Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)
ich eilig, weil ich den Eindruck vermeiden möchte, einer von uns hätte geplaudert.
»Und das stufen Sie als Stellungnahme des Mörders ein?«
»Ja, aber nicht unbedingt als Bekenner-Statement. Wahrscheinlich hat der Täter die Parole hinterlassen, um klarzumachen, dass er Personen tötet, die der Generation Polytechnikum angehören.«
Erst als ihnen die Fragen ausgehen, lassen sie mich in mein Büro durch. Ich bitte Koula, mir die Privatadresse von Nikos Theologis herauszusuchen. Im Anschluss rufe ich Stella wegen eines Termins mit Gikas und Gonatas an. Bevor ich gehe, schaue ich im Büro meiner Assistenten vorbei und beauftrage sie mit ersten Ermittlungen auf dem Campus des Polytechnikums.
Gikas erhebt sich bei meinem Eintreffen, aber nicht aus Höflichkeit, sondern weil er meinen Besuch als willkommene Gelegenheit ansieht, Dampf abzulassen.
»Ausgerechnet jetzt, wo nur ein Interimsminister im Amt ist, muss das alles passieren«, meint er. »Das heißt, dass wir jetzt voll im Kugelhagel stehen.«
Darauf gibt es nichts zu entgegnen. Vor lauter Besorgnis gibt sich Gikas ganz formell und bittet Gonatas und mich zum Konferenztisch. Ich berichte über die beiden Morde und die Aspekte, die sie miteinander verbinden.
»Was erwarten Sie von der ballistischen Untersuchung?«, fragt Gikas.
»Die Bestätigung, dass die beiden Morde mit derselben Tatwaffe begangen wurden«, erwidere ich. »Wenn alles nach demselben Schema abläuft, von der Art der Benachrichtigung bis hin zu der bei den beiden Opfern deponierten Botschaft, wäre es nur logisch, dass auch die Waffe übereinstimmt.«
»Was meinen Sie, Notis?«, wendet sich Gikas an Gonatas.
»Vor ein paar Tagen habe ich noch zu Kostas gesagt, dass es sich beim Mord an Demertsis bestimmt nicht um einen Terrorakt handelt. Jetzt aber kommen mir Zweifel. Es gibt eine Menge Berührungspunkte zwischen den beiden Taten, und das könnte durchaus auf einen terroristischen Hintergrund hinweisen. Sollte die Waffe auch noch übereinstimmen, wie Kostas glaubt, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines Terrorakts.«
»Können wir die Botschaften, die bei den Opfern hinterlassen wurden, als Bekennerschreiben werten?«, fragt ihn Gikas.
»Ein solches Schreiben ist nicht zwingend notwendig. Es ist üblich, aber nicht die Regel. Man kann nicht ausschließen, dass der Mörder diese Handy-Botschaft im Sinne eines politischen Statements einsetzt. Genauso wenig ist jedoch, wie von Kostas erwähnt, die These vom Serienmörder von der Hand zu weisen.«
»Und wie gehen wir am besten vor?«, fragt Gikas.
»Wir ziehen an einem Strang und verfolgen beide Optionen«, entgegne ich.
»Ich nehme mir erst einmal die bisherigen Ermittlungsergebnisse vor und schaue, wohin sie mich führen«, ergänzt Gonatas.
»Meinen Sie, dass hier die Anarchisten am Werk sind?«, fragt Gikas, obwohl dieser Begriff längst seine Bedeutung eingebüßt hat, da sich halb Griechenland heutzutage anarchistisch gebärdet.
»Das kann schon sein. Andererseits passt der Angriff auf die Generation Polytechnikum viel eher zur extremen Rechten. Die haben noch ein Hühnchen mit den Gewinnern von damals zu rupfen, da sie ihnen nach der Junta die Posten weggeschnappt haben. Bis vor kurzem hatten wir ja noch keinen rechtsextremen Terrorismus. Vielleicht kommt das jetzt auf uns zu.«
»Ich möchte noch etwas zu bedenken geben«, sage ich zu den beiden. »Die Botschaft hat bei beiden Morden einen ähnlichen, aber nicht ganz denselben Wortlaut.«
»Was wollen Sie damit sagen?«, fragt mich Gikas.
»Der erste Teil, also der Aufruf des Radiosenders, ist genau gleich. Im zweiten Teil ändert sich jedoch die Aussage. Beide Male sagt die Stimme: ›Brot, Bildung, Freiheit.‹ Auf Demertsis’ Telefon endet die Handy-Botschaft mit: ›Nur Brot haben wir keins.‹ Auf dem bei Theologis gefundenen Gerät hört man stattdessen: ›Nur Bildung haben wir keine.‹«
»Und was schließen Sie daraus?«, fragt mich Gikas.
»Dass uns der Satz mit ›Freiheit‹ noch bevorsteht. Das heißt, es wird noch ein drittes Opfer geben.«
Die anderen blicken mich sprachlos an.
»Ich hoffe nur, Sie werden Lügen gestraft«, lautet Gikas’ abschließender Kommentar.
Ein Handy-Anruf hält mich davon ab, gleich zu meinem Büro hinunterzufahren und Koula nach Theologis’ Adresse zu fragen.
»Wollen Sie die ersten Ergebnisse meiner Nachforschungen hören?«, vernehme ich Spyridakis’ Stimme.
»Schießen Sie los!«
»Petrakos hat neben seinem
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