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Abschied in Dunkelblau

Abschied in Dunkelblau

Titel: Abschied in Dunkelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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eine gute Konstitution.«
    »Wird irgend jemand Ärger machen, weil ich hier über Nacht bleibe?«
    »Sie sind beide erwachsen. Sie sehen nicht aus wie ein Dummkopf, McGee. Sie sehen nicht aus wie so ein mörderischer Idiot, der versuchen würde, in diesem Zustand mit ihr zu schlafen. Ich vertraue Ihnen. Das spart Zeit. Aber falls jemand diese vorübergehende Regelung nicht gefallen sollte, ich habe sie empfohlen.«
    »Ich werde zuviel mit der Hausarbeit zu tun haben.«
    »Sie ist erschöpft. Ich glaube, sie wird jetzt lange schlafen. Aber es wäre schön, wenn jemand da wäre, wenn sie aufwacht.«

    Während sie tief schlief, sammelte ich die ganzen schmutzigen Kleider und Bettsachen ein. Ich brachte sie in die Stadt und gab sie ab. Ich kaufte Vorräte ein. Als ich zurückkam, lag sie immer noch beinahe genauso da und gab kurze, regelmäßige, kaum vernehmliche Schnarchlaute von sich. Es dauerte bis zum Einbruch der Dunkelheit, bis ich das große Haus auf Hochglanz gebracht hatte. Ich schaute immer wieder bei ihr rein.
    Einmal kam ich in ihr Zimmer, und sie gab einen Laut von sich wie einen geflüsterten Schrei. Sie setzte sich auf. Ich schaltete das Licht ein. Ihre Augen waren riesig und trübe.
    Ich hielt vorsichtshalber drei Meter Abstand zu ihr und sagte: »Ich bin Trav McGee. Sie sind krank. Dr. Ramirez ist hiergewesen und kommt morgen wieder. Ich bleibe über Nacht im Haus, also sind Sie vollkommen sicher.«
    »Ich fühle mich so weit weg. Ich habe überhaupt keine Träume gehabt. Es sei denn ... es sei denn, dies hier ist einer.«
    »Ich werde Ihnen eine Suppe machen und eine Tablette bringen.«
    »Ich will überhaupt nichts essen.«
    Ich sorgte für angenehmere Beleuchtung. Sie beobachtete mich dabei. Ich hatte nachgesehen, wo was aufbewahrt wurde. Ich fand ein schlichtes Nachthemd sowie einen Morgenmantel aus Hongkongseide und warf beides auf das Fußende des Bettes.
    »Falls Sie sich kräftig genug fühlen, Lois, machen Sie sich für die Nacht fertig, während ich eine Suppe koche. Das Badezimmer ist inzwischen sauber.«
    »Was geht hier vor? Wer sind Sie?«
    »Mutter McGee. Stellen Sie keine Fragen. Nehmen sie es einfach an.«
    Ich erhitzte die Dosensuppe, reicherte sie mit Sahne an und bereitete ihr eine Scheibe Buttertoast zu. Als ich zurückkam, saß sie aufgerichtet im Bett. Sie hatte das Nachthemd an, darüber eine Bettjacke. Ihr unordentliches, dunkles Haar hatte sie nach hinten gebunden, die letzten Spuren von Lippenstift weggewischt.
    »Ich bin wacklig auf den Beinen«, sagte sie mit mickriger, scheuer Stimme. »Kann ich etwas zu trinken haben?«
    »Das hängt davon ab, wie Sie mit Ihrer Suppe und dem Toast zurechtkommen.«
    »Suppe vielleicht. Aber keinen Toast.«
    »Können Sie alleine essen?«
    »Natürlich.«
    »Nehmen Sie die Tablette.«
    »Was ist das?«
    »Dr. Ramirez hat sie als leichte Beruhigungstablette bezeichnet.«
    Ich setzte mich in ihre Nähe. Sie löffelte die Suppe hinunter. Ihre Hand zitterte. Ihre Fingernägel waren sauber, aber zerbrochen. Ein alter Bluterguß an ihrem schlanken Hals war gelb geworden. Sie war sich zu sehr bewußt, daß ich sie beobachtete, also versuchte ich es mit seichtem Geplauder. Mit abstrakter Theorie von McGee. Mit meiner Touristentheorie. Jeder Bewohner von Ohio, der die Grenze zum Bundesstaat Florida überquert, sollte mit einer Blechbüchse ausgestattet werden, die hinten am Rücken befestigt wird. Alle neunzig Sekunden ertönt ein Klingelzeichen, und ein Eindollarschein taucht teilweise aus einem Schlitz oben auf der Büchse auf. Der nächststehende Einheimische entnimmt den Geldschein. Das würde die Frage nach dem richtigen Trinkgeld lösen. An Orten, wo Hunderte von Touristen aus Ohio sich zusammenscharten, würde ein andauerndes Geklingel ertönen.
    Es war nicht leicht, sie zu amüsieren. Sie hatte zu kurz davorgestanden, völlig zu zerbrechen. Das Beste, was ich erreichen konnte, war ein ganz kleines, flüchtiges Lächeln. Sie schaffte zwei Drittel der Suppe und zwei Bissen Toast. Ich stellte den Rest beiseite. Sie rutschte ein wenig nach unten und gähnte.
    »Und mein Drink?«
    »Später.«
    Sie wollte etwas sagen. Ihre Augen verschwammen und fielen zu. In wenigen Augenblicken stand ihr der Mund offen, und sie schlief. Im Schlaf war die intensive Anspannung von ihr gewichen, und sie sah jünger aus. Ich machte das Schlafzimmerlicht aus. Eine Stunde später klingelte das Telefon. Jemand wollte uns einen attraktiven Bauplatz in Marathon Heights

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