Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)
deutsche Altphilologen aus«, erklärt ihm Mania auf Griechisch.
Uli muss lachen und versucht es noch einmal mit »Sehr erfreut«, diesmal in neugriechischer Aussprache. Dann treten wir alle zusammen ins Wohnzimmer.
»Wer ist das?«, fragt mich Adriani, die zurückgeblieben ist, um Erkundigungen einzuziehen.
»Manias neuer Liebster. Ein Deutscher…«
»Ein Deutscher? Sie hat sich in einen Deutschen verliebt?«, fragt sie perplex.
»Ja, warum?«
»Ausgerechnet jetzt?«, meint sie, um dann festzustellen: »Verkehrte Welt!«
Als wir ins Wohnzimmer treten, haben sich bereits alle vorgestellt, und Fanis unterhält sich mit Uli. Ich halte immer noch den Laptop unterm Arm und suche nach einem Ort, wo ich ihn abstellen kann. Schließlich platziere ich ihn vor dem Fernseher.
»Du hast den Laptop mit nach Hause genommen?«, fragt mich Katerina.
»Ja, weil ich im Büro keine Zeit dafür habe. Und da deine Mutter den Fernseher unter Quarantäne gestellt hat, habe ich mir gedacht, jetzt wäre eine gute Gelegenheit, um zu Hause zu üben.«
»Sie müssen sich nicht alleine mit den praktischen Übungen herumschlagen, Herr Charitos«, sagt Mania. »Uli bringt Ihnen alles bei. Er kennt sich aus, er verdient schließlich sein Geld damit. Nach drei Lektionen haben Sie alles im kleinen Finger. Nicht wahr, Uli?«
»Sure«, erwidert Uli. »Any time.«
»Spricht er Griechisch?«, wundert sich Adriani.
»Er nimmt Unterricht. Er kann zwar noch nicht gut sprechen, aber er versteht fast alles.«
»Plant er hierzubleiben?«
»Immer mit der Ruhe, Frau Adriani. Das ist noch nicht spruchreif«, entgegnet Mania.
»Das wäre aber das Vernünftigste. Hier hat er erstens dich und zweitens bessere Berufschancen.«
Es bleibt in der Schwebe, ob sie es ernst meint oder scherzt. Alle brechen gleichzeitig in Gelächter aus. Uli hat zwar gemerkt, dass wir über ihn reden, Adrianis Kommentar jedoch nicht verstanden. Als Mania ihm die Sache erklärt, muss auch er lachen.
»Uli, soll ich erzählen, wie wir uns kennengelernt haben?«, fragt ihn Mania.
»Sure«, stimmt Uli gelassen zu.
»Ich war mit einem Typen auf Astypalea in Urlaub gefahren, der sich als schrecklicher Langweiler herausstellte. Solange wir in Athen waren, lief alles glatt, aber kaum waren wir auf Astypalea, begann er rumzunörgeln. Mal passte ihm der Strand nicht, dann wieder war ihm das Zimmer zu stickig. Er redete mir ein Loch in den Bauch, dass wir nach Santorin fahren sollten. Aber ich bestand darauf, auf Astypalea zu bleiben. Und so stritten wir von morgens bis abends, ja sogar im Bett. Jedenfalls, am Strand war mir ein Typ aufgefallen, der morgens mit zwei Büchern ans Meer kam, sein Handtuch ausbreitete und sich ins Studium vertiefte. Ab und zu ging er schwimmen und kehrte dann wieder zu seiner Lektüre zurück. Er bekam unsere Streitereien mit, da wir nur wenige Meter entfernt saßen, aber diskreterweise wandte er nicht einmal den Kopf nach uns um. Ich war richtiggehend neidisch auf ihn. Warum bin ich eigentlich nicht alleine auf die Insel gekommen?, fragte ich mich entnervt. Langer Rede kurzer Sinn: Beim nächsten Mal, da ich wieder mit dem Langweiler stritt, sagte ich ihm, er solle doch abhauen – und mich in Ruhe lassen. Und wie durch ein Wunder packte er tatsächlich seine Sachen. Am nächsten Tag ging ich befreit mit meiner Lieblingslektüre an den Strand. Nachdem zwei Tage verstrichen waren und Uli sicher sein konnte, dass mein Begleiter nicht so schnell wieder auftauchen würde, fragte er mich, was für ein Buch ich denn dabeihätte. Es war C. G. Jungs Über die Psychologie des Unbewussten, das ich gerade wieder las. Darauf erzählte er mir, dass er aus Deutschland komme und freiberuflich Computerprogramme entwickele. Aber eigentlich interessiere er sich vor allem für Geschichte, weshalb er in den Ferien nur historische Studien lese. Am nächsten Tag hatten wir unsere Badetücher nebeneinandergelegt. Vom Lesen sind wir ins Reden gekommen, vom Reden zum Kichern, vom Kichern zum Küssen, und von da war’s nicht mehr weit ins Bett.«
Sie hält inne und wendet sich an Adriani. »So war das, Frau Adriani, zuerst haben wir uns geistig, dann körperlich vereinigt«, sagt sie mit einem kleinen Auflachen. Man sieht ihr an, dass sie Adriani provozieren will, was ihr auch gelingt. Dann wendet sie sich an ihren Freund. »Uli, I told them everything«, meint sie vergnügt.
»It’s the story of a stupid German falling in love with a Greek Mermaid«, sagt Uli, worauf
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