Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)
Demertsis und Jannis Chalatsis nicht allein geleistet haben. Es kann kein Zufall sein, dass die Kinder der drei Opfer ein so perfektes Alibi haben. Demertsis junior saß im Gefängnis, Loukia Theologi befand sich in Spanien, und Lepeniotis’ Sohn Lefteris war bei seiner Mutter in Nea Lampsakos. Das muss abgesprochen gewesen sein.
Als der Gefängnisdirektor sieht, dass wir zu dritt anmarschiert kommen, blickt er mich alarmiert an.
»Was ist los?«, fragt er mich.
»Ich fürchte, Sie werden als Einziger von der ganzen Sache profitieren, Herr Direktor. Alle anderen stehen auf der Verliererseite.«
»Wieso?«, wundert er sich.
»Weil Demertsis vermutlich noch eine ganze Weile bei Ihnen die jungen Häftlinge betreuen wird.«
Er lässt sich seine Überraschung nicht anmerken und geht hinaus, um Demertsis holen zu lassen. Meine Assistenten schicke ich vor die Tür, da ich allein mit Kyriakos sprechen will.
Zwei Minuten später tritt er wie immer mit einem Lächeln auf den Lippen herein.
»Guten Tag, Herr Kommissar. Was gibt’s Neues?«
»Wieso Neues?«, frage ich und hoffe inständig, dass sich Chalatsis’ Verhaftung nicht schon bis ins Korydallos-Gefängnis herumgesprochen hat.
»Sie kommen doch immer mit irgendwelchen Neuigkeiten«, erwidert er, und ich atme auf.
Er nimmt mir gegenüber auf dem anderen Stuhl vor dem Schreibtisch des Direktors Platz. Ich ziehe den Durchsuchungsbeschluss aus der Tasche und lege ihn vor ihm hin.
»Was ist das?«, fragt er neugierig.
»Ein amtlicher Beschluss zur Durchsuchung Ihrer Wohnung, die heute stattgefunden hat.«
Erst wirft er noch einen Blick auf das Papier, dann schaut er mich an. Er sagt kein Wort.
»Wir haben die Tatwaffe gefunden«, fahre ich fort. »Die beiden Handys sind dasselbe Fabrikat wie diejenigen, die Sie benutzt haben, um bei den Opfern die Polytechnikum-Parole zu hinterlassen. Ich nehme an, sie dienten als Reserve.«
Immer noch blickt er mich stumm an.
»Ihre Anrufe bei Chalatsis aus dem Gefängnis haben Sie überführt. Als ich sah, dass er von hier aus angerufen wurde, wusste ich sofort, mit wem er sich abgesprochen hat.«
»Ich bin das Risiko bewusst eingegangen«, entgegnet er nachdenklich. »Jannis hat viel mitgemacht, und das hat ihn aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht. Man muss ihm Halt geben, und er braucht ständig Zuspruch.«
»Wie haben Sie Jannis Chalatsis kennengelernt?«
»Er hat den Kontakt zu mir gesucht. Ich weiß nicht, wie er meine Telefonnummer herausgefunden hat, aber eines Tages meldete er sich bei mir und stellte sich als alter Weggefährte meines Vaters vor. ›Ich rufe nicht als sein Freund an, sondern als sein Feind‹, hat er mir erklärt. Das hat meine Neugier geweckt. Jannis wollte sich über mich an meinem Vater rächen. Er erzählte, dass mein Vater ihn denunziert hatte und sein Heldentum im Widerstand gegen die Junta nichts als Schall und Rauch war. Was er nicht wusste, war, dass ich keinerlei Liebe, Respekt oder Wertschätzung für meinen Vater empfand, ihn im Gegenteil für skrupellos und hinterhältig hielt. Schon seit einiger Zeit war ich wie besessen von der Idee, seine Generation für ihre Übeltaten zur Verantwortung zu ziehen. Nur sie hat Gewinne eingestrichen, alle anderen mussten zahlen. Die Bekanntschaft mit Jannis hat den Stein ins Rollen gebracht, denn er hatte denselben Gedanken wie ich. Damit hat alles begonnen.«
»Ich konnte von Anfang an nicht glauben, dass Sie ein Drogendealer sein sollten«, sage ich. »Sie sind in den Knast gegangen, weil Sie von hier aus unbehelligt alles dirigieren konnten. Keiner würde einen Untersuchungshäftling verdächtigen. Doch die Anrufe haben Sie verraten.«
Er lächelt mir gelassen zu. »Sie wissen ohnehin alles, Herr Kommissar. Sie haben auch die Waffe gefunden. Was gibt es da noch zu sagen?«
»Sie irren sich, da gibt es noch eine Menge zu sagen. Ich möchte wissen, wer außer Ihnen und Chalatsis sonst noch an dem Plan beteiligt war.«
»Niemand«, erwidert er prompt. »Jannis und ich haben alles allein durchgezogen.«
»Das ist Quatsch, Kyriakos. Dieses Verbrechen kann nicht nur von zwei Personen geplant und ausgeführt worden sein, wobei die eine davon auch noch in Untersuchungshaft saß. Da waren noch andere im Spiel.«
»Sie täuschen sich. Wir waren nur zu zweit.«
»Es kann doch kein Zufall sein, dass die Kinder aller drei Opfer nicht in Athen waren, als die Morde passierten«, erläutere ich ihm. »Sie saßen im Gefängnis, Loukia hielt sich
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