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Abgründe

Abgründe

Titel: Abgründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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auszuleuchten. Wir wollen wissen, womit sie sich befasste. Dazu gehört auch diese Gletschertour mit einer Gruppe von isländischen Bankern und ein paar Ausländern. Weißt du, womit dein Freund und diese anderen bei der Bank befasst waren?«
    »Ich hab das nie so richtig begriffen«, sagte Ragnar. »Ich weiß, dass Þorfinnur irgendetwas mit Geldmarktfonds und mit Rentenversicherungskapital zu tun hatte. Darauf sind wir aber nie näher eingegangen, weil mich Gespräche über Geld und alles, was damit zusammenhängt, anöden, deswegen haben wir das Thema möglichst vermieden.«
    »Ich gehe davon aus, dass er ein aufrechter Charakter war.«
    »Grundanständig, und zwar in allem, was er machte.«
    »Hat er jemals über irgendwelche Probleme in der Bank gesprochen?«
    »Nein.«
    »Oder über seine Arbeitskollegen beziehungsweise Freunde in der Bank, die mit ihm in Snæfellsnes waren?«
    »Nein. Freunde waren sie meines Wissens nicht. Þorfinnur hat sie kennengelernt, als er vor vier oder fünf Jahren in der Bank angefangen hat.«
    »Sie sind also keine langjährigen Freunde?«
    »Er hat sie nie so genannt, und ich glaube, er war keineswegs sonderlich darauf erpicht, mit ihnen nachSnæfellsnes zu fahren. Er hätte am liebsten einen Rückzieher gemacht.«
    »Trotzdem ist er mitgefahren.«
    »Ja, und nicht zurückgekehrt.«
    *
    Sverrir ließ Sigurður Óli eine Dreiviertelstunde vor seinem Büro warten, bevor er sich blicken ließ. Währenddessen eilten Bankangestellte auf dem Flur hin und her, ohne Sigurður Óli auch nur eines Blickes zu würdigen.
    Endlich öffnete Sverrir die Tür, steckte den Kopf heraus und starrte ihn an.
    »Du bist Sigurður?«, fragte er.
    »Sigurður Óli, ja.«
    »Und was willst du von mir?«
    »Ich möchte mit dir über Þorfinnur sprechen.«
    »Bist du von der Polizei?«
    »Ja.«
    »Wozu rollt ihr das denn jetzt wieder auf?«
    Da Sverrir keine Anstalten machte, ihn in sein Büro zu bitten, blieb Sigurður Óli auf seinem Stuhl sitzen. Der war mit einem kleinen Tisch verbunden, auf dem Zeitschriften lagen, die er sich nicht angesehen hatte.
    »Möchtest du, dass wir hier auf dem Flur miteinander reden?«, fragte Sigurður Óli.
    »Nein, selbstverständlich nicht, entschuldige. Bitte, komm herein.«
    Sverrirs helles, geräumiges Büro war mit einer modernen Ledergarnitur ausgestattet. Auf den beiden Flachbildschirmen an der Wand waren die Devisenkurse und diverse andere Tabellen zu sehen.
    »Hat es Spannungen zwischen dir und Þorfinnur gegeben? Haben sich deswegen eure Wege getrennt?«, fragte Sigurður Óli und setzte sich Sverrir gegenüber an den Schreibtisch.
    »Spannungen? Wieso fragst du nach so langer Zeit danach? Ist etwas Neues ans Licht gekommen? Spannungen? Woher hast du diese Information? Du bist derjenige, der mit Knútur geredet hat?«
    Die Fragen sprudelten nur so aus Sverrir heraus. Sigurður Óli überlegte, ob er auf alle eingehen sollte.
    »Knútur hat mir Fragen beantwortet, dich ich ihm in Bezug auf Sigurlína gestellt habe. Sie hat behauptet, ihr wärt dabei, einen unglaublich kaltschnäuzigen Plan durchzuziehen. Und deshalb befasse ich mich jetzt damit. Wie du schon richtig bemerkt hast, das ist das Neue an dem Fall. Was hattet ihr da eigentlich vor, und weshalb seid ihr kaltschnäuzig?«
    Sverrir sah Sigurður Óli lange an.
    »Ich habe keine Ahnung, worauf du hinaus willst«, sagte er. »Knútur ist zu mir hochgekommen und hat mir erzählt, dass du dich mit ihm über Þorfinnur unterhalten hast, und zwar mit allen möglichen Andeutungen und Anspielungen. Ich finde das geschmacklos.«
    »Hast du Sigurlína Þorgrímsdóttir gekannt?«
    »Ich konnte mich nur deswegen an sie erinnern, weil Knútur meine Erinnerungen an diese Gletschertour ein wenig aufgefrischt hat. Ich hatte keine Ahnung, dass es sich um die Frau handelte, die überfallen wurde.«
    »Was ist da zwischen dir und Þorfinnur vorgefallen? Weshalb bist du allein zum Auto zurückgekehrt? Habt ihr euch gestritten? Was ist passiert?«
    »Du hast doch wohl die Berichte gelesen. Denen habe ich nichts hinzuzufügen. Ich wollte ihn in Beruvík abholen, aber er ist nie dort angekommen.«
    »Soweit ich gehört habe, konnte er störrisch und unnachgiebig sein, so hat sich jedenfalls jemand über ihn geäußert.«
    »Das konnte er sein, oh ja. Er wollte noch ein Stück weiterlaufen, weiter, als ich in Anbetracht der vorgerückten Zeit und des Wetters für ratsam hielt. Ich wollte zurück zum Auto, aber er wollte

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