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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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Drahtgittermodell eines Schachbretts, das den felsigen Untergrund überlagert.
    Sie schwimmen zwei Meter über dem Gitter hin und her. »Ich bin mir nicht ganz sicher«, erklingt Branders raue Stimme, »aber ich glaube, es ist ein einziger Strahl, der immer wieder zurückgeworfen wird.«
    »Mike …«
    »Ich sehe es«, sagt er.
    Anfangs ist es nur eine unscharfe grüne Säule, die in der Ferne auftaucht. Je näher sie ihr kommen, desto klarer wird sie. Die Lichtstrahlen, die im Zickzack über den Meeresboden verlaufen, finden sich hier zu einem Kreis zusammen, steigen senkrecht in die Höhe und bilden die leuchtenden Gitterstäbe eines zylindrischen Käfigs. Im Innern des Käfigs ragt ein dicker metallener Stängel aus dem Meeresboden auf. An seiner Oberseite befindet sich eine große Scheibe wie ein Sonnenschirm aus Metall. Von seinem Rand gehen Speichen aus Laserlicht ab und ergießen sich endlos über den Meeresboden.
    »Es ist wie ein … Karussell«, sagt Clarke mit surrender Stimme und erinnert sich an ein altes Bild aus einer längst vergangenen Zeit. »Nur ohne Pferde …«
    »Kommen Sie nicht in die Nähe dieser Strahlen«, sagt Lubin. Er schwebt etwas abseits im Wasser und richtet die Echolotpistole auf das Gebilde. »Sie sind zu schwach, als dass Sie sich daran verletzen könnten, es sei denn Sie bekommen sie ins Auge. Aber wir wollen das Ding schließlich nicht bei der Arbeit stören.«
    »Und worin genau besteht die?«, fragt Brander.
    Lubin antwortet nicht.
    Was, zum Teufel … Doch Clarkes Verwirrung richtet sich nur teilweise auf den Mechanismus vor ihr. Der Rest ist mit dem seltsamen Gefühl eines fremden Bewussteins beschäftigt, das inzwischen sehr stark geworden ist. Es geht weder von ihr aus, noch von Brander, und wirkt dennoch irgendwie vertraut.
    Ken? Sind Sie das?
    »Das ist nicht das, was wir auf dem Echolot gesehen haben«, sagt Brander. Clarke spürt seine Verwirrung, auch wenn er sie mit Worten zu zerstreuen versucht. »Was immer wir gesehen haben, hat sich bewegt.«
    »Was wir gesehen haben, hat vermutlich dieses Ding hier zurückgelassen«, erwidert Lubin. »Inzwischen ist es längst über alle Berge.«
    »Aber was ist …« Branders Stimme bricht mit einem mechanischen Krächzen ab.
    Nein. Es ist nicht Lubin. Das weiß Clarke jetzt.
    »Es denkt«, sagt sie. »Es ist lebendig.«
    Inzwischen hat Lubin ein anderes Gerät hervorgeholt. Clarke kann die Anzeige nicht erkennen, doch sein verräterisches Klicken wird vom Wasser übertragen.
    »Es ist radioaktiv«, sagt Lubin.

    Alice Nakatas Stimme dringt zu ihnen in die endlose Dunkelheit zwischen Beebe und dem Land des Karussells.
    »… Judy …«, flüstert sie kaum hörbar. »… Echo… schicht …«
    »Alice?« Clarke hat ihren Stimmwandler so laut aufgedreht, dass es ihr beinahe in den Ohren wehtut. »Wir können Sie nicht hören. Wiederholen Sie!«
    »… immer noch … kein Zeichen …«
    Clarke kann die Worte kaum verstehen. Irgendwie spürt sie jedoch die Furcht, die in ihnen mitschwingt.
    Ein leichtes Beben lässt das Wasser erzittern, wühlt Schlammwolken auf und verschluckt Nakatas Signal. Lubin dreht die Geschwindigkeit an seinem Tintenfisch hoch und rast davon. Clarke und Brander folgen ihm. Irgendwo in der Dunkelheit vor ihnen rückt Beebe um Dezibelbruchteile näher.
    Den nächsten Worten, die sie hören, gelingt es, den Lärm zu übertönen: »Judy ist verschwunden!«
    »Verschwunden?«, wiederholt Brander. »Wohin?«
    »Sie ist einfach weg!« Die Stimme kommt leise zischend aus allen Richtungen gleichzeitig. »Ich habe mit ihr geredet. Sie hatte die Echostreuschicht hinter sich gelassen und … ich habe ihr von dem Signal erzählt, das wir entdeckt haben, und sie hat gesagt, sie hätte auch etwas gesehen, und dann war sie plötzlich weg …«
    »Haben Sie auf dem Echolot nachgesehen?«, will Lubin wissen.
    »Ja! Ja, natürlich habe ich auf dem Echolot nachgesehen!« Nakatas Worte sind immer klarer zu verstehen. »Als die Verbindung abgebrochen ist, habe ich die Anzeige überprüft, doch ich konnte nichts entdecken. Vielleicht war da irgendetwas, aber die Streuschicht ist heute sehr dicht, und ich konnte es nicht mit Sicherheit erkennen. Seither sind fünfzehn Minuten vergangen, und sie hat sich noch nicht wieder gemeldet …«
    »Auf der Echolotanzeige wäre sie sowieso nicht zu sehen gewesen«, sagt Brander leise. »Nicht durch die Echostreuschicht hindurch.«
    Lubin achtet nicht auf ihn. »Hören Sie, Alice. Hat sie

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