About Ruby
schwang zur Seite und lud ihn auf dem kleinen Berg ab, der dort bereits entstanden war. Dann schwang der Arm des Baggers wieder zurück, um weitere Erde herauszuschaufeln. Das Getriebe ächzte und knarrte; trotzdem konnte ich zumindest den Schluss von Coras Satz verstehen: ». . . und das am Samstagmorgen, wenn manche Menschen möglicherweise ausschlafen möchten.«
»Aber es geht um den Teich, Schatz«, erwiderte Jamie mit größter Selbstverständlichkeit und als hätte er jedes Wort verstanden. »Wir haben doch ausführlich darüber gesprochen, weißt du nicht mehr?«
Cora sah ihn bloß stumm an. Fuhr sich mit der Hand durch das vom Schlaf verstrubbelte Haar. Und kehrte ohne weiteren Kommentar ins Haus zurück. Jamie blickte ihr mit einem komisch-kläglich verwirrten Gesichtsausdruck nach. Als er mich bemerkte, rief er: »Hey!« Der Bagger baggerte schon wieder, das Knirschen der Schaufel, als sie in die Erde drang, lauter denn je. »Nicht schlecht, oder? Mit ein bisschen Glück ist das Loch bis heute Abend ausgelegt und befestigt.«
Ich nickte. Der Bagger lud eine weitere Schaufel Erde auf dem Haufen ab. Jamie hatte recht, man konnte mittlerweile wirklich ganz gut nachvollziehen, wie es hinterher aussehen würde; kein Wunder, schließlich besteht zwischen einem theoretischen Teich und einem Riesenloch in der Erde nur noch ein winziger Unterschied. Trotzdem war mir nicht ganz klar, was Jamie vorschwebte – ein in sich geschlossenes Ökosystem, ein echtes, lebendes Gewässer mit Fischen und allem Drum und Dran – mitten in diesem rechteckigen, flachen Gelände? Selbst wenn ein professioneller Landschaftsgärtneralles plante, auch die Pflanzen am Ufer und so weiter – der Teich würde wahrscheinlich immer ein wenig so wirken, als wäre er vom Himmel gefallen.
Ich ging hinein, schlüpfte wieder ins Bett, auch wenn an Schlafen nicht mehr zu denken war. Kaum zu glauben, dass ich am Samstag vor einer Woche noch im gelben Haus gewesen und, eingehüllt in unsere müffelnde alte Wolltagesdecke, auf unserem Sofa aufgewacht war. Doch – zack – eine Woche später, und da war ich: bei Cora, wo es mir im Prinzip an nichts fehlte, was die Basisdinge betraf – fließendes Wasser, Heizung, Essen. Trotzdem kam es mir weiterhin sehr seltsam vor, hier zu sein. Alles fühlte sich so provisorisch an, auch ich selbst, dass ich noch nicht einmal ausgepackt hatte. Meine Tasche stand direkt neben meinem Bett; wenn ich etwas brauchte, holte ich es mir raus, als wäre ich irgendwo in den Ferien und würde jeden Moment wieder auschecken. Es bedeutete zwar, dass die paar Sachen, die ich hatte, noch zerknitterter waren als sowieso schon. Das nahm ich jedoch gern in Kauf; aber der Umstand, dass ich mich morgens nur umdrehen musste, damit ich meine wenigen Habseligkeiten sofort im Blick hatte, gab mir ein Stück weit das Gefühl, meine jetzige Situation selbst bestimmen zu können. Und das brauchte ich, wenigstens dieses kleine bisschen. Schließlich lag offensichtlich alles andere absolut nicht mehr in meiner Hand.
***
»Den Bus?«, fragte Jamie ungläubig an jenem ersten Abend, nachdem er gemeint hatte, dass Nate mich ja wohl mitnehmen werde, worauf ich antwortete, ich würde mich lieber in Eigenregie zur Schule bewegen. »Ist das dein Ernst?«
»Morgens fährt kein Schulbus in Richtung Perkins Day«, sagte Cora, die mir gegenübersaß. »Sie verkehren nur nachmittags, damit Leute nach Unterrichtsschluss die Zusatzangebote wahrnehmen können und trotzdem noch nach Hause kommen.«
»In dem Fall nehme ich eben einen öffentlichen Bus«, sagte ich.
»Warum so umständlich?«, erkundigte sich Jamie. »Nate fährt sowieso jeden Tag zur Perkins Day. Außerdem hat er es ausdrücklich angeboten.«
»Aus reiner Nettigkeit«, meinte ich. »In Wirklichkeit will er mich gar nicht mitnehmen.«
»Doch, natürlich.« Jamie nahm sich ein Stück Lasagne aus der feuerfesten Form, die zwischen uns auf dem Tisch stand. »Er macht das gerne. Außerdem beteiligen wir uns an den Benzinkosten. Es ist alles geregelt.«
»Der Bus ist okay für mich«, meinte ich beharrlich.
Cora blickte mich über den Tisch hinweg argwöhnisch an. »Worum geht es eigentlich wirklich?«, fragte sie. »Kannst du Nate nicht leiden oder was ist los?«
Ich nahm meine Gabel in die Hand, spießte ein Stück Lasagne auf. »Hört zu« – ich versuchte, einen möglichst ruhigen, gelassenen Ton anzuschlagen – »ich möchte darum einfach keinen
Weitere Kostenlose Bücher