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Abschied aus deinem Schatten

Abschied aus deinem Schatten

Titel: Abschied aus deinem Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Vale Allen
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ausgesuchten Tropfen keinen Fehler gemacht hatte. Erst dann endlich konnten die Flaschen mit Kips Hilfe geöffnet und der Wein, nachdem der Gast gekostet hatte, kredenzt werden. Kip spielte den Mundschenk derart gewandt, als habe er dies schon dutzende Male gemacht. Dass er Geschick bewies und an jeder Aufgabe wuchs, nahm Rowena erfreut zur Kenntnis, doch schon im nächsten Augenblick musste sie in fliegender Hast Neuankömmlinge willkommen heißen und zu den reservierten Tischen geleiten.
    Als Ian schließlich völlig durchnässt wieder auftauchte, war sie sehr erleichtert.
    „Tut mir schrecklich Leid, Rowena. Reifenpanne. Ich musste irgendwo auf der Landstraße anhalten und bei strömendem Regen den verdammten Reservereifen aufziehen! Alles in Ordnung sonst?” Besorgt schaute er sich um.
    „Alles im Griff, Ian. Sie holen sich am besten erst mal einen Kaffee und ruhen sich einen Augenblick aus.”
    „Meinen Sie? Einen Kaffee könnte ich tatsächlich gebrauchen. Vielen Dank.”
    „Gehen Sie ruhig! Kip spielt den Mundschenk und schlägt sich ausgezeichnet.”
    „Fixer Bursche!” Er fuhr sich mit der Hand über das regenfeuchte Haar. „Bin in fünf Minuten wieder da”, sagte er und verabschiedete sich Richtung Küche.
    Der Regen trommelte nun derart heftig, dass auch die Markise nichts mehr nützte. Die wenigen Unerschrockenen, die sich auf die Terrasse gewagt hatten, traten den Rückzug an und siedelten ins Lokalinnere um. Zum Glück war das Restaurant für den Abend nicht voll ausgebucht, sodass alle Platz fanden. Bis halb elf hatte sich der Gastraum dann endlich geleert, und die Angestellten begannen aufzuräumen. Das Küchenpersonal kümmerte sich um einen kleinen Imbiss für alle – eine Idee, auf die Rowena und Ian sich in der Woche zuvor geeinigt hatten und die bei den Angestellten großen Anklang fand. Die drei Hilfskellner deckten die Tische für den Lunch des folgenden Tages. Ian und Terry rechneten den Abendumsatz ab, und Mae und Doug teilten die Trinkgelder auf.
    Der leichte Imbiss war gerade verspeist, als das Licht ausging. Die Küchentür öffnete sich, und Amanda, wundersam von den Toten auferstanden, trug einen riesigen, mit Kerzen geschmückten Geburtstagskuchen herein. Man stimmte „Happy Birthday to you” an, und für einen kurzen Moment konnte Rowena an nichts anderes denken als an jene ominöse Überraschungsparty, die Claudia vor Jahren für sie arrangiert hatte. Das hier allerdings war ganz anders. Gerührt über die übergroße Mühe, mit der alle zum Gelingen der Überraschung beigetragen hatten, blies Rowena gehorsam die Kerzen aus und nahm strahlend das Geschenk entgegen, für das alle zusammengeworfen hatten: eine kleine, wunderbar gearbeitete Lalique-Schale. Mit Tränen in den Augen bedankte sie sich bei allen. Nachdem Ian zwei Flaschen Champagner herbeigezaubert hatte, legte Terry eine Kassette ins Kassettendeck, und schon ging die Party los.
    Um Mitternacht war Ian bereits ziemlich angetrunken. Er hatte seine sonst übliche förmliche Steifheit abgelegt und gab sich ziemlich leger. Nachdem er mit Mae eine kesse Sohle aufs Parkett gelegt hatte, ließ er sich neben Rowena auf den Stuhl sinken, hob das Glas und sagte: „Auf Claudia, die Zicke aller Zicken, wo immer sie jetzt sein mag.” Nachdem er das Glas in einem Zug geleert hatte, schlug er die Hand vor den Mund, wandte sich dann mit betretener Miene an Rowena und grinste verlegen. „Hoppla! ’tschuldigung, voll ins Fettnäpfchen getreten! Tut mir Leid, ehrlich. Ist wohl doch zu viel veritas in vino.”
    „Ist nicht schlimm, Ian.”
    „Doch!” Er schüttelte den Kopf, und für einen Augenblick fielen ihm fast die Augen zu. „Hassliebe, so ein Quatsch! Klar, sie war Ihre Schwester, aber trotzdem eine niederträchtige Ziege. Sie hat andere auf das Mieseste ausgenutzt. Völlig skrupellose Frau, überhaupt kein Herz, nichts. Ach herrje, fürchterlich rüpelhaft von mir, unverzeihlich! War ja Ihre Schwester! Blut ist dicker als Wasser. Soll nicht wieder vorkommen. Bisschen tief ins Glas geschaut, wissen Sie …”
    „Ich weiß, sie hat vielen übel mitgespielt. Ich mache mir keine Illusionen über sie.”
    Zu Tränen gerührt, tätschelte er ihren Arm. „Sie sind wirklich ’ne grundanständige Person, Rowena. Nichts für ungut! Bin ein wenig übers Ziel hinausgeschossen. Dürfte eigentlich nicht passieren, so was, aber da haben Sie’s. Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.”
    Rowena wollte ihn gerade

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