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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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aufzusteigen, während Lenie ihm hinterherblickt.
    Etwas berührt sie von hinten. Durch die Taucherhaut kann sie es kaum spüren.
    Sie dreht sich um.
    Ein schlanker, durchsichtiger Fangarm wickelt sich sanft um ihr Handgelenk. Sein anderes Ende verschwindet in der Ferne, die für die meisten Menschen vollkommen schwarz gewesen wäre, in Lenie Clarkes Augen jedoch schiefergrau erscheint. Sie zieht an dem Fangarm. Seine geschwollene Spitze schießt klebrige Fäden auf ihre Finger ab.
    Sie schiebt ihn beiseite und folgt ihm durch das Wasser. Auf dem Weg begegnen ihr noch andere Fangarme, schwache, dünne Gebilde, die sich in der Strömung kaum regen. Sie führen zu etwas Länglichem, Dickem und Schattenhaftem hin. Lenie umrundet es einmal.
    Eine große Säule aus zuckenden, wurmähnlichen Mägen, von denen ein schwaches biolumineszentes Leuchten ausgeht.
    Angewidert schlägt sie mit der geballten Faust dagegen. Es reagiert augenblicklich und wirft zuckende Teile seiner selbst ab, die aufglimmen und leuchten wie dicke Glühwürmchen. Die Mittelsäule hingegen wird auf der Stelle dunkel und zieht sich zusammen. Pulsierend schießt sie in die Tiefe hinab, um sich im Schutz ihrer abgeworfenen Körperteile davonzuschleichen. Clarke achtet nicht weiter auf die geopferten Teile, sondern verfolgt den Hauptkörper. Sie schlägt noch einmal danach. Und ein weiteres Mal. Das Wasser füllt sich mit pulsierenden, abgetrennten Lockvögeln. Sie schenkt ihnen keinerlei Beachtung, sondern schlägt weiter auf den Hauptkörper ein. Sie hört nicht eher auf, als bis außer ein paar umherwirbelnder Fetzen nichts mehr übrig ist.
    Joel. Joel Kita. Ihr wird bewusst, dass sie ihn gemocht hat. Sie hat ihn zwar kaum gekannt, aber dennoch hat sie ihn gemocht.
    Und sie haben ihn einfach umgebracht.
    Sie haben uns alle umgebracht, denkt sie. Mit voller Absicht. Und sie haben uns nicht einmal den Grund dafür genannt.
    Das ist alles ihre Schuld. Alles .
    In Lenie Clarke flammt ein Funke auf. In diesem Moment erscheint vor ihrem inneren Auge jeder, der sie einmal geschlagen oder vergewaltigt oder ihr den Kopf getätschelt und gesagt hat: Keine Sorge, alles wird gut . Jeder, der jemals vorgegeben hat, ihr Freund zu sein oder ihr Geliebter. Jeder, der sie jemals benutzt hat und auf ihr herumgetrampelt ist und sich für etwas Besseres gehalten hat als sie. Alle, die von ihr gezehrt haben, wann immer sie auch nur das Licht angeschaltet haben.
    Sie alle sitzen auf dem Festland und warten. Sie fordern es förmlich heraus.
    Hier drinnen ist so viel Wut und so viel Hass.
    So viel, das man an jemandem auslassen könnte.
    Dieses Mal wird es anders laufen. Sie treibt mitten im Pazifik, dreihundert Kilometer vom Festland entfernt. Sie ist allein. Sie hat nichts zu essen. Doch das spielt keine Rolle. Nichts davon. Sie ist am Leben, und allein dadurch ist sie im Vorteil.
    Karl Actons größte Furcht ist wahr geworden. Lenie Clarke ist erwacht.
    Sie weiß nicht, warum die NB sich so sehr vor ihr fürchtet. Sie weiß nur, dass die Behörde vor nichts Halt gemacht hat, um sie daran zu hindern, zum Festland zurückzukehren. Wenn Lenie Glück hat, glauben sie, sie hätten ihr Ziel erreicht. Wenn sie Glück hat, machen sie sich keine weiteren Gedanken um sie.
    Das wird sich ändern. Lenie Clarke schwimmt nach Osten, weiter in die Tiefe hinab, ihrer Auferstehung entgegen.
    Lesen Sie weiter in:
    PETER WATTS: Mahlstrom

Danksagung
    Zwar habe ich alle Wörter dieses Romans selbst geschrieben, doch muss ich zugeben, dass ich im Laufe meiner Arbeit alle möglichen Leute schamlos ausgenutzt habe.

    Am Anfang:
    Abgrund begann als Kurzgeschichte. Barbara MacGregor und Nancy Butler, damals noch an der Universität von British Columbia, haben einige frühe Entwürfe des Manuskripts mit kritischem Blick gelesen, während Jena Snyder schließlich den fertigen Roman erbarmungslos auf Herz und Nieren geprüft hat.

    Am Ende:
    David Hartwell hat das Manuskript eingekauft und den Text in Zusammenarbeit mit Jim Minz lektoriert. Natürlich bin ich ihnen zutiefst dankbar, wenngleich ich hoffe, dass ihr Lohn über einfache Dankesworte hinausgeht. Ich hoffe, Abgrund wird sich gut verkaufen und uns allen eine Menge Geld einbringen. (Das Buch, das Sie gerade in der Hand halten, ist ein Anfang. Warum kaufen Sie nicht noch ein paar zusätzliche Exemplare und verteilen sie an sämtliche Zeugen Jehovas, die Ihnen an Straßenecken begegnen mögen?)

    Und dazwischen:
    Glenn Grant hat sich bei David

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