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Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)

Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)

Titel: Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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aufgetaucht.
    »Herr Chalatsis, wir fahren jetzt ins Präsidium zur Befragung«, wiederhole ich, da mir seine Miene sagt, dass er alles nur als Spiel betrachtet.
    »Ich habe nicht mal vor der Militärpolizei gezittert. Und da soll ich mich vor euch Waschlappen fürchten? Auf geht’s!«, sagt er und erhebt sich bereitwillig.
    Wir besteigen zusammen den Streifenwagen und fahren los. Chalatsis sitzt neben mir auf dem Rücksitz. Ich rufe Koula an und gebe ihr durch, dass Kasantsis auf freien Fuß gesetzt werden kann. Das tue ich mit voller Absicht in Chalatsis’ Gegenwart, um zu sehen, wie er auf die Erwähnung des Namens reagiert. Aber meine Worte zeigen keinerlei Wirkung. Er blickt weiter starr durch die Windschutzscheibe auf die Straße.

34
    Ich halte es für ratsam, Chalatsis streng nach Vorschrift zu behandeln. Daher lasse ich ihn nicht in mein Büro, sondern in den Verhörraum bringen. Ich hoffe, dass ihn dieses offizielle Vorgehen verunsichert und er sich in Widersprüche verwickelt. Auch Koula folgt uns samt Laptop, um seine Aussage zu protokollieren.
    Chalatsis beobachtet das alles interessiert und offenbar belustigt.
    »Sind wir zwischendurch mal wieder in einer Demokratie?«, fragt er mich, während Koula ihren Computer anschließt.
    »Das fällt Ihnen erst jetzt auf?«, lautet meine überraschte Gegenfrage.
    »Das ganze Brimborium lässt darauf schließen«, fährt er fort. »Als man mich bei der Militärpolizei verhört hat, gab’s weder Computer noch amtliche Protokolle. Da gab’s nur Prügel und Folter, bis man alles ausgespuckt hat. Sobald man plauderte, hat sich niemand mehr um den korrekten Ablauf der Vernehmung geschert.«
    »Sie waren also bei der Militärpolizei inhaftiert?«, frage ich einleitend.
    »Ja«, erwidert er kurz angebunden. »Drei Monate war ich dort zu Gast.«
    »Wie Demertsis«, bemerke ich beiläufig.
    »Und viele andere auch«, ergänzt er ungerührt. »Nur, dass nicht alle gleich behandelt wurden.«
    Mein Gefühl sagt mir, dass ich hier mit der zentralen Frage einsetzen muss.
    »Warum haben Sie sie erpresst, Herr Chalatsis?«, frage ich ihn.
    »Wen?«
    »Demertsis und Lepeniotis, möglicherweise auch den Juraprofessor Theologis.«
    »Haben die Ihnen das so gesagt? Dass ich sie erpresst habe?«
    »Sie selbst haben mir gar nichts gesagt. Ich habe sie ja zum ersten Mal gesehen, als sie schon tot waren. Aber laut Demertsis’ Witwe war ihr Mann nach jedem Ihrer Anrufe ganz verstört. Und Lepeniotis’ Witwe hat mir das Gleiche erzählt.«
    Das gefällt ihm, und er lacht zufrieden auf.
    »Ganz verstört, ja? Ich konnte den Gesichtsausdruck zwar nicht sehen, mir die Reaktion aber ganz gut vorstellen.«
    »Wie haben Sie sie erpresst?«
    Schlagartig wird er aggressiv.
    »Wieso sollte ich dir das sagen, Bulle? Egal, wie viel Scheiße meine Generation auch gebaut hat, Bullen waren wenigstens keine dabei.«
    Chalatsis macht einen psychisch labilen Eindruck mit seinem argumentativen Zickzackkurs und den Stimmungsschwankungen.
    »Vielleicht haben Sie recht, aber es gibt da einen Unterschied«, antworte ich freundlich.
    »Unterschied? Da bin ich aber gespannt.«
    »Wir, die Bullen, wie Sie uns nennen, sind berechenbar. Wir entsprechen genau dem Bild, das Sie von uns haben. Ihr hingegen seid mit großen Parolen dahergekommen und habt schließlich doch nur Scheiße gebaut.«
    »Wie wahr!«, ruft er aus und wiederholt: »Wie wahr! So ist es und nicht anders, Bulle.«
    »Was haben Ihnen die Mordopfer getan, dass Sie auf sie Jagd machten?«, frage ich. »Da muss doch etwas vorgefallen sein.«
    »Die waren schuld daran, dass ich nie Fuß fassen konnte. Nirgendwo konnte ich eine feste Arbeit finden. Jeden neuen Arbeitgeber haben sie angerufen und ihm gedroht, dass er auf die schwarze Liste kommt, wenn sie mich nicht entlassen, was sie dann auch eingeschüchtert getan haben.«
    »Warum hatte man Sie auf dem Kieker, Herr Chalatsis? Haben Sie den Mordopfern irgendetwas getan?«
    »Ich habe ihnen die Wahrheit ins Gesicht gesagt, ohne Rücksicht auf Verluste.« Der Ausdruck gefällt ihm, und er wiederholt: »Ohne Rücksicht auf Verluste, Bulle. ›Ihr wolltet Kalif anstelle des Kalifen werden‹, habe ich gesagt, ›Ihr habt die Juntaanhänger und die Rechten fortgejagt und euch dann auf ihren Posten breitgemacht. Kalif anstelle des Kalifen!‹«
    »Deshalb hat man Sie verfolgt?«
    »Ja, das war der Grund. Dazu kam, dass ich meinen Mund nicht gehalten habe. Ich habe sie ununterbrochen bloßgestellt. Als

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