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Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)

Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)

Titel: Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Das hat er selbst gesagt.«
    »Ja, und?«
    »Wer Angst hat, hat etwas zu verbergen, Herr Kommissar«, äußert sich Papadakis’ gesunder Menschenverstand.
    Mir wird bewusst, dass ich bisher auf keinen grünen Zweig gekommen bin. Ja, eigentlich bin ich keinen einzigen Schritt weiter – weder das Firmenpersonal noch Demertsis junior noch Lakodimos haben mir mit ihren distanzierten Aussagen oder ihren Lobhudeleien geholfen.
    Da lohnt doch der Versuch, Papadakis’ Hausverstand zu folgen, der möglicherweise eher zum Ziel führt. Nur, dass ich nicht vorhabe, Lakodimos’ Geheimnisse zu ergründen, sondern mir erneut Petrakos vorknöpfen möchte. Dieser ehemalige Militärpolizist ohne Furcht und Tadel passt so gar nicht ins Bild.

15
    Bevor ich meinen Arbeitsplatz verlasse, kommt mir der Einfall, den Laptop mit nach Hause zu nehmen. Da Adriani ein Embargo über den Fernseher verhängt hat und ich im Büro so viel zu tun habe, dass ich es kaum auf die Toilette schaffe, bietet sich das Heimstudium richtiggehend an. Obwohl ein solcher Schritt meine enge Beziehung zum Dimitrakos-Lexikon trüben könnte, sage ich mir: Dann muss sich eben auch der Dimitrakos mal gedulden, genauso wie ich in Sachen Gehalt.
    Kaum lasse ich den Motor an, klingelt mein Handy.
    »Papa, könntest du bei mir im Büro vorbeikommen?«, höre ich Katerinas Stimme sagen.
    »Ist etwas passiert?«
    »Nein, ich will kurz etwas mit dir besprechen.«
    Diese Antwort beruhigt mich ganz und gar nicht, da in Zeiten wie diesen der Satz »Ich will kurz etwas mit dir besprechen« nicht nur eine zärtliche Geste, sondern eine Ohrfeige oder sogar ein Faustschlag in den Magen sein kann. Jedenfalls mache ich kehrt und stoße kurz darauf auf eine Kundgebung auf dem Ajiou-Nikolaou-Platz. Ich hatte ganz vergessen, dass schon wieder Wahlkampf ist, da wir noch nicht als »flankierende polizeiliche Maßnahmen« zu den entsprechenden Veranstaltungen im Zentrum einberufen worden sind. Irgendwie sind wir noch gar nicht auf Wahlkampf eingestellt. Der Kundgebung dürften nicht mehr als eine Handvoll Leute beiwohnen, da der Beifall für den Parlamentarier in spe wie das Klatschen beim Zeibekiko-Tanz nur vereinzelt zu hören ist.
    In Katerinas Büro sitzen drei Immigranten, die aussehen, als seien sie gerade dem syrischen Bürgerkrieg entronnen: Der eine hat einen Gips am Arm, der Zweite hat den Kopf bis zu den Ohren einbandagiert, und das Gesicht des Dritten ist vor lauter Pflastern kaum zu erkennen.
    »Wer sind diese Leute?«, frage ich Mania, die mir die Tür geöffnet hat.
    »Arme Kerle«, antwortet sie und schüttelt angesichts des Zustands der Opfer erbittert den Kopf.
    Ich komme nicht mehr dazu nachzuhaken, denn Katerina tritt aus ihrem Büro. Also stelle ich meiner Tochter dieselbe Frage.
    »Frühere Mandanten von mir, aus der Zeit in Seimenis’ Kanzlei«, erwidert sie. »Komm rein, dann erkläre ich es dir.«
    In ihrem Büro sitzt Pavlos, der zur Begrüßung aufspringt.
    »Sie haben doch nicht etwa die Arbeit mit den Obdachlosen an den Nagel gehängt?«, frage ich scherzhaft.
    »Sie wurde mir abgenommen. Ihr Freund, Herr Sissis, hat sich mächtig ins Zeug gelegt. Er hat für jeden eine Beschäftigung gefunden, die Unterkunft blitzt vor Sauberkeit, alle sind froh und glücklich und loben ihn in den höchsten Tönen.«
    »Ich weiß schon, warum ich Onkel Lambros mit ins Boot geholt habe«, bemerkt Katerina lächelnd. Dann wird sie schlagartig ernst. »Die Leute da draußen sind drei Opfer der vorgestrigen Ausschreitungen«, meint sie zu mir. »Ich weiß ja nicht, was du alles mitbekommen hast, aber es gibt noch wesentlich mehr Verletzte.«
    »Wo ich im Einsatz war, kam es zu keinen Übergriffen«, entgegne ich ausweichend.
    »Diese drei kannten mich, da ich ihnen während meiner Zeit bei Seimenis Papiere besorgt habe. Der Erste ist mit einem Armbruch noch gut weggekommen, der Zweite hat Kopfverletzungen und eine leichte Gehirnerschütterung davongetragen, und der Dritte ist auf der Flucht vor den Flammen aus dem Fenster gesprungen. Ich werde im Namen von allen dreien Anzeige erstatten. Pavlos und seine Freunde haben sich bereit erklärt, die Kosten des Verfahrens zu übernehmen.«
    »Und was soll bei einer Anzeige gegen unbekannt herauskommen?«, wundere ich mich.
    »Es sind nicht alle Täter unbekannt. Pavlos und zwei seiner Freunde haben sich unter die Leute gemischt und Aufnahmen gemacht. Nur im Fall des Dritten, der aus dem Fenster gesprungen ist, fehlen mir Indizien.

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