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Abschied aus deinem Schatten

Abschied aus deinem Schatten

Titel: Abschied aus deinem Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Vale Allen
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schutzlos ihr Leben als Heranwachsende mit ihrer Mutter und mit Claudia gewesen war.
    Er hingegen beschrieb seine eigenen Jugendjahre so, dass sie sich als wahre Idylle im Vergleich zu den ihren ausnahmen. Kaum war die erste Woche in der Bibliothek herum, hatte sich zwischen ihnen eine echte Freundschaft entwickelt, die mit den Jahren ständig enger geworden war, sodass sie zu dem Zeitpunkt, als Tim akut an AIDS erkrankte, beinahe alles voneinander wussten.
    Seit Claudias Beerdigung hatten Mark und Penny mehrere Nachrichten auf dem Anrufbeantworter hinterlassen. Voller Gewissensbisse über ihre Nachlässigkeit, besonders Mark gegenüber, der noch immer nicht über Tims Tod hinweg war, lud Rowena die zwei für den Donnerstag nach ihrem ersten Restaurantwochenende zum Essen in ihr Elternhaus ein.
    Während die drei vor dem Dinner im trostlosen Wohnzimmer an ihren Aperitifs nippten, musterte Penny Rowenas dunkelblaue Hose und den dazu passenden Kaschmirpullover. „Nettes Outfit”, bemerkte sie. „Neu?”
    „Nein. Von Claudia.”
    Penny rümpfte ein wenig die Nase, um anzudeuten, dass sie sich niemals dazu durchgerungen hätte, die Sachen einer Toten anzuziehen. „Du hast doch nicht etwa vor, in diese Bruchbude zu ziehen?”
    „Genau das überlege ich mir gerade”, entgegnete Rowena leicht pikiert. Gut, das Haus mochte etwas vernachlässigt wirken, doch als Bruchbude konnte man es beim besten Willen nicht bezeichnen.
    „Erinnert mich an diese Horror-Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe”, warf Mark ein. „
Der Untergang des Hauses Usher.”
Er lümmelte in einem der mit Schonbezügen versehenen Sessel, hatte seine Beine seitlich über eine der Armlehnen gehängt und schüttelte sich in gespieltem Entsetzen. „Die ganze Zeit warte ich darauf, dass das bucklige alte Faktotum im Türrahmen erscheint und ankündigt: Es ist serviert!”
    Rowena lachte.
    „Mal ehrlich!” Penny ließ nicht locker. „Hast du denn keine Angst, wenn du hier so ganz allein bist?”
    „Wovor sollte ich mich denn fürchten? Ich bin doch hier aufgewachsen!”
    „Weiß ich doch! Aber trotzdem …” Das Gesicht skeptisch verzogen, schaute Penny in die dunklen Zimmerecken. „Also, ich würde es verkaufen. Wahrscheinlich würdest du eine ganze Menge für den Kasten kriegen. Dafür könntest du dir was richtig Tolles anschaffen und hättest immer noch viel übrig.”
    „Na, ich weiß nicht.” Mark war anderer Meinung. „Es ließe sich aber auch renovieren. Also, ich würde den meisten Krempel hier der Heilsarmee vermachen, die Fußböden abschleifen, alles streichen lassen und Küche und Badezimmer anders einrichten. Hier und da ein paar neue Sachen, und das Haus sieht wunderbar aus. Und wenn du dann noch die Räumlichkeiten über der Garage in eine Einliegerwohnung umbauen würdest, zöge ich auf der Stelle ein, aber mit Kusshand! Man könnte eine sehr hübsche Wohnung daraus machen. Wink mit dem Zaunpfahl – du verstehst?”
    „Das ist mir auch schon durch den Kopf gegangen.”
    „Also, nun hör aber auf!” rief Penny ungeduldig. „Wozu willst du dir all diese Mühe machen? Übergib es einem Makler als renovierungsbedürftigen Altbau, und dann weg mit dem Ding! Übrigens – wieso arbeitest du eigentlich im Restaurant?”
    „Ian brauchte übergangsweise eine Aushilfe fürs Wochenende. Außerdem macht es Spaß.”
    „Wie übergangsweise ist es denn?” wollte Mark wissen. „Und bekommen wir denn jetzt, wo du doch der Boss bist, Gutscheine fürs Essen?”
    „Selbstverständlich! Aber ich springe nur für ein paar Wochenenden ein, bis wir eine neue Empfangskraft eingestellt haben.”
    „Wir? Willst du denn das Restaurant behalten?” Penny sah sie zweifelnd an.
    „Sicher!” Rowena hätte gern gewusst, warum Penny so negativ eingestellt war. „Ich müsste doch verrückt sein, wenn ich das Lokal schließen würde. Es läuft glänzend.”
    „Ich dachte nur, du würdest es verkaufen”, stellte Penny klar.
    „Das glaube ich nicht.”
    „Vor ein paar Jahren haben Tim und ich eines Abends mal versucht, dort einen Tisch zu bekommen”, erzählte Mark. „Wir hatten nicht reserviert, und Claudia tat so, als kenne sie mich überhaupt nicht, heuchelte mir vor, es täte ihr Leid, aber sie seien nun mal komplett ausgebucht. Dabei war es schon spät, und einige Tische waren frei. Ich hab es mir erspart, sie daran zu erinnern, dass wir uns mindestens ein halbes Dutzend Mal bei dir, Rowena, über den Weg gelaufen sind, sondern bin

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