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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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es
ist
eine, hab ich recht?«, konterte er.
    Ich schnitt eine Grimasse. Positives Denken war etwas, das ich ohnehin nur schwer ertrug, aber am frühen Morgen und verkatert? Fast ein Ding der Unmöglichkeit. »Ich wollte dir das hier wiedergeben.« Ich hielt das Sweatshirt hoch. »Wahrscheinlich hast du es schon vermisst.«
    »Danke.« Er nahm es, legte es auf einen Stuhl, der hinter ihm stand. »Ist mein Lieblings-Sweatshirt.«
    »So sieht es auch aus«, antwortete ich. »Schön abgetragen und so.«
    »Absolut.« Er wandte sich wieder seinen Tüten zu. »Aber außerdem ist es ein Symbol für meine persönliche Lebensphilosophie.«
    Ich warf einen leicht ungläubigen Blick auf das Sweatshirt. »›Du schwimmst‹ ist eine philosophische Aussage?«
    Er zuckte die Schultern. »Immer noch besser als ›du sinkst‹, oder etwa nicht?«
    Dagegen ließ sich schlecht argumentieren. »Wahrscheinlich.«
    »Außerdem ist es das einzige Bindeglied zwischen mir und der Uni, das jetzt noch existiert. Wenn ich es trage, kann ich mir fast einreden, ich würde tatsächlich anfangen, dort zu studieren.«
    »Ich dachte, du hättest ein Stipendium.« Mir fiel der Typ wieder ein, der Nate eines Morgens vor der Schule auf dem Parkplatz angequatscht hatte.
    »Hatte ich auch.« Er begann aufs Neue, Sachen in die Tüten plumpsen zu lassen. »Das war, bevor ich aus dem Schwimmteam ausgeschieden bin. Jetzt hängt meine Zulassung rein von meinen Noten ab, die ehrlich gesagt längst nicht so berauschend sind wie meine Schwimmkünste.« Er machte sich über die nächste Tütenreihe her, befüllte sie.
    Ich überlegte einen Moment, fragte dann: »Warum hast du aufgehört?«
    »Keine Ahnung.« Er zuckte die Schultern. »Als ich noch in Arizona gewohnt habe, war ich echt voll drauf, was das Schwimmen angeht, aber hier . . . Es hat einfach nicht mehr so viel Spaß gemacht. Außerdem braucht mein Vater Hilfe bei der Arbeit.«
    »Trotzdem. Es komplett dranzugeben, kommt mir wie eine ziemlich schwerwiegende Entscheidung vor«, meinte ich.
    »Eigentlich nicht«, antwortete er. »Und, war’s schlimm, als du gestern Abend nach Hause kamst?«
    »Ja«, erwiderte ich, obwohl der abrupte Themenwechsel mich leicht irritierte. »Jamie war so was von stinkig.«
    »Jamie?«
    »Ich weiß. Es war heftig.« Ich schluckte, atmete tief durch. »Jedenfalls wollte ich sagen . . . Danke für alles, was du für mich getan hast. Ich weiß es echt zu schätzen, auch wenn das in dem Moment sicher nicht so rüberkam.«
    Er stimmte mir natürlich sofort zu: »Ja, besonders dankbar kamst du mir nicht vor.«
Klank, klank, klank
.
    »Ich war ätzend. Und es tut mir leid«, antwortete ich hastig   – vermutlich zu hastig. Prompt spürte ich, sogar ohne hinzusehen, wie er wieder aufblickte und mich betrachtete.
Ist das peinlich
, dachte ich und richtete meine gesammelte Aufmerksamkeit auf die Tüte direkt vor mir. »Was stopfst du überhaupt die ganze Zeit da rein?«
    »Mini-Schoko-Häuser.«
    »Bitte was?«
    »Bitte das.« Er warf mir eins zu. »Kannst es dir gern genauer anschauen. Und behalten, sofern du möchtest.«
    In der Tat   – ich hielt ein Minihaus in der Hand. Es gabsogar Fenster und eine Tür. »Schräges Teil, findest du nicht?«, fragte ich.
    »Nein. Die Kundin ist Maklerin. Ich glaube, sie lässt die Dinger verteilen, wenn sie ein neues Objekt präsentiert und potenzielle Kunden nach Lust und Laune besichtigen dürfen.«
    Ich steckte mir das Haus in die Tasche. Er ließ den ersten Karton, der inzwischen fast leer war, fallen, bückte sich, holte einen weiteren unter dem Tisch hervor. Darin lagen jede Menge Broschüren, auf deren Titel eine Frau in die Kamera lächelte. Und damit war die Seite auch schon fast voll, bis auf den Schriftzug:
»QUEEN HOMES«
stand da, und »WIR BAUEN IHR NEUES SCHLOSS«. Nate fing an, jede Tüte mit einer Broschüre zu bestücken; wieder arbeitete er sich methodisch vor, eine nach der anderen. Nachdem ich ihm einen Augenblick lang schweigend zugeschaut hatte, streckte ich die Hand aus, griff mir einen Stapel Broschüren und fing mit der Tütenreihe an, die mir am nächsten war.
    Einen Moment lang herrschte Schweigen. Doch schließlich meinte Nate: »Ich wollte dich mit meinem plötzlichen Erscheinen gestern nicht in Verlegenheit bringen. Ich dachte bloß, du bräuchtest vielleicht Hilfe.«
    »Allerdings«, erwiderte ich, war aber froh, dass ich mich geflissentlich auf das Befüllen der Tüten konzentrieren konnte. Es war irgendwie

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