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Abgründe

Abgründe

Titel: Abgründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Kopf gewachsen«, gab er schließlich zu. »Das Haus hier. Der Jeep. Alles zu hundert Prozent auf Pump, und außerdem mit Hypotheken belastet. Wir haben überall Schulden. Auch bei den Dealern.«
    »Wer hat euch die Drogen besorgt?«
    »Ich möchte da lieber niemanden nennen.«
    »Du kommst wahrscheinlich nicht darum herum.«
    »Ich verrate nichts.«
    »Hat der Typ euch gedroht?«
    »Wir kaufen das Zeug bei verschiedenen Leuten. Niemand hat uns bislang gedroht, das ist einfach Quatsch. Und ich kenne keinen Þórarinn. Ich hab nie was von ihm gekauft. Keine Ahnung, wieso er behauptet, dass wir Schulden bei ihm haben, das stimmt einfach nicht.«
    »Er wird Toggi genannt.«
    »Sagt mir nichts.«
    »Du hast also keine Idee, weshalb er über Lína hergefallen ist?«
    »Nein, wirklich keine.«
    »Du musst die nächsten Fragen entschuldigen«, sagte Sigurður Óli, »aber wir müssen einfach weiterkommen. Weißt du, ob Lína mit Männern geschlafen hat und sich dafür bezahlen ließ?«
    Die Frage rief keine Reaktion bei Ebeneser hervor. Anfangs hatte er sich schockiert gegeben, wenn ihm Fragen dieser Art gestellt wurden, jetzt schien es ihm vollkommen gleichgültig zu sein. Sigurður Óli überlegte, was für eine Beziehung sie wohl geführt hatten. Auf was sie beruht hatte.
    »Falls sie das getan haben sollte, hat sie mir nichts darüber erzählt. Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
    »Wäre es dir egal gewesen?«
    »Lína war eine sehr spezielle Frau«, entgegnete Ebeneser.
    »Welche Männer würden in Frage kommen, wenn so etwas gelaufen wäre? Jemand aus ihrer Firma?«
    Ebeneser zuckte die Achseln, er schien keine Ahnung zu haben. »Aber ich erinnere mich an etwas, das sie gesagt hat, es ging um diesen Mann, der verschwunden ist, der auch auf einer dieser Incentive-Touren von uns dabei war.«
    »Du meinst diesen Banker, der spurlos verschwunden ist?«
    Ebeneser nahm wieder eine Bierdose zur Hand, und als er sie schüttelte, gluckerte es. Er leerte sie und zerdrückte sie mit einem krachenden Geräusch.
    »Die hatten da irgendeinen Coup gelandet.«
    »Einen Coup?«
    »Es ging um irgendein dubioses Projekt, das diese Typen, die mit ihm unterwegs waren, ausgeklügelt hatten«, sagte Ebeneser. »Lína hat so etwas in der Art angedeutet.«
    »Wann?«
    »Noch vor einigen Tagen.«
    »Was genau hat sie gesagt?«
    »Nicht viel, nur, dass es unglaublich sei, was diese Leute vorhätten.«
    »Was?«
    »Das weiß ich nicht. Es ging um irgendwelche finanziellen Transaktionen. Lína hat es auch nicht genau verstanden, aber sie spürte, dass etwas im Gange war, das sie unglaublich fand.«
    »Inwiefern?«
    »Wie kaltschnäuzig die waren, irgendetwas in der Art. Unglaublich kaltschnäuzig.«

Siebenunddreißig
    Sigurður Óli öffnete den Umschlag mit den Fotos nicht. Im Grunde genommen wusste er gar nicht, was er damit machen sollte. Als er wieder in seinem Büro in der Hverfisgata angekommen war, schob er ihn in eine Schreibtischschublade. Es konnte gut sein, dass Ebeneser gelogen hatte, als er behauptete, sie nicht auf dem Rechner zu haben. Bei Ebbi wusste man nicht, wo man dran war. Sigurður Óli war der Meinung, dass diese Aufnahmen angesichts der neusten Entwicklungen in der Ermittlung keinerlei Bedeutung mehr für sie hatten. Ebbi war bemüht gewesen, die Angelegenheit herunterzuspielen. Die Erpressung war eher eine Art Spiel gewesen, das Lína angeleiert hatte. Falls es geklappt hätte, hätte sie es gut gefunden, falls nicht, dann wäre die Sache Ebbi zufolge einfach wieder unter den Tisch gefallen.
    Während er sich das ganze Gespräch noch einmal durch den Kopf gehen ließ, klingelte das Telefon auf seinem Schreibtisch.
    »Ja?«, meldete sich Sigurður Óli.
    »Ich … war nicht …«
    »Hallo?«
    Erst raschelte es am anderen Ende der Leitung, und dann hörte er ein dumpfes Geräusch.
    »Was ist?«, fragte Sigurður Óli. »Wer ist am Apparat?«
    Er erhielt keine Antwort.
    »Andrés?« Sigurður Óli hatte das Gefühl, die Stimme erkannt zu haben.
    »Ich sagte … war nicht …«, hörte er näseln, die Stimme war undeutlich und konturlos. »Ich hab dir noch nicht gesagt …«
    Der Satz wurde nicht vollendet. Sigurður Óli hörte nur noch keuchende Atemzüge.
    »Andrés, bist du das? Was hast du mir nicht gesagt?«
    »… weiß … weiß genau … der Unmensch …«
    »Was meinst du damit? Was willst du mir sagen?«
    »Bist du das, der vom Friedhof?«
    »Ja. Was willst du? Weshalb bist du abgehauen? Wo bist du? Kann ich dich

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