About a Boy
glatten Wangen und strahlend weißen Zähnen. Und das Haar … Will war stolz darauf, dass sich bei ihm auch nicht die kleinste kahle Stelle zeigte, aber er hatte dennoch weniger davon auf dem Kopf als Marcus, beinahe so, als hätte es sich im Lauf des Lebens stellenweise verschlissen. »Welche würden dir gefallen?« »Ich weiß nicht.« »Dann müssen es wohl Adidas sein.« »Warum?« »Weil die alle tragen.«
Die Schuhe waren nach Herstellerfirmen sortiert, und die Adidas-Abteilung zog deutlich mehr Käufer an als die anderen im Laden.
»Schafe«, sagte Marcus, als sie darauf zugingen. »Määääähh.« »Wo hast du das denn her?«
»Das sagt meine Mum immer, wenn sie findet, dass Leute keinen eigenen Kopf haben.«
Will fiel plötzlich wieder ein, dass ein Junge an seiner alten Schule eine Mutter wie Fiona gehabt hatte - sie war nicht ganz genau wie sie gewesen, denn Will hatte den Eindruck, dass Fiona mit ihren LPs aus den Siebzigern, den politischen Ansichten aus den Achtzigern und der Fußlotion aus den Neunzigern ein eigentümlich zeitgenössisches Gewächs war, aber sie war definitiv eine Sechziger-Jahre-Ausgabe von Fiona. Für Stephen Fullicks Mutter war das Fernsehen etwas gewesen, das Leute zu Robotern machte, darum hatten sie zu Hause kein Gerät. »Hast du Thunderb … «, fing Will jeden Montagmorgen an, ehe er sich besann und rot wurde, als sei der Fernseher ein kürzlich verstorbener Elternteil. Und welchen Vorteil hatte es Stephen Fullick gebracht? Er war, soweit Will wusste, weder ein visionärer Dichter noch ein wilder Maler geworden; wahrscheinlich fristete er sein Leben in irgendeinem Anwaltsbüro in der Provinz, genau wie alle anderen von der Schule. Er hatte ohne jeden erkennbaren Nutzenjahrelang leiden müssen. »Der ganze Zweck dieser Expedition, Marcus, besteht darin, dir beizubringen, ein Schaf zu werden.« »Ach nee?«
»Natürlich. Du willst nicht, dass man dich bemerkt. Du willst nicht anders aussehen. Määäähh!«
Will suchte ein Paar Basketballboots von Adidas aus, die cool,
aber relativ unspektakulär aussahen.
»Was hältst du von denen?«
»Sie kosten sechzig Pfund.«
»Mach dir keine Gedanken über den Preis. Wie gefallen sie
dir?«
»Gut, ja.«
Will winkte einen Verkäufer heran und bat ihn, die richtige Größe zu bringen, und Marcus stapfte eine Weile auf und ab. Er betrachtete sich im Spiegel und versuchte, sich ein Lächeln zu verkneifen. »Du findest dich cool, oder?«, sagte Will.
»Ja. Nur … nur dass jetzt der Rest von mir überhaupt nicht mehr dazu passt.«
»Dann polieren wir den Rest von dir das nächste Mal auf.«
Anschließend machte sich Marcus mit seinen Turnschuhen, die er in die Schultasche gestopft hatte, direkt auf den Heimweg; Will ging zu Fuß heim und strahlte über seine eigene Großzügigkeit. Das meinten die Leute also mit Hochgefühl! Er konnte sich nicht erinnern, je so gut drauf gewesen zu sein, so mit sich selbst im Einklang, so überzeugt von seinem eigenen Wert. Und das hatte ihn - unglaublich - nur ganze sechzig Pfund gekostet! Wie viel hätte er für ein vergleichbares chemisch erzeugtes Hochgefühl bezahlen müssen? (Wahrscheinlich um die fünfundzwanzig Pfund, wenn er genau überlegte, aber chemisch erzeugte Hochgefühle waren unbestreitbar minderwertig.) Er hatte einen unglücklichen Jungen vorübergehend glücklich gemacht, und das, ohne sich einen Vorteil davon zu versprechen. Er wollte noch nicht einmal mit der Mutter des Jungen schlafen.
Am folgenden Tag tauchte Marcus tränenüberströmt bei Will auf, mit pitschnassen schwarzen Socken, wo seine Adidasboots hätten sein sollen; sie hatten sie ihm natürlich gestohlen.
17
Hätte sie ihn gefragt, hätte Marcus seiner Mutter gesagt, woher die Turnschuhe kamen, aber sie fragte nicht, weil sie sie gar nicht bemerkte. Okay, seine Mutter war nicht der scharfsichtigste Mensch der Welt, aber die Turnschuhe erschienen ihm so groß und weiß und eigenartig und alle Aufmerksamkeit auf sich ziehend, dass Marcus das Gefühl hatte, er träge gar keine Schuhe, sondern etwas Lebendes - vielleicht ein Paar Kaninchen.
Aber sie merkte, dass sie weg waren. Typisch. Die Kaninchen, etwas, das man nie an Füßen sieht, hatte sie nicht bemerkt, aber die Socken, die genau da waren, wo sie hingehörten, fielen ihr auf.
»Wo sind deine Schuhe?«, kreischte sie, als er nach Hause kam. (Will hatte ihn gefahren, aber es war November, und es war nass, und auf dem kurzen Weg über den Bürgersteig und
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