Abraham Lincoln - Vampirjäger
seine eigene medizinische Lehranstalt an der Ecke Neunte und Gratiot Street. Er rüstete das Gebäude mit Kanonen auf dem Dach aus und legte ein Musketenlager an, um Angriffe abwehren zu können. Eine Weile diente er noch in der Konföderiertenarmee, bevor er gänzlich von der Bildfläche der Geschichte verschwand. Sein Tod wurde nirgends vermerkt, aber es heißt, dass sein ehemaliges Schulgebäude in St. Louis von einem Geist heimgesucht würde.
Gott sei Dank befanden wir uns nur wenige Schritte vom besten Krankenhaus in St. Louis entfernt. Armstrong und ich halfen uns gegenseitig die Treppe hoch (ich quälte mich auf meinem heilen Bein hinauf und trug seine abgetrennte Hand). Beide waren wir von Kopf bis zu den Zehenspitzen mit dem Blut von zwei Dutzend Menschen getränkt.
Die Ärzte waren zwar in der Lage, Jacks Leben zu retten, aber seine Hand ist für immer verloren, Abe. Er ist dem Tode nur knapp entronnen. Knapper, als er es sich wahrscheinlich eingestehen wird. Es war seine außergewöhnliche Stärke, die ihn durchhalten ließ. Seine Stärke und die Gebete, die Du zweifelsohne für unsere Sicherheit gesprochen hast. Ich werde so lange bleiben, bis er wieder wohlauf ist (auch wenn er sich weigert, mit mir zu sprechen). Mir wurde gerade erst mitgeteilt, dass mein Bein verheilen wird und dass, wenn überhaupt, nur ein leichtes Hinken bleiben wird. Sorge Dich nicht um Deinen teuren Speed, mein Freund – denn er hält sich selbst für den glücklichsten lebenden Tor.
II
Am 3. August 1846 wurde Abe ins Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten gewählt. Im Dezember 1847, gut ein Jahr später, kam Abe mit seiner Familie zu Beginn seiner Amtszeit nach Washington. Sie stiegen in einem kleinen Zimmer in Mrs. Spriggs Pension 29 ab – einem Zimmer, das umso beengter war, als mittlerweile ein viertes Familienmitglied hinzugekommen war.
29 Ein bescheidenes zweistöckiges Haus, das sich dort befand, wo heute die Kongressbibliothek steht.
Wir sind zweifach gesegnet mit einem weiteren Jungen, Edward Baker, geboren am 10. März [1846]. Er ist ganz der fröhliche Frechdachs wie Rob, obschon ich glaube, dass er ein noch wonnigeres Gemüt hat. Meine Liebe wird nicht im Geringsten dadurch beeinträchtigt, dass er der Zweitgeborene ist. Eddys Lächeln macht mich genauso zu seinem Diener – ich knabbere an seinen Zehen, um ihn zum Lachen zu bringen … schnuppere an seinem Haar, wenn er schläft … halte ihn im Arm, wenn er schläft. Was für einen Narren die beiden Buben aus ihrem Vater machen!
Diesmal quälte ihn nicht die Angst, Edward könnte krank werden oder gar sterben. Es gab kein Feilschen mit Gott (zumindest machte er sich nicht die Mühe, es in seinem Tagebuch festzuhalten). Vielleicht hatte er als Vater mehr Sicherheit gewonnen. Vielleicht war er auch einfach nur zu beschäftigt, sich in solche Ängste hineinzusteigern. Zu beschäftigt damit, seine gutgehende Springfielder Kanzlei im Auge zu behalten. Zu beschäftigt, sich auf eine neue Stadt und eine neue Dimension von politischer Macht einzustellen. Zu beschäftigt mit allem Möglichen, nur nicht mit der Vampirjagd.
[Henrys] Briefe treffen monatlich ein. Er bittet mich, die Sache zu überdenken. Beharrt darauf, von welch hoher Wichtigkeit es sei, die Jagd wieder aufzunehmen. Ich beantworte jeden von ihnen mit derselben einfachen Wahrheit: dass ich es nicht riskieren werde, meine Frau zur Witwe zu machen und meine Kinder zu Waisen. Sollte ich wirklich dazu bestimmt sein, die Menschheit von der Tyrannei zu befreien, so meine Worte an ihn, dann müsse ich es im Sinne des alten Sprichworts von der Feder tun, die mächtiger ist als das Schwert. Mein Schwert hat seine Schuldigkeit getan. Den restlichen Weg muss ich mit der Feder bestreiten.
Washington entpuppte sich fast in jeder Hinsicht als eine Enttäuschung. Abe war dort hingekommen, in der Erwartung, eine schillernde Metropole vorzufinden, voll »Männer mit herausragendem Verstand, die sich dem Dienst an ihren Wählern verschrieben haben«. Was er jedoch vorfand, waren »ein paar strahlende Leuchttürme in einem Meer von Idioten«. Und was seine Träume vom Leben in der großen Stadt betraf, fühlte es sich auch nicht anders an als in Louisville oder Lexington, wenngleich es in Washington D. C. ein paar herausragende Architekturwunder zu bestaunen gab. »Ein paar Paläste in der Prärie«, wie Abe zu sagen pflegte. Der Grundstein für das Washington Monument musste erst noch gelegt werden. Weder der
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