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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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Krankheit? Sie…«
    »Es ist vollkommen ungefährlich, Gerry.« Scanlon lächelte geduldig und befreite sich aus Fischers Griff. »Ohne diesen Virus könnten Sie da unten nicht lange überleben; die menschlichen Enzyme sind unter hohem Druck nicht besonders leistungsfähig. Also haben wir ein zahmes Virus mit ein paar zusätzlichen Genen beladen und es in Ihr System eingeschleust. Es hat Sie von innen heraus umgeschrieben. Ich würde sagen, das Fieber ist ein Anzeichen dafür, dass es fast fertig ist. In etwa einem Tag werden Sie sich besser fühlen.«
    »Umgeschrieben?«
    »Die Hälfte Ihrer Enzyme gibt es jetzt in zwei Ausführungen. Sie besitzen nun die Gene von einem dieser Tiefseefische. Ich glaube, er wird Rattenschwanz genannt.« Scanlon klopfte Fischer auf die Schulter. »Also, wie ist es so, zur Hälfte Fisch zu sein, Gerry?«
    »Coryphaenoides armatus«, sagte Fischer bedächtig.
    Scanlon runzelte die Stirn. »Was haben Sie gesagt?«
    »Rattenschwanz.« Fischer dachte angestrengt nach. »Sie haben mich mit Dehydrogenasen ausgestattet, nicht wahr?«
    Scanlon betrachtete die Maschine neben dem Bett. »Ich … ähm … bin mir nicht sicher.«
    »Das ist es. Dehydrogenasen. Aber Sie haben sie ein wenig verändert, um die Aktivierungsenergie zu reduzieren.« Er tippte sich gegen die Stirn. »Ist alles hier drin. Ich habe bloß noch nicht das entsprechende Tutorium durchlaufen.«
    »Wunderbar«, sagte Scanlon, doch es klang wenig überzeugend.

    Schließlich steckten sie ihn in einen Tank, der die Form eines Schachts hatte. Er war fünf Stockwerke hoch, und sein Dach konnte sich wie eine riesige Hand herabsenken und alles zerquetschen, was sich in seinem Innern befand. Sie versiegelten die Einstiegsluke und fluteten den Tank mit Meerwasser.
    Scanlon hatte ihn vor der Umwandlung gewarnt. »Ihre Luftröhre und die Hohlräume in Ihrem Kopf füllen sich mit Wasser, aber Ihre Lunge und die Eingeweide sind nicht starr, deshalb werden sie zusammengedrückt. Wir immunisieren Sie gegen den Druck, verstehen Sie? Es soll sich ein wenig anfühlen, als würde man ertrinken, aber man gewöhnt sich daran.«
    Eigentlich war es gar nicht so schlimm. Fischers Eingeweide verknoteten sich, und seine Nebenhöhlen brannten fürchterlich, aber einer weiteren Begegnung mit Kevin würde er das jederzeit vorziehen.
    Er schwebte in dem Tank, während Meerwasser durch die Schläuche in seiner Brust strömte, und dachte darüber nach, wie seltsam es sich anfühlte, nicht zu atmen.
    »An Ihrer Auslassöffnung ist eine leichte Turbulenz aufgetreten.« Scanlons Stimme kam aus allen Richtungen, als redeten die Wände selbst.
    Ein feiner Strom aus Luftblasen tröpfelte aus Fischers Brust. Seine Augenkappen ließen alles wunderbar klar erscheinen, wie eine Halluzination. »Nur ein wenig …«
    Das war nicht seine Stimme. Zwar waren es seine Worte, doch sie wurden von etwas anderem ausgesprochen, einer billigen Maschine, die keine Ahnung von Satzmelodie hatte. Seine Hand glitt automatisch zu der Scheibe, die in seine Kehle eingelassen war.
    »… Wasserstoff«, versuchte er es noch einmal. »Kein Problem. Es wird sicher aufhören, wenn ich erst einmal tief genug bin.«
    »Ja, trotzdem.« Weitere Worte waren undeutlich zu hören, während Scanlon sich mit jemand anderem unterhielt. Fischer spürte, wie in seiner Brust etwas sanft vibrierte. Die Blasen wurden größer, dann kleiner und verschwanden schließlich ganz.
    Wieder ertönte Scanlons Stimme: »Besser?«
    »Ja.« Allerdings war sich Fischer nicht sicher, was er von dem Ganzen halten sollte. Es gefiel ihm nicht sonderlich, eine Brust voller Maschinen zu haben oder zu atmen, indem er Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltete. Doch die Vorstellung, dass irgendein Techniker, dem er noch nicht einmal begegnet war, per Fernsteuerung seine Eingeweide bediente und sich ohne zu fragen seines Körpers bemächtigte, um an seinem Innenleben herumzubasteln, gefiel ihm noch viel weniger. Er fühlte sich, als sei er …
    Vergewaltigt worden, nicht wahr?
    Manchmal konnte Schatten richtig gemein sein. Schließlich war sie diejenige, die ihn ursprünglich zu der ganzen Sache überredet hatte.
    »Wir schalten jetzt das Licht aus, Gerry.«
    Dunkelheit. Das Wasser war vom Summen einer gewaltigen Maschinerie erfüllt.
    Kurz darauf bemerkte er einen eisblauen Fleck, der irgendwo über ihm funkelte und von dem ungewöhnlich viel Licht auszugehen schien. Vor seinen Augen wurde erneut das Innere des Tanks

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