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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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Jahren Sozialdarwinismus und vier Milliarden Jahren klassischem Darwinismus davor, konnten sie sich heute nicht dazu durchringen, die notwendigen Schritte einzuleiten.
    »Anfangs hat es mit der lokalen Eindämmung ganz gut funktioniert«, sagte Rowan. »Doch dann begannen die Prognosen anzusteigen. Für Mexiko sah es schlecht aus. Die Mexikaner werden möglicherweise ihre gesamte Westküste verloren haben, ehe das Ganze vorbei ist. Und viel mehr ist ihnen sowieso nicht mehr geblieben. Sie verfügen nicht über die nötigen Ressourcen, um es selbst zu tun, aber sie wollten auch nicht, dass N’AmPaz den Abzug drückt. Angeblich würde uns das nach dem NAFTA einen unfairen Wettbewerbsvorteil verschaffen.«
    Scanlon musste unwillkürlich lächeln.
    »Dann weigerte sich Tanaka-Krueger, Japan zu vertrauen. Und die kolumbianische Hegemonie wiederum misstraute Tanaka-Krueger. Und die Chinesen trauen sowieso niemandem mehr über den Weg, seit Korea …«
    »Sippenselektion«, sagte Scanlon.
    »Wie bitte?«
    »Die Loyalität dem eigenen Stamm gegenüber. Sie ist genetisch bedingt.«
    »Ist nicht alles irgendwie genetisch bedingt?« Rowan seufzte. »Es gab auch noch andere Aspekte. Bedauerliche … Gewissenskonflikte. Die einzige Lösung bestand darin, eine vollkommen unvoreingenommene Partei zu finden. Jemand, der garantiert die richtige Entscheidung treffen würde, ohne irgendjemanden zu bevorzugen und ohne Gewissensbisse zu verspüren …«
    »Sie machen Scherze. Das kann, verdammt noch mal, nicht Ihr Ernst sein.«
    » … also hat man einem intelligenten Gel die Verantwortung übertragen. Selbst das war nicht ganz einfach. Man musste eines per Zufall aus dem Netz auswählen, damit niemand behaupten konnte, es sei in bestimmter Weise vorprogrammiert worden. Und jedes Mitglied des Konsortiums musste in gleicher Weise an seiner Ausbildung beteiligt sein. Dann stellte sich noch die Frage, wie man es dazu autorisieren konnte, selbsttätig die … notwendigen Schritte zu unternehmen …«
    »Sie haben einem intelligenten Gel die Entscheidungsgewalt übertragen? Einem Käsehirn ?«
    »Das war die einzige Möglichkeit.«
    »Rowan, diese Dinger sind vollkommen fremdartig!«
    Sie knurrte. »Ganz so fremdartig nun auch wieder nicht. Das Erste, was das Ding veranlasst hat, war, noch mehr Gele in der Riftzone zu installieren, die Simulationen erstellen sollten. Unter den gegebenen Umständen hielten wir Vetternwirtschaft für ein gutes Zeichen.«
    »Aber diese Dinger sind wie eine Black Box, Rowan. Sie stellen ihre eigenen Verknüpfungen her. Wir wissen nicht einmal, welcher Logik sie folgen.«
    »Man kann mit ihnen reden. Wenn Sie wissen wollen, wie sie funktionieren, können Sie sie einfach fragen.«
    »Himmel, Herrgott!« Scanlon begrub das Gesicht in den Händen und holte tief Luft. »Hören Sie. Nach allem, was wir wissen, verstehen diese Gele womöglich nicht einmal unsere Sprache.«
    »Man kann sich mit ihnen unterhalten.« Rowan runzelte die Stirn. »Und sie antworten einem.«
    »Das hat nichts zu bedeuten. Vielleicht haben sie auch einfach nur gelernt, dass sie bestimmte Geräusche zur Antwort geben sollen, wenn jemand andere Geräusche in einer gewissen Reihenfolge von sich gibt. Womöglich haben sie nicht einmal eine Vorstellung davon, was diese Geräusche eigentlich bedeuten. Sie erlernen Sprache allein nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum.«
    »Aber der Mensch erlernt sie doch auf dieselbe Weise«, wandte Rowan ein.
    »Belehren Sie mich nicht über mein eigenes Fachgebiet! Unsere Gehirne verfügen von Geburt an über Sprachzentren. Damit besitzen wir zumindest alle dieselben Ausgangsbedingungen. Die Gele haben so etwas nicht. Sprache ist für sie vielleicht nur ein erlernter Reflex.«
    »Nun«, sagte Rowan, »bisher hat das Gel seine Arbeit jedenfalls ganz gut gemacht. Wir haben keinen Grund zur Klage.«
    »Ich möchte gern mit ihm sprechen«, sagte Scanlon.
    »Mit dem Gel?«
    »Ja.«
    »Wozu?« Plötzlich wirkte sie argwöhnisch.
    »Aliens sind mein Fachgebiet.«
    Rowan erwiderte nichts.
    »Das sind Sie mir schuldig, Rowan. Das sind Sie mir, verdammt noch mal, schuldig. Zehn Jahre lang habe ich mir für die NB den Arsch aufgerissen. Ich bin in die Riftzone hinuntergefahren, weil Sie mich dorthin geschickt haben. Und das ist auch der Grund, weshalb ich jetzt hier festsitze und warum … Das ist das Wenigste, was Sie für mich tun können.«
    Rowan blickte zu Boden. »Es tut mir leid«, murmelte sie. »Es tut mir

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