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Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Titel: Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Boscher
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Vater musste lachen: »Aber du wirst trotzdem nicht drumrum kommen, Mutter hat einen Narren an ihm gefressen.« Mit den Worten: »Dann soll sie doch selbst hingehen!« schloss ich die Motorhaube, »Es heißt doch immer, wenn einer einen Knall hat, dann läge das an der Mutter.« In diesem Punkt verstand mein Vater keinen Spaß: »Red du nicht so von deiner Mutter!« Wenn einer sie beschimpfen durfte, dann er. Und so war das Gespräch beendet. Nun, um die Treffen mit unserem Schulpsychologen bin ich dann doch herumgekommen, und dann lernte ich an einem Freitagabend in der Diskothek Maria kennen, und ich hatte das ganz starke Gefühl, dass dieses Mal nicht nur der Erfolg, sondern auch das Glück auf meiner Seite sein würde.
     
    4.
     
    Es war zur Zeit meiner Abitur-Vorbereitungen. Maria studierte schon, sie hatte sich den Herbst, bevor ich sie kennenlernte, in Wuppertal an der Universität eingeschrieben. Aber sie war auf Heimaturlaub, besuchte ihre alte Stammdisco und dort im überdachten Innenhof saß sie mir an einem Tisch plötzlich gegenüber. Oder vielmehr saß sie zunächst einfach nur am gleichen Tisch, ohne dass ich sie bemerkt hätte. Nicht, dass sie keine bemerkenswerte Erscheinung gewesen wäre, aber ich war vertieft in meinen kleinen Notizblock, den ich auch zu jener Zeit mit Beobachtungen und Reflexionen füllte.
    » So so, da beehrt also ein Schriftsteller diesen Tempel des flachen Vergnügens!«, sprach sie mich spöttisch lächelnd an. »Nein!«, gab ich zurück, »ein Schriftsteller bin ich noch nicht, aber ich will einer werden, jetzt schreibe ich nur so für mich, vor mich hin!«
    » Man ist Schriftsteller oder ist es nicht, egal für wen, oder ob man schreibt«, wand sie ein, schon nicht mehr spöttisch, sondern freundlich lächelnd.
    Die Nacht verbrachte ich bei ihr in der alten Einliegerwohnung im Haus ihrer Eltern. Die erste Nacht, die ich – abgesehen von Klassenfahrten – nicht zu Hause schlief. Bei einer Tasse Kaffee am Morgen danach meinte Maria, es sei eigentlich nicht ihre Art, jemanden gleich in der ersten Nacht mit zu sich zu nehmen. Ja, sagte sie, eigentlich sei es schon länger her, dass sie überhaupt mit jemandem die Nacht habe verbringen wollen.
    Maria wollte mich unbedingt wiedersehen. Sie hoffe für mich mehr sein zu können als nur die einnächtige Muse eines werdenden Schriftstellers , wie sie es, sich nun doch meinem Gedanken anschließend, formulierte. Endlich schien sich mein lang gehegter Wunsch nach einer Beziehung zu erfüllen, und so verblieben wir an diesem Morgen, dass ich sie gleich am nächsten Freitagabend in Wuppertal besuchen würde. Das wäre ja mit dem Auto wirklich nur ein Katzensprung, fand ich.
    Ja, mit dem Auto, aber da hatte ich die Rechnung ohne meine Mutter gemacht. Denn als ich am frühen Nachmittag in mein Elternhaus zurückkehrte, stürmte sie mir gleich entgegen: »Wo bist du gewesen?« Ihre rot geweinten Augen sprühten Blitze, »Ah, du brauchst gar nichts zu sagen, ich riech’ schon, was du getrieben hast!« Ich hatte noch nicht geduscht. Bevor ich etwas erwidern konnte, kam mein Vater aus der Stube: »Wie kannst du deine arme Mutter nur so in Angst und Schrecken versetzen?«, und versetzte mir die heftigste Ohrfeige meines Lebens. Und weil meine Mutter prompt wieder in Tränen ausbrach, schob er gleich die zweitheftigste Ohrfeige meines Lebens hinterher: »Sie hat sich solche Sorgen gemacht!«
    Dann konfiszierte Mutter meine Autoschlüssel und die Fahrzeugpapiere. Ein Blick in die Augen meines Vaters genügte, um zu erkennen, dass ich von ihm keine Rückendeckung zu erwarten hatte und es besser sei, mich ohne Widerrede in mein Zimmer zu verziehen und ein wenig Gras über die Sache wachsen zu lassen. Schließlich heißt es doch: Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird .
    Der Zeitraum, den ich im Blick gehabt hatte, um das Gras wachsen zu lassen, sollte natürlich spätestens am Freitagnachmittag sein Ende gefunden haben. Erfahrungsgemäß ließ sich der Hausfrieden normalerweise recht schnell wieder herstellen, wenn ich ein ganz lieber Sohn war, die Arbeiten erledigte, um die mich meine Mutter im Laufe der Zeit gebeten und die ich aus anders gelagertem Interesse liegen gelassen hatte. Und vor allem meinem Vater aus dem Weg ging. Aber dieses Mal lagen die Dinge anders.
    Meinen Eltern war mit allem guten Willen, den ich an den Tag legte, nicht beizukommen. Ich musste morgens – wie als Kind – mit dem Fahrrad zum Bahnhof fahren, um

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