Abiona - Das Bündnis (German Edition)
nicht sein!«
In diesem Moment gab der Berg ein Grollen von sich und die Höhle war plötzlich von einem fahlen roten Licht erleuchtet. Robin presste die Kiefer aufeinander und rannte los. Doch Tenkara war schneller. Eh Robin sich versah, zischte sie wie ein Blitz an ihm vorbei. Sie erreichte die Biegung noch weit vor ihm und schaute sich suchend um. Doch da war nichts – rein gar nichts! Robin blieb einige Schritte vor ihr stehen und suchte seinerseits den Höhlenboden ab. Er spürte, wie die Panik ihm den Hals zuschnürte.
Ein zweites Grollen erklang und nun lösten sich einige Stalaktiten von der Decke und fielen krachend zu Boden. Dann begann der Höhlenboden zu beben. Gleichzeitig erklang ein gellendes Lachen, gefolgt von einem langgezogenen Schrei, dem Freudenschrei einer Wahnsinnigen. Wieder bebte der Boden. Robin hielt sich mühsam an der Höhlenwand fest. Tenkara stand immer noch wie angewurzelt da und schaute in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war.
»Es ist zu spät!«, schrie Robin sie an. »Wir müssen uns selbst in Sicherheit bringen!«
Tenkara warf ihm einen gequälten Blick zu. Ein großer Felsbrocken löste sich von der Decke und krachte neben ihnen zu Boden. Robin warf sich gegen die Höhlenwand. »Tenkara wir brauchen dich. Alleine schaffen wir es nie hier raus!«
Es war ihm bewusst, was er da von ihr verlangte. Sie sollte die wertvollen Lichtkerne einfach der irren Kralle überlassen und stattdessen drei Menschen das Leben retten. Konnte er das von ihr erwarten? Doch was hatte Thuri da über Ionason gesagt. Er war jetzt ein Mensch und brauchte Hilfe? Ihre Hilfe!
»Denk an Ionason! Er braucht uns!«, schrie er erneut über den grollenden Zorn Vanderwals hinweg. »Jack braucht dich!«
Das Donnern des bebenden Bodens verschluckte alle weiteren Worte. Robin stieß einen dumpfen Schrei aus und versuchte irgendwo Halt zu finden. Doch direkt unter ihm tat sich jetzt eine tiefe Erdspalte auf und seine Hände griffen ins Leere. Er rutschte ab.
Er fiel und fiel. Immer weiter – immer tiefer. Brodelnde Schwärze umfing ihn und rote Hitze von feuriger Wut. So würde es also enden. Für immer enden. Der Berg würde ihn fressen und nie wieder freigeben. Das also war Vanderwals Rache.
Ein schwerer Verlust
Abiona wusste sofort, dass er zurückgekehrt war. Zurückgekehrt in seine Welt. Zwar war da Feuer – er nahm ein rotes Glühen durch seine geschlossenen Augenlider wahr, hörte das Knistern der Flammen und roch das aschige Aroma verbrannter Äste und Rauchwerk – aber der erdige Boden unter ihm war so unendlich feucht und kalt und roch so würzigfrisch, dass ihm ein angenehmer Schauer über den Rücken kroch.
Der Wind strich ihm zart über das Gesicht und trug vertraute Geräusche herbei: das ferne Plätschern eines Baches, das Rauschen der nahen Bäume und der langgezogene Schrei eines Waldkauzes. Er war wieder zurück, zurück in seiner Welt!
Dennoch wollte er die Augen nicht öffnen. Denn neben den angenehmen Empfindungen, die der Geruch und das Gefühl des Erdbodens in ihm weckten, drangen grausame Erkenntnisse in sein Bewusstsein. Er war nur hier, weil er ihm geholfen hatte! ER!!! Sag Tenkara, ich habe ihr gern gedient!
Abiona schluchzte auf und grub die Hände in den weichen Boden. »Estevan!«
Er hörte seine verzweifelte Stimme und es kam ihm vor, als wäre es die Stimme eines Wahnsinnigen. Was hatte er da nur getan?
»Estevaan … ESTEVAN!!!«
Schuldgefühle trafen ihn mit voller Wucht. Was nützte es, dass er wieder hier war, hier in seiner Welt? Er hatte den getötet, der ihn beschützt hatte. Er schluchzte erneut auf und wünschte sich aufzuwachen. Aufzuwachen in seinem Alkoven auf Marag Thur, wo er ein Führer der Abs war, zu denen auch Estevan gehörte.
Nur am Rande seines Bewusstseins nahm er Stimmen wahr. Menschliche Stimmen, die sich gegenseitig etwas zuriefen; einige davon meinte er zu kennen. Doch er wollte nichts von ihnen wissen. Er wollte liegen bleiben. Liegen bleiben auf dieser weichen Erde, die alles war, was er im Moment fassen konnte und die er mit seinen Tränen tränken würde, bis er in ihr versank.
»Es ist ein Mensch!«
»Da wäre ich nicht so sicher!«
»Vorsicht, vielleicht ein Dämon!«
»Geht nicht zu nah ran, es könnte eine Falle sein.«
Er kannte die Stimmen. Lichtarbeiter. Er musste im Tempelbezirk gelandet sein. Er blieb liegen, das Gesicht fest auf die Erde gepresst.
Sollten sie doch denken, er wäre ein Dämon und ihn dann in Ruhe
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