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Abschied in Dunkelblau

Abschied in Dunkelblau

Titel: Abschied in Dunkelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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ausnutzen können, wie sie uns mehr abverlangen können, als wir geben wollen, bevor wir wissen, was wir dagegen tun sollen.« Sie zog die Stirn kraus. »Und sie scheinen instinktiv ganz genau zu wissen, wie sie mit unserem heimlichen Wunsch umgehen sollen, beherrscht zu werden. Ich wollte mir hier unten mein eigenes Leben aufbauen, Trav. Ich war einsam. Ich versuchte, freundlich zu sein. Ich wollte irgendwo dazugehören.«
    Ramirez kam am frühen Nachmittag vorbei, gerade, nachdem ich sie geködert hatte, mehr zu essen, als sie glaubte, essen zu können. Er untersuchte sie gründlich.
    »Nicht mehr ganz so kurz vor der Hysterie«, sagte er mir. »Ein komplizierter und verwickelter Organismus, McGee. Alle körperlichen Reservekräfte waren aufgebraucht. Nur die Nerven hat sie nicht ganz verloren, aber mit denen ist sie auch beinahe am Ende. Vielleicht sollten wir ihnen jetzt etwas Ruhe gönnen. Man glaubt es kaum, aber es steckt noch beachtliche Lebenskraft in ihr.«
    Ich erzählte ihm von meiner Kontaktaufnahme mit der Familie und von dem Ringkampf mitten in der Nacht.
    »Sie könnte sich wieder stark aufregen, das nächste Mal vielleicht nicht ganz so sehr.«
    »Wie wäre es mit einem Sanatorium?«
    Er zuckte die Schultern. »Falls Sie genug haben, ja. Aber so ist es besser für sie. Ich glaube, auf diese Art kommt sie schneller wieder auf die Beine. Aber sie könnte gefühlsmäßig von Ihnen abhängig werden, besonders, wenn sie lernt, sich ihren Kummer von der Seele zu reden.«
    »Sie hat schon angefangen zu erzählen.«
    Er schaute mich scharf an. »Merkwürdig, daß Sie das alles für sie auf sich nehmen.«
    »Mitleid, nehme ich an.«
    »Eine der schlimmsten Fallen überhaupt, McGee.«
    »Womit muß ich rechnen?«
    »Ich glaube, je mehr sie sich von ihrem Zusammenbruch erholt, desto ruhiger, lustloser und schläfriger wird sie werden. Und um so abhängiger.«
    »Sie haben gesagt, man sollte sie von hier wegbringen.«
    »Ich werd’ sie mir morgen noch mal ansehen.«
    An diesem Donnerstag nachmittag türmten sich Gewitterwolken auf, und nach einer langen, heißen Stille setzte der Wind ein, und der Regen krachte herunter. Das Geräusch des Regens versetzte sie in Angst und Schrecken. Sie hörte hundert Leute durcheinanderreden und miteinander lachen, als ob eine riesige Cocktailparty die restlichen Zimmer des sterilen Hauses mit Menschen füllen würde. Sie regte sich so sehr auf, daß ich ihr eine zweite Beruhigungstablette gab. Nach Einbruch der Dunkelheit wachte sie auf, die Laken und der Matratzenschoner waren durchgeschwitzt. Sie behauptete, sie fühle sich kräftig genug, eine Dusche zu nehmen, während ich das Bett frisch machte. Ich hatte gerade den letzten Satz saubere Bettwäsche gefunden, da hörte ich, wie sie mit schwacher Stimme nach mir rief. Sie kauerte nackt und naß am Badezimmerboden, bleich wie der Tod. Ich packte sie in einen dicken, gelben Frotteemantel, rubbelte sie trocken und warm und brachte sie dann ins Bett. Sie klapperte mit den Zähnen. Ich brachte ihr heiße Milch. Es dauerte lange, bis ihr wieder warm wurde. Ihr Atem roch säuerlich nach Krankheit. Sie schlief bis elf, dann aß sie ein bißchen und redete ein bißchen. Sie wollte beim Reden das Licht aus haben und ihre Hand in meine legen. Nähe. Trost.
    Dann hörte ich mehr über die Geschichte. Eine ungefähre Zusammenfassung. Sie hatte gedacht, Junior Allen sei für immer weggegangen, aber er war mit einer strahlenden Yacht zurückgekehrt, trug brandneue Freizeitklamotten und trat merkwürdig bescheiden auf, entschuldigte sich und legte Wert darauf, von ihr geachtet zu werden. Sie hatte ihm gesagt, er solle Weggehen. Sie schaute immer wieder aus dem Fenster und sah, wie er da trostlos auf seinem neuen Boot in seinen neuen Kleidern saß. Und als die Abenddämmerung anbrach, war sie auf den Bootssteg hinausgegangen, hatte eine weitere, wortreiche Entschuldigung über sich ergehen lassen und war dann an Bord gegangen, um die Kreuzyacht zu besichtigen. Als er sie erst einmal an Bord und unter Deck hatte, war er wieder ganz der alte Dauerlächler, grob und ungestüm, und vergewaltigte sie. Sie setzte sich lange zur Wehr, aber er war geduldig. Niemand konnte sie hören. Schließlich ließ sie ihn gewähren, in einer furchtbaren Lethargie gelähmt, auch, weil sie wußte, daß er nicht ganz zurechnungsfähig war, und weil sie glaubte, damit hätte es ein Ende. Aber das war nicht der Fall. Er behielt sie zwei Tage und zwei Nächte an

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