Abschied in Dunkelblau
»Ich bin betrunken von meiner Macht. McGee, das Phantom, schlägt wieder zu. Junior Allen ist ein dummer, gerissener Mann. Und McGee wird ihn außer Gefecht setzen.«
Sie schaute besorgt. »Liebling, er ist ein ganz schrecklicher Mann.«
»Und ich bin in meinem gerechten Zorn noch viel schrecklicher. Wie macht sich dieser drohende Blick?«
»Beeindruckend.«
»Keine Haare im Spülbecken, und die Butter hast du auch weggestellt.«
Sie guckte wie eine Eule. »Sind wir jetzt verlobt?«
»Frag mich wieder, nachdem wir diesen einfallslosen, einfältigen, schlauen Burschen unschädlich gemacht haben.«
Sie schluckte. »Wir?«
»Du mußt mich ein ganz klein wenig unterstützen.«
Sie schluckte noch einmal. »Und dieses ganze Theater, das du da aufführst, soll mir wohl Selbstvertrauen einflößen?«
»Tut es das nicht?«
»Nicht besonders gut.«
»Keinerlei Gefahr für dich.«
»Du weißt doch, was sein bloßer Anblick angerichtet hat.«
»Ich weiß, Lois. Er ist aber gar nicht so unheimlich. Böse, aber nicht unheimlich. Schlau, aber nicht allwissend. Wenn er erst einmal das Gleichgewicht verloren hat, wird er außer Balance bleiben und schwer zu Fall kommen. Und die Polizei wird ihn einbuchten.«
Sie saß blaß und nachdenklich da. »Was soll ich tun, Trav?«
In der heißen, blauen Abenddämmerung saßen wir gemütlich zu dritt im geräumigen Cockpit der Play Pen: der freundliche, alte Dads Allen mit dem kantigen Kinn und den faltigen Augen in seinen makellos weißen Sachen, Deeleen träge dahingefläzt in sehr kurzen Shorts mit niedriger Gürtellinie und einem engen Halter, der ihren Brüsten einen verblüffenden Aufschwung verlieh, und McGee, der Furchtlose, in hellblauen Jeans und einem alten, grauen Sporthemd. McGee mit einer kurzen, dicken Brechstange an sein Bein geheftet und mit einem alten, weißen Seidenstrumpf in der Tasche, in die Zehen eine kräftige Ladung Schrot eingeknotet.
Eine der Stunden des Tages, die sich so hinschleppten. Deeleen gähnte und sagte: »Patty müßte jeden Moment kommen.« Sie kratzte sich faul am Bauch, und ihre Fingernägel machten ein flüsterndes, fleischiges, sinnliches Geräusch. »Wie wär’s, wenn Trav mit uns kommt, Liebster?«
»Ich weiß nicht, ob ich das wirklich möchte«, sagte ich.
Dee kicherte. »Er will sich Patty erst noch mal ansehen, hm?«
»Noch haben wir ihn nicht eingeladen«, meinte Junior Allen.
»Was ich da drüben tun möchte«, sagte Deeleen, »ich möchte einen von diesen Eimern haben mit Glas am Boden, und dadurch schaut man sich die Korallen und die Fische und all das an. Und ich will in Nassau einkaufen gehen. Gehst du mit mir ein bißchen einkaufen, Liebster?«
»Mehr als du brauchen kannst«, sagte er, sein Lächeln weiß in der Nacht. Lichter reflektierten auf dem ruhigen, schwarzen Wasser des Kanals am Deich entlang. Zwei verschiedene Arten von Musik schmolzen in der lauen Nacht ineinander.
»Jesses, ich wünschte, wir könnten heute nacht noch los, sobald Patty da ist«, sagte sie.
»Wie kommt sie denn überhaupt hierher?« fragte ich.
»Sie nimmt ein Taxi, wie als ob sie zum Busbahnhof gehen wollte, aber das macht sie nicht«, erklärte Dee. Sie hielt ihr Glas schräg. Das Eis klapperte gegen ihre Lippen. Ich hatte versucht auszurechnen, wie lange ein Drink hielt, und dieses Mal waren ihr Glas und meines gleichzeitig leer, während Junior Allens Glas noch mehr als halbvoll war. Ich stand auf, nahm ihr das Glas ab und fragte: »Ist es recht, wenn ich noch zwei mixe?«
»Mach nur«, sagte er.
Ich ging nach unten. In der Kombüse brannte Licht. Blitzblanke Kombüse. Perlweißes Porzellan. Putzwütiges Schiff. Ich gab ihr einen kräftigen Schuß und hoffte, der würde den anderen Geschmack überdecken. Drehte die zwei Kapseln auf, kippte das Pulver hinein, rührte um. Ein kraftvolles Barbiturat. Selbst zusammen mit dem Schnaps war ich mir sicher, es würde ihr nichts tun. Sie war ein junges und gesundes Tier. Fünfzehn Minuten, nachdem sie das getrunken hatte, würde sie unerträglich schläfrig werden. Es würde sie für vierzehn Stunden betäuben, die nächsten zwei Tage würde sie matt und teilnahmslos bleiben. Ich fragte mich mit einer gewissen Ironie, ob das nicht genau das war, was Junior Allen mit ihr vorgehabt hatte, und ich ihm nur zuvorkam. Vielleicht hatte er aber auch beschlossen, sie würde eine willige Komplizin abgeben.
In mein Glas tat ich keinen Schnaps.
Sie bedankte sich leise, als ich ihr das Glas gab.
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