Abraham Lincoln - Vampirjäger
Mann, der sich ohne jegliche Erklärung von mir abkehrte!«
Abe hielt den Blick auf den Hut in seinen Händen gesenkt. »Ich … «
»Der mich zum Gespött der ganzen Stadt machte!«
»Meine liebste Mary, ich habe bloß meine demütige … «
»Was für einen Ehemann soll ein solcher Mann bitte abgeben? Ein Mann, der jeden Augenblick wieder einem spontanen Sinneswandel unterliegen könnte und mich erneut leiden ließe? Sagen Sie, Mr. Lincoln, welchen Anreiz hätte ich, eine Verbindung mit einem solchen Manne einzugehen?«
Abe blickte von seinem Hut auf. »Mary«, sagte er, »wenn du all meine Fehler ansprechen willst, dann werden wir noch in einer Woche hier stehen. Ich bin nicht hier, um dich länger zu quälen. Ich bin hier, um mich dir vor die Füße zu werfen, um dich um Vergebung zu bitten. Ich bin mit dem Gelöbnis hier, mein Leben damit zu verbringen, allen Kummer, den ich dir diese langen Monate über bereitet habe, wiedergutzumachen. Wenn mein Angebot ungenügend ist – wenn dir mein Anblick alles andere als Glück beschert – , dann mögest du diese Tür schließen in dem Wissen, dass ich dich nie mehr mit meinem Antlitz behelligen werde.«
Mary stand da und schwieg. Abe machte einen kleinen Schritt zurück, in der Erwartung, dass ihm jeden Moment die Tür vor der Nase zugeschlagen werden könnte.
»Oh, Abraham, ich liebe dich noch immer!«, rief sie da und warf sich in seine Arme.
Nachdem ihre Verlobung also erneuert war, verlor Abe keine Zeit mehr. Bei Chatterton’s in Springfield kaufte er zwei goldene Eheringe (natürlich auf Kredit). Mary und er einigten sich auf eine einfache Gravur, die die Innenseite der Ringe schmücken sollte.
Liebe währt ewig
Abraham Lincoln und Mary Todd heirateten an einem regnerischen Freitagabend, am 4. November 1842, im Haus von Elizabeth Edward, Marys Cousine. Insgesamt waren weniger als dreißig Gäste zugegen, als sie sich das Eheversprechen gaben.
Nach der Zeremonie stahlen Mary und ich uns in den Salon davon, während das Abendessen serviert wurde, so dass wir die ersten Momente als Eheleute in einträchtiger Zweisamkeit verbringen konnten. Wir tauschten ein oder zwei zärtliche Küsse und sahen uns gegenseitig mit einer gewissen Verlegenheit an, denn es war eine seltsame Sache, verheiratet zu sein. Eine seltsame und wunderbare Sache.
»Abraham, mein Liebling«, sagte Mary schließlich. »Verlass mich nie wieder.«
IV
Am 11. Mai 1843 schrieb Abe an Joshua Speed:
Welch Wunder die vergangenen Monate doch waren! Welch Glück! Mary ist eine so treue und liebevolle Ehefrau, wie man es sich nur wünschen kann, und ich freue mich, Speed, ich freue mich sehr, dir die glückliche Nachricht zu verkünden, dass sie ein Kind erwartet! Wir sind beide überglücklich, und Mary hat es sich bereits zur Aufgabe gemacht, unser Heim für das neue Familienmitglied vorzubereiten. Sie wird eine großartige Mutter abgeben! Bitte schreib mir doch umgehend zurück, denn ich möchte wissen, ob deine Genesung voranschreitet.
Am Abend des 1. August 1843 war es ungewöhnlich heiß, und auch das geöffnete Fenster trug wenig dazu bei, die Hitze in Abes und Marys winzigem Zimmer im zweiten Stock der Globe Tavern erträglicher zu machen. Passanten sahen neugierig hinauf zu dem offenen Fenster, denn von dort aus drangen Geräusche in die Nacht hinaus – zuerst die einer Frau in den Wehen und dann ein schrilles Weinen.
Ein Sohn! Mutter und Kind erfreuen sich bester Gesundheit!
Mary hat alles perfekt gemeistert. Die Geburt des Kindes ist erst sechs Stunden her, und schon hält sie den kleinen Robert im Arm und singt ihm mit schönster Stimme vor. »Abe«, sagte sie zu mir, als sie ihn stillte, »schau nur, was wir gemacht haben.« Ich gestehe, dass mir Tränen in die Augen traten. Ach, wenn dieser glückliche Moment doch in alle Ewigkeit anhalten könnte.
Robert Todd Lincoln (Mary bestand darauf; Abe hielt den Mund) wurde knapp zehn Monate nach der Hochzeit seiner Eltern geboren.
Ich ertappe mich dabei, wie ich ihn stundenlang ansehe. Ihn auf dem Arm halte und den sanften Rhythmus seines Atems spüre. Ihm mit den Fingern über die weiche Haut seiner dicken, entzückenden Füße streiche. Ich gebe zu, dass ich an seinem Haar rieche, während er schläft. An seinen Fingern knabbere, wenn er sie mir entgegenstreckt. Ich bin sein ergebener Diener, denn ich würde alles tun, um auch nur das winzigste Lächeln von ihm zu ergattern.
Abe fand leidenschaftlichen Gefallen am Vatersein.
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