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Abschaffel

Titel: Abschaffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Genazino
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Innenteil des Brots essen. Er trank eine halbe Flasche Bier dazu, und während er sich die Flasche an den Mund hielt, fiel ihm auf, daß er sich wieder ganz eilig benahm. Warum nur mußte er auspacken und zugleich essen. Er ärgerte sich, und er nahm sich vor, nun ganz langsam und ohne etwas anderes nebenher zu tun, eine Zigarette zu rauchen. Er rückte einen Stuhl an den Tisch, holte Aschenbecher und Zündhölzer und suchte seine Zigaretten. Es war unglaublich, aber er hatte vergessen, Zigaretten zu kaufen. Im Büro hatte er die letzte geraucht, daran erinnerte er sich. Sofort war er wieder in der Eile verfangen. Er stürzte sich in die Jacke und verließ die Wohnung, ganz so, als könne er zu spät zu einem Zigarettenautomaten kommen. Glücklicherweise hatte er drei Markstücke. Er warf sie in den Automaten, der seiner Wohnung am nächsten war, aber die Geldstücke fielen durch und landeten unten im Rückgabeschlitz. Er warf sie noch einmal hinein, und sie fielen wieder durch. Seit Abschaffel hier wohnte, kannte er diesen Automaten als einen funktionierenden Automaten, aber nun war es mit ihm offenbar zu Ende. Aus voreiliger Sentimentalität war ihm der Automat deswegen sogar sympathisch. Das Beruhigende war, daß der Automat wahrscheinlich nicht abmontiert wurde, jedenfalls nicht sofort. Es konnte noch nicht lange her sein, daß der Automat kaputtgegangen war. In den Warenschächten sah Abschaffel noch Zigarettenpackungen lagern. Nun würden einige Wochen, vielleicht sogar Monate lang viele Personen ihre Markstücke hineinwerfen und dieselbe Erfahrung machen. Und irgendwann würde der Besitzer des Automaten auch dahinterkommen. Abschaffel hatte noch nie mit einem Automatenbesitzer gesprochen. Es waren flinke, kleine und immer eilige Menschen, die aus kleinen Lieferwagen heraussprangen, die Automaten abkassierten und sie neu auffüllten und rasch weiterfuhren. Es war jedoch ganz ungewiß, welche Automaten von Besitzern betreut wurden und welche nicht. Es wimmelte in der Stadt von verrotteten und leeren Automaten, die weder abmontiert noch repariert wurden. Sie blieben einfach, wo sie immer waren, ob kaputt oder nicht, und das schien niemand etwas auszumachen.
    Abschaffel brauchte dennoch Zigaretten, und er überlegte, wo sich der nächste Automat befand. Weil er es nicht wußte, ging er ohne Plan einige Straßen weiter und suchte Hauswände und Eisengitter ab. Bald hatte er einen neuen entdeckt. Ein riesiger Schäferhund lag genau vor dem Automaten. Er streckte die Läufe tief in den Bereich des Gehwegs hinein, und seine rosa Zunge hing weit aus dem Maul und zuckte. Diese ungeheure Zunge! Er vergaß für ein paar Augenblicke, daß er eigentlich Zigaretten holen wollte, und starrte auf die Zunge, die wie ein alter Schuhlöffel unten breiter war als in der Mitte. Vielleicht war der Hund gereizt wegen der Hitze und des Betons, auf dem er lag. Abschaffel fürchtete sich vor Hunden. Als er Kind war, hatte er sich nie vor Hunden gefürchtet, aber heute fürchtete er sich vor ihnen. Es war ein ganz neuer Automat, unter dem der Schäferhund lag, das hatte Abschaffel schon von weitem gesehen. Er konnte neben den Münzeinwurfschlitzen sogar ein aufgelötetes Metallschildchen entdecken, auf dem Name und Anschrift des Besitzers angegeben waren, und das gab es nur bei neuen Automaten. Erst wenn die Automaten in die Jahre kamen und Rost ansetzten, verschwand, wahrscheinlich im gleichen Tempo, die Leserlichkeit des Namens des Besitzers, so daß sich mit zunehmendem Alter Automat und Besitzer immer weniger einander erinnern mußten.
    Abschaffel wandte sich verdrossen ab. Das Mißverständnis, daß der Hund vielleicht glaubte, er, Abschaffel, wolle etwas gegen ihn unternehmen, indem er auf den Automaten zuging, wollte er nicht riskieren. Er suchte weiter und kam beträchtlich von seiner Wohnung ab, als er zum drittenmal einen neuen Zigarettenautomaten suchte. Er ärgerte sich, weil er vor dem Hund Angst gehabt hatte; das war ihm unerklärlich. Er war nie von einem Hund gebissen worden. Was diese Tiere in den Städten eigentlich wollten, wußte niemand. Plötzlich sah er an einem eisernen Vorgartenzaun einen Zigarettenautomaten hängen. Er ging gleich zu ihm hin, da spritzte plötzlich ein Wasserstrahl zwischen den Eisenstäben des Vorgartenzauns heraus auf den Gehweg. Abschaffel verzögerte seinen Schritt, und im langsamen Hingehen erkannte er, daß im dahinter liegenden Garten ein halbnacktes Kind mit einem Schlauch den Garten

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