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Abgründe

Abgründe

Titel: Abgründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Frau von Hermann?«
    »Ja.«
    »Und ihr habt ihnen ein Foto geschickt?«, fragte Sigurður Óli. Ebeneser hatte soeben zum ersten Mal zugegeben, dass sie einen Erpressungsversuch unternommen hatten.
    »Ja. Lína wusste, dass sie politisch sehr engagiert war, und sie wollte es einfach mal drauf ankommen lassen. Wir haben uns einen Spaß daraus gemacht.«
    »Spaß? Ihr habt zwei Familien das Leben zur Hölle gemacht! Und Lína wurde umgebracht!«
    Sigurður Óli war in Wut geraten und hatte sich entsprechend scharf ausgedrückt. Er rief sich zur Ordnung. Für ihn gab es keinen Anlass, wütend zu werden, auch wenn er die betroffenen Menschen persönlich kannte. Finnur hatte ihn davor gewarnt, dass er nicht imstande sein würde, neutral zu bleiben.
    »Entschuldige«, sagte er und klang etwas milder. »Willst du nicht einfach die Verantwortung von dir weisen?«
    »Überhaupt nicht«, erklärte Ebeneser. »Lína hatte dauernd solche Einfälle.«
    »Was für Einfälle? Leute zu erpressen?«
    »Nein, einfach nur alle möglichen verrückten Ideen. Aber sie hat sie meist nicht in die Tat umgesetzt. Nur in diesem Fall.«
    »Hätte sie es dir gesagt, wenn sie es noch einmal getan hätte?«
    »Ja, das hätte sie.«
    »War es dir egal, dass sie mit anderen Männern schlief?«
    »Das war einfach unsere Einstellung«, sagte Ebeneser. »Ihr war es auch egal, wenn ich mit anderen Frauen zusammen war. Es war einfach so.«
    »Und Partnertausch?«
    »Das haben wir schon seit unserer Gymnasialzeit gemacht. Es fing schon damals an, als wir uns kennenlernten. Und irgendwie ging es immer so weiter.«
    »Hat sie dir gesagt, mit wem sie geschlafen hat?«
    »Manchmal. Eigentlich meistens.«
    »War darunter auch jemand aus ihrer Firma?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Warst du dabei, wenn sie diese Gletschertouren oder Hochlandfahrten mit Kunden unternahm?«
    »Meistens. Lína hatte mich bei der Firma ins Spiel gebracht und denen gesagt, dass ich als Reiseleiter viele Trips organisiert hätte und dass ich auch solche Incentive-Touren organisieren könnte. Sie sind darauf eingegangen und waren wohl auch sehr zufrieden. Die Touren waren ein großer Erfolg.«
    »Kanntest du die Leute, die an solchen Fahrten teilnahmen?«
    »Nein.«
    »Waren es Banker? Ingenieure? Ausländische Investoren?«
    »Ja, irgendetwas in der Art. Und ziemlich viele Ausländer.«
    »Soweit ich weiß, ist dort vor einiger Zeit ein Unfall passiert«, sagte Sigurður Óli. »Ein Mann verschwand spurlos und wurde erst viele Monate später gefunden. Weißt du etwas darüber?«
    »Lína hat das irgendwann einmal erwähnt, ich kann mich aber nicht mehr genau erinnern, was sie gesagt hat. Es ist aber nicht auf einer von meinen Fahrten passiert.«
    »Kannte sie all diese Leute?«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Sie hat nicht mit ihnen geschlafen?«
    Ebeneser antwortete nicht. In der Frage schwang ein Unterton mit, der ihm nicht gefiel. Sigurður Óli hielt die Frage einfach für vollkommen berechtigt. Lína hatte es sich nicht entgehen lassen, mit Patrekur zu schlafen, und sie und Ebbi hatten seinen Aussagen zufolge alles andere als ein normales Eheleben geführt.
    »Ich hätte gern die Aufnahmen«, sagte Sigurður Óli.
    »Was für Aufnahmen?«
    »Die Fotos von euch beiden, zusammen mit Hermann und seiner Frau. Hast du die hier?«
    Ebeneser überlegte, dann stand er auf und ging in die Küche, von der aus man in eine kleine Abstellkammer gelangte. Sigurður Óli blieb im Wohnzimmer sitzen, während Ebeneser die Aufnahmen holte. Er kam kurze Zeit später mit einem Umschlag zurück, den er Sigurður Óli reichte.
    »Sind das alle?«, fragte Sigurður Óli.
    »Ja.«
    »Hast du die nicht auch auf dem Computer?«
    »Nein. Wir haben die Fotos mit einem Fotodrucker ausgedruckt und eines von ihnen abgeschickt, um ihnen zu zeigen, dass es uns ernst war. Und dann haben wir die Bilder auf der Karte gelöscht. Es ist eine Digitalkamera. Wir hatten nie vor, die unter die Leute zu bringen. Das war … Es sollte ein Jux sein.«
    Ebeneser schien nicht mehr dazu zu sagen zu haben. Er fühlte sich offensichtlich ziemlich elend und ließ seine Blicke durchs Wohnzimmer schweifen.
    »Verdammte Schweinerei«, stöhnte er.
    »Streitest du immer noch ab, dass ihr finanzielle Schwierigkeiten hattet?«, fragte Sigurður Óli.
    Ebeneser schüttelte den Kopf. Ihm war anzusehen, dass er kapituliert hatte. Sigurður Óli befürchtete, dass er anfangen würde zu weinen.
    »Die Schulden sind uns total über den

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