Abiona - Das Bündnis (German Edition)
stellen, die das Ritual eröffnen würde, das ihm plötzlich überflüssig und unbedeutend erschien.
»Was verlangst du von mir, Tenkara?«
Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn traurig an. Dann ging ein Zittern durch ihren Körper und ihre Gestalt entglitt ihm und war bald nur noch eine Erinnerung, die sich dem Strom der Vergessenheit ergab.
Das Knacken des Feuers klang überlaut in Jacks Bewusstsein. Er öffnete die Augen und starrte in die Flammen. Was hatte er falsch gemacht? Der schwarze Stein lag immer noch ruhig und unberührt auf der Decke. Doch sie war da gewesen. Er konnte sich das nicht eingebildet haben: Die Gerüche, die Farben, ihr wunderschöner Körper und ihre leuchtende Aura. Und doch war sie so plötzlich verschwunden.
Jack stand auf und reckte und streckte sich seufzend. Eine Pause würde ihn gut tun. Seine Gedanken waren aufgewühlt und seine Gefühle außerhalb seiner Kontrolle. So begann er die Suppe zu kochen und hing dabei seinen Träumen nach. Es waren immer die gleichen Hirngespinste: Tenkara, wie sie sich an ihn schmiegte und in ihm ein Verlangen auslöste, das alle redlichen Gedanken überlagerte. Tenkara, die seine Hand zärtlich umfasste und ihn mit sich nahm in eine lauschige Waldlichtung, die nur ihnen gehörte. Tenkara, wie sie vor ihm stand mit sinnlichen Lippen, die sich leicht lächelnd öffneten.
Die Deutung dieser Träume war so einfach wie klar. Er begehrte sie. Und solange er sie so sehr wollte, konnte er sich auf nichts anderes konzentrieren, als mit ihr verbunden zu sein. Dieses Gefühl in ihm war so stark, dass er meinte, ihre Hände auf seinen Schultern und ihre Wange neben der seinen zu fühlen.
Er schüttelte frustriert den Kopf. Wenn er sich nicht in den Griff bekam, würde er zu Kaisho zurückkehren müssen, um durch die Anwesenheit der anderen Lichtarbeiter einen Dämpfer verpasst zu bekommen. Wie nur sollte er Tenkara danach fragen, was sie von ihm verlangte, wenn es ihm vor allem nach ihr verlangte? Wie sollte er ihr geben, was sie brauchte, wenn er sie so sehr brauchte?
Die Suppe verströmte ihr würziges Aroma und lenkte seine Gedanken kurz von Tenkara ab. Er dachte an Solfajama und Monatom. Was hätten sie ihm geraten?
Er kostete die Suppe und fand sie köstlich. Ja, er wusste, was die beiden ihm gesagt hätten: »Führe dir vor Augen, wer sie in Wirklichkeit ist. Nicht Tenkara und schon gar nicht Ten Karan. Sie ist Isibil, die Schöpferin der Bäche und Flüsse, die gestrandet ist, in der Welt der Menschen.« Ja, so würde es gehen...
Jack schöpfte sich eine Schale mit Suppe und versuchte sich Tenkara als Isibil vorzustellen, mit großer Macht ausgestattet und fähig, das lebendige Wasser zu führen und in Flüsse und Bäche zu geleiten. Er löffelte die Suppe aus und ging gedankenverloren mit seinem Geschirr zum Bachbett. Dort wusch er die Schale aus und betrachtete das gurgelnde Nass, das in der Nachmittagsonne glitzerte. Und wieder schweiften seine Gedanken ab.
Wasser…
Sie badeten in einem klaren See, der von dem Licht der untergehenden Sonne beschienen wurde. Jack selbst stand im seichten Gewässer. Tenkara schwamm ihm entgegen und lachte, auf ihrem Gesicht spiegelnde Tropfen der Freude. Er trat einen Schritt zurück, doch sie näherte sich ihm weiter. Wieder ging er einen Schritt zurück. Jetzt hielt auch sie inne und suchte den Boden unter ihren Füßen, doch da war nichts. Sie tauchte ab und er griff nach ihr und zog sie an sich. Sie schnappte nach Luft und umkrallte ihn fest. Er spürte ihren nackten Körper an dem Seinen.
»Tenkara, ich muss dich was fragen«, hob er stockend an. Ihre Lippen berührten sanft sein Ohr und ihr Mund öffnete sich, doch nur um seinen Nacken vorsichtig zu ertasten. Die Sinnlichkeit und Echtheit ihrer Berührung raubten Jack fast den Verstand. Er presste sie an sich und seine Lippen suchten ihren forschen Mund, ihre weichen Lippen, ihre zärtliche Zunge...
STOPP!
Kaishos Stimme war nun beinahe hörbar. Jack taumelte zurück und stieß Tenkara von sich. Und obwohl er sie noch an den Händen festhielt, war keine Zärtlichkeit mehr in seiner Berührung. Er atmete schnell und keuchend. »Tenkara, ich will dich retten, doch dazu muss ich dich fragen, was du von mir verlangst! Bitte sage es mir, sonst kannst du nicht Teil dieser Welt werden!«
In ihren Augen schimmerten plötzlich Teiche voller Tränen. Sie schüttelte den Kopf und ihr Körper verblasste...
»Tenkara, nein bitte bleib, BLEIB!«
Er hatte die
Weitere Kostenlose Bücher