte er gewartet, andernfalls hatte er jemanden gebeten, ihn abzuholen oder sich schlimmstenfalls ein Taxi genommen, aber das tat er nur, wenn gar keine andere Möglichkeit bestand. Meist versuchte er, die Mechaniker dazu zu bringen, die Reparatur so schnell fertigzustellen, dass er darauf warten konnte. Währenddessen hing er entweder in der Werkstatt herum oder machte einen kleinen Spaziergang. Er kannte sich also relativ gut in Autowerkstätten aus, und irgendwie kam es ihm so vor, als wäre dieser Birgir nicht sonderlich gut bestückt.
    Er stand mitten in der Werkstatt, als ihm klar wurde, was fehlte.
    Die Hebebühne.
    Im gleichen Augenblick meinte er, ein schwaches Geräusch unter sich zu hören. Sigurður Óli richtete den Blick nach unten, er stand auf einer großen, rechteckigen Metallplatte, und es war, als wäre das Geräusch irgendwo von da unten gekommen. Er stampfte mit dem Fuß auf.
    »Þórarinn!«, rief er, ohne eine Antwort zu erhalten.
    Sigurður Óli wusste jetzt, weshalb es keine Hebebühne gab. Anstatt das Fahrzeug in die Höhe zu hieven, um am Unterboden arbeiten zu können, wurde es über eine Versenkung im Boden gefahren, und der Mechaniker kletterte hinunter in die Grube. Vielleicht konnte Birgir sich keine Hebebühne leisten. Vielleicht brauchte er auch gar keine, und deswegen war die Grube abgedeckt.
    Sigurður Óli fand schnell heraus, wie man die Blechplatte öffnen konnte, und er war überrascht, wie leicht sie sich bewegen ließ. Unten in der Grube hockte Þórarinn. Er lehnte mit dem Rücken gegen die Wand und starrte zu ihm hoch.
    »Verfluchte Scheiße, wie habt ihr mich gefunden?«, sagte er. Er war anscheinend völlig überrumpelt, stand auf, ohne Sigurður Óli aus den Augen zu lassen, kletterte aus der Grube hoch und klopfte sich den Dreck von den Kleidern.
    »Du hast hoffentlich nicht vor, irgendwelche Mätzchen zu machen?«, fragte Sigurður Óli.
    »Wie zum Teufel hast du das herausgefunden?« Þórarinn machte keine Anstalten, Widerstand zu leisten.
    »Das erzähle ich dir vielleicht später mal«, sagte Sigurður Óli, der bereits Verstärkung angefordert hatte. Der erste Streifenwagen würde in weniger als drei Minuten da sein. »Bist du schon lange hier?«
    »Gerade erst gekommen.«
    »Wo warst du die ganze Zeit?«
    »Verdammt noch mal, das war ein Schock«, sagte Þórarinn, ohne auf die Frage einzugehen. »Ich hab mir gerade den Hamburger reingezogen, als ihr an die Tür gehämmert habt. Mir fiel nur noch die Grube ein. War es Höddi? Bist du ihm nachgefahren?«
    Þórarinn versuchte, sich unauffällig in Richtung Tür zu

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