Abschied aus deinem Schatten
Fernbedienung!”
„Ro, du brauchst Hilfe! Und wenn ich nicht weiß, um was es hier eigentlich geht, kann ich dir nicht helfen!”
„Ich brauche keine Hilfe!”
„Und ob! Klar? Seit Claudias Tod bist du doch völlig durch den Wind! Ich möchte gern sehen, weshalb du so verrückt reagierst.”
„Hältst du mich etwa für verrückt?”
„Das nicht, aber du stehst kurz davor, es zu werden. Mir machst du nichts vor! Ich kenne dich, du bist nur noch Zentimeter vom Abgrund entfernt.” Mit feucht schimmernden Augen fuhr er fort: „Ich hab dich lieb, Rowena, und ich werde auf keinen Fall in aller Seelenruhe zusehen, wie du abstürzt. Tim ist nicht mehr. Die Hälfte meiner Freunde ist entweder tot oder sterbenskrank. Ich kann dich nicht auch noch verlieren. Jedenfalls gebe ich dich nicht kampflos auf!”
„Du verlierst mich ja gar nicht”, hielt sie, in Tränen aufgelöst, dagegen. „Sag doch so etwas nicht! Ich schlage mich momentan nur mit ziemlich viel Problemen herum. Ich gebe ja auch zu, dass ich Reids wegen völlig am Boden bin.”
„Ro, du wirst immer dünner, und ich muss zusehen. Du hast dermaßen abgenommen, dass von dir praktisch nichts mehr übrig ist. Du bist doch nur noch Haut und Knochen! Dann dieser gehetzte Gesichtsausdruck an dir in letzter Zeit. Und jetzt stellst du auch noch das Telefon ab, damit du dir ungestört das Pornovideo von deiner perversen Schwester ansehen kannst. Damit stichst du dir nur wiederholt selbst ins Herz! Also, komm mir nicht daher und erzähl mir, es wäre alles eitel Sonnenschein! Ich bin doch nicht blind! Jetzt sehen wir uns dieses Video an, und dann wird darüber geredet.” Er fasste sie fest bei der Hand und ließ die Kassette weiterlaufen.
Nach einigen Minuten stellte er fest: „Gehört hab ich zwar davon, aber noch nie gesehen, wie’s gemacht wird.”
„Wovon?” fragte sie tonlos, gefangen in seinem Griff und voller Selbstverachtung. „Was denn?”
„Na, der Kondom-Trick!” erklärte er und spulte das Band zurück, um ihr die Passage nochmals vorzuführen. „Schau, sie nimmt eins vom Tischchen und steckt es sich in den Mund. Und jetzt geht sie auf die Knie und streift es ihm über, ohne dabei die Hände zu benutzen. Bemerkenswertes Talent.”
„Ich halte das nicht aus!” Rowena riss sich los und sprang auf. „Ich koche uns lieber Kaffee.”
„Kaffee wäre nicht schlecht. Wird schon alles werden, Ro”, beschwichtigte er, den Blick weiter auf den Bildschirm gerichtet. „Versprochen!”
Am liebsten hätte sie hysterisch aufgeschrien und floh geradezu in die Küche, wo sie mechanisch den Wasserbehälter der Kaffeemaschine auffüllte, Kaffeepulver in die Filtertüte löffelte und das Gerät einschaltete. Die Kopfschmerzen waren wieder da. Um nicht ihre Zigaretten aus dem Wohnzimmer holen zu müssen, riss sie eine ungeöffnete Schachtel auf, zündete sich eine Zigarette an und stapfte, nervös an den Innenseiten der Wangen nagend, in der Küche auf und ab.
„Ro!” hörte sie Mark etwa fünf Minuten später rufen. „Wer hat das gefilmt?”
„Claudia”, rief sie mit kratziger Stimme zurück.
„Von wegen, du tasmanisches Teufelchen! Komm her und guck dir das mal an!”
Nur höchst widerwillig kehrte sie ins Wohnzimmer zurück.
„Setz dich und sieh dir das an!” Er drückte auf „Play”. „Pass auf!”
Auf dem Schirm krabbelte Tony Reid gerade vom Bett, zog sich in aller Eile an und verließ das Zimmer.
„Hast du’s gesehen?” fragte Mark.
„Was?”
„Da muss noch eine dritte Person beteiligt gewesen sein. Kameras bewegen sich nicht von allein!”
„Oh Gott!” Endlich wusste Rowenae, was ihr an der Aufnahme die ganze Zeit so merkwürdig vorgekommen war. Als Reid aus dem Zimmer rannte, machte die Kamera einen Schwenk und folgte seiner Bewegung. „Ich wusste doch, dass irgendwas nicht mit rechten Dingen zugeht! Ich kam nur nicht drauf! Und deshalb habe ich mir das Band immer wieder angesehen!”
„Wenn wir uns einen Film anschauen, sehen wir praktisch durch das Auge der Kamera. Wir akzeptieren Bilder, ohne darüber nachzudenken, weil wir uns so an die Kamerabewegungen gewöhnt haben.” Er stoppte das Video, schaltete die Geräte aus und wandte sich Rowena zu. „War das auf den anderen Videos auch so?”
Nach kurzer Überlegung musste sie verneinen.
„Das heißt also, dass Claudia zumindest bei einer dieser Aufnahmen einen Komplizen hatte.”
„Großer Gott!” Sprachlos saß Rowena da, während sich nun weitere
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