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Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Titel: Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Boscher
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Botulismus-Intoxidation gestorben waren. Einer Lebensmittelvergiftung. Man teilte mir das Ergebnis nicht einfach nur mit, sondern holte mich mit einem Krankenwagen ab, denn schließlich konnte es sein, dass ich mich ebenfalls mit diesem Bakterium infiziert hatte. Und tatsächlich hatte ich jenes Gift in mir, an dem am Niederrhein – wie man mir sagte – jedes Jahr Tausende von Vögeln (von Wasservögeln bis zu Hühnern) verenden würden. Da hätte ich ja wirklich Glück im Unglück gehabt, hieß es, als die eingeleiteten Gegenmaßnahmen fruchteten. Zwar sei Botulismus bei Menschen in Europa mittlerweile sehr selten, aber leider käme er manchmal eben doch vor und dann sei der Verlauf meistens letal.
    Befragt nach den Nahrungsmitteln, die ich in den letzten Stunden zu mir genommen hatte, war es nicht schwer, den Sauerbraten als den Infektionsherd zu identifizieren. Die Untersuchung meines Elternhauses ergab dann, dass sowohl Kühlschrank als auch Kühltruhe verseucht waren. Wir hätten da ein ziemliches hygienisches Problem gehabt, erklärte man mir.
    Auch für die soziale Phantasie erwies sich das Botulismus-Bakterium als höchst ansteckend. Menschen, die meine Mutter nur vom Hörensagen kannten, meinten auf einmal zu wissen, wie es in ihren Schränken ausgesehen hatte: Kraut und Rüben sag’ ich nur! Aber was soll man sich darüber aufregen. Gegen Gerüchte ist noch kein Kraut gewachsen. Und mich ließ man in Ruhe. Ich spürte zwar die Blicke in meinem Rücken, wenn ich einkaufen ging, aber was mir zu Ohren kam, war voller Anteilnahme. Einmal beim Edeka an der Fleischtheke erhaschte ich ein Armer Junge, ganz allein, wie er wohl zurechtkommt?
    Nun, ich kam gut zurecht. Meine Eltern hatten es mir so leicht gemacht, wie es eben ging. Es fand sich ein Testament, welches penibel alle Aktiva und Passiva des Erbes auflistete. Die entsprechenden Papiere waren fein säuberlich abgeheftet, so dass ich ohne größere Probleme die entsprechenden Gänge tun und Formalitäten erledigen konnte. Sie waren wirklich vorausschauend gewesen, meine Eltern. Sie hatten eine Lebensversicherung abgeschlossen. Außerdem waren sie schuldenfrei, hatten einige Bausparverträge laufen und Haus mitsamt großzügigem Grundstück so gut in Schuss gehalten, dass ich nach Ablauf einer gewissen Trauerzeit einen guten Preis dafür erzielen konnte. Somit bin ich bis heute, dank geringer Ansprüche und fruchtbringender Anlage, bestens versorgt und kann mich, ohne mir über das Geld Gedanken machen zu müssen, um die wirklich wichtigen Dinge kümmern.
     

Zwischenbemerkung
     
    K. hatte mir beinahe jeden Tag einen Brief mit neuen Seiten geschickt, auf Post-its mit persönlichen Nachrichten hatte er verzichtet. Nur sein erster Brief, den ich einen Tag, nachdem ich am Niederrhein angekommen war, im Briefkasten meiner Eltern vorfand, enthielt auf der ersten Seite seiner maschinengeschriebenen Aufzeichnungen eine handschriftliche Nachricht: »Ein herzliches Willkommen Herr Boscher in der Heimat!« Er beobachtete mich und mein Elternhaus also.
    Ich wich meiner Mutter, sobald sie aus dem Haus ging, nicht von der Seite. Bei meinem Vater, auch im Alter noch von stattlicher, Respekt einflößender Statur, ging ich davon aus, dass er auf sich selbst aufpassen konnte. Was erwartete ich? Einen düster aussehenden Kerl, der hinter einer Ecke lauert? Der im Edeka plötzlich hinter der Kühltheke hervorspringt und sich auf uns stürzt? Nichts dergleichen passierte. Eine Woche lang geschah überhaupt nichts.
    Also nahm ich mir die Aufzeichnungen in der Hoffnung vor, Hinweise auf die wahre Person von K. zu erhalten. Ich las die Beschreibungen des Ich-Erzählers von seiner Kindheit am Niederrhein. Wenn ich wusste, dass meine Mutter daheimblieb, suchte ich die Orte auf, von denen K. schrieb. Paulsenkreuz. Das Brigittenhäuschen. Ja, wie es der Zufall wollte, wurde bei uns im Dorf sogar das alle fünf Jahre stattfindende Schützenfest gefeiert (oder hatte K. dies geplant? Denn als ich ihn gefunden hatte, sagte er im Laufe unseres Gesprächs vorwurfsvoll: »Sie hätten mich zum Umzug fahren können, wenn Sie schneller gelesen hätten«). Ich besuchte den Umzug am Sonntag, den Galaabend am Montag. Zwar hatte ich manchmal den Eindruck beobachtet zu werden, aber wie sich jedes Mal herausstellte, waren es nur alte Bekannte, die sich freuten, mich zurück im Dorf zu sehen.
    Doch dann geschah es. Ich folgte K.s Ich-Erzähler nach Wuppertal, ärgerte mich wieder über so manche

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