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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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ungefähr einer halben Seite hörte ich hinter mir ein Geräusch.
    Mittlerweile waren mir die diversen Geräusche, die Gervais so von sich geben konnte, ja vertraut. Doch das jetzt kannte ich noch nicht: eine Art heftiges, plötzliches Einatmen, ein saugendes Zischen oder zischendes Saugen oder wie auch immer man es nennen wollte. Beim ersten Mal achtete ich nicht darauf, das zweite entging mir auch noch mehr oder weniger. Doch beim dritten Mal begann ich mich allmählich zu fragen, ob er womöglich einen Anfall hatte oder so etwas. Deshalb drehte ich mich zu ihm um.
    »Was tust du da?«, fragte ich.
    »Nichts.« Er ging sofort in Verteidigungsstellung. Gab indes gleich noch einmal diesen eigenartigen Laut von sich. »Der Punkt ist   –«
    Er unterbrach sich, weil Nate die Fahrertür öffnete und sich ans Steuer setzte. »Warum erwische ich immer dann die langsamste Zapfsäule, wenn ich es besonders eilig habe?«, fragte er mich.
    Ich warf einen Blick über die Schulter zu Gervais, der den Kopf tief über sein Buch gebeugt hielt. »Wahrscheinlich aus demselben Grund, aus dem alle Ampeln rot sind, wenn du zu spät dran bist.«
    »Und ich meine Schlüssel verlegt habe.« Er ließ den Motor an.
    »Vielleicht hat sich das Universum ja insgesamt gegen dich verschworen.«
    Er stimmte mir zu: »In letzter Zeit habe ich eine ziemliche Pechsträhne.«
    »Echt?«
    Er warf mir einen Blick zu. »Na ja, vielleicht nicht nur.«
    Als er das sagte, sah ich uns plötzlich wieder vor mir, an Thanksgiving, in seiner Küche. Wie sein Arm meinen gestreift hatte, als er mir den Schlüssel aus der Hand nahm. Nate konzentrierte sich wieder auf den Verkehr. Und ich fühlte mich plötzlich beklommen   – genauso, wie ich es von Anfang an erwartet hatte. Apropos Pechsträhne: Vielleicht würde es doch nicht so einfach werden.
    ***
    Für mich bedeutete der Dezember Arbeit, nichts als Arbeit. Ich jobbte bei Harriet, büffelte Mathe, stellte meine Bewerbungsunterlagen für die Uni zusammen. Und sofernich nichts von alledem tat, zockelte ich hinter Nate her, begleitete ihn bei seinen diversen Jobs.
    Wenn ich den Mittelweg erhalten wollte, den die Beziehung zwischen Nate und mir eingeschlagen hatte, musste ich Distanz wahren. So viel stand fest. Andererseits ist es gar nicht so einfach aufzuhören, sobald etwas erst einmal begonnen hat. Jedenfalls war das die Erfahrung, die ich nun machte. Gerade hatte ich noch wie ein Luchs aufgepasst, mich zu schützen, abzugrenzen, die Dinge nicht zu kompliziert werden zu lassen. Und im nächsten Moment? Kaufte ich Makronen.
    Nate korrigierte mich: »Belgische Makronen.« Er nahm zwei Packungen vom Regal. »Das ist entscheidend.«
    »Warum?«
    »Makronen kann man überall kaufen«, antwortete er. »Aber diese hier gibt es bloß bei
Spice and Thyme
; das heißt, sie sind Feinschmeckermakronen, sehr teuer und taugen deshalb als Firmenweihnachtsgeschenk.«
    Ich betrachtete die Packung in meiner Hand. »Zwölf Dollar sind eine Menge Geld für zehn Makronen«, sagte ich. Nate blickte mich mahnend an. »Okay, okay,
belgische
Makronen.«
    »Nicht für
Spice and Thyme
«, antwortete er und legte noch mehr Schachteln in den Einkaufswagen, der zwischen uns stand. »Im Gegenteil, das ist spottbillig, wenn man bedenkt, was sie sonst vor den Feiertagen draufschlagen. Warte, bis wir bei den Pyramiden aus Nüssen und Käsestangen sind. Die hauen einen
wirklich
um.«
    Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. »Kann sein, dass ich es nicht mehr bis dahin schaffe. Ich habe bloß eine halbe Stunde Pause und darf nicht eine Minute zu spät kommen, sonst fängt Harriet an zu hyperventilieren.«
    »Vielleicht solltest du ein paar belgische Makronen für sie kaufen.« Er legte noch eine Schachtel in den Einkaufswagen. Die letzte, wie sich herausstellte. »Perfektes Heilmittel für zwölf Dollar.«
    »Ich fürchte, die Lösung ist weder so einfach noch so preisgünstig.«
    Nate umfasste mit beiden Händen den Griff des Einkaufswagens und schob ihn an der Schokolade vorbei in die Gummibärchenabteilung.
Spice and Thyme
war einer von diesen riesigen Delikatesspalästen, die aber so eingerichtet sind, dass man sich vorkommt wie in einem gemütlichen kleinen Tante-Emma-Laden: schmale Gänge, schummriges Licht, überall Waren, wohin das Auge auch reicht. Ich persönlich bekam in dieser Umgebung klaustrophobische Anfälle, vor allem in der Vorweihnachtszeit, wenn es doppelt so voll war wie sonst.
    Nate hingegen wirkte ganz gelassen.

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