Abschied nehmen
ließ.
Irgendwann hielt er schließlich an, ließ sich ohnmächtig zu Boden gleiten und kniete dort in der nassen Erde nieder. Mit einer Hand umklammerte er den kleinen Lederbeutel, den er stets um seinen Hals trug und die andere hatte er zur Faust geballt.
„Warum?“, schrie er aus vollem Halse gegen den Donner an und seine Faust sauste auf die Erde nieder. Dreck spritzte hoch und resigniert verharrte seine Hand auf der durchweichten Erde. „Warum nimmst du nicht stattdessen mich?“, fügte er dann noch flüsternd hinzu, sodass ihn die näher kommenden Marcus und Robert nicht hören konnten.
Sie hatten in ein paar Fuß Entfernung gewartet und nun stiegen sie von ihren Pferden ab, knieten neben ihrem Freund nieder und Marcus legte den Arm um ihn.
„Warum, Marcus?“, flüsterte er wieder, ließ die Schultern hängen und sah seinen Freund mit einem flehenden Blick an, so als könnte ihm die Antwort die gewünschte Erlösung bieten. Dabei kostete es ihn seine ganze Kraft die Tränen, die aus ihm herauszuströmen drohten, zurückzuhalten, denn diese Schwäche konnte und wollte er sich nicht erlauben. Er wusste, dass sein Vater dies nicht gern gesehen hätte und dies war seine Art, ihm die letzte Ehre zu erweisen. „Ich dachte, ich hätte genug gebüßt aber ihm scheint es noch immer nicht zu reichen“, sagte er mit gerunzelter Stirn und deutete gen Himmel.
Marcus brach das Herz, als er seinen Freund so sah und er flehte zu Gott, er möge ihn nicht wieder in diese Trostlosigkeit fallen lassen.
„William, es war nicht deinetwegen! Gott will dich damit nicht strafen“, sprach er alarmierend auf ihn ein und vergrub seine großen Finger in Williams Schulter. „Es ist so gekommen, wie es kommen sollte und es hatte nichts mit dir zu tun.
Der Augenblick für deinen Vater war einfach da und selbst wenn all das nicht geschehen wäre, hätte Gott ihn sicherlich trotzdem zu sich geholt!“, sprach Marcus voller Überzeugung. Doch wie erwartet, hatte William kein Einsehen und schüttelte lediglich den Kopf.
„Marcus hat Recht“, kam Robert seinem Freund zur Hilfe. „Du hast deinen Fehler, wenn man ihn überhaupt so nennen kann, längst wieder gut gemacht. Sieh doch, wie viel Gutes du seit diesem Überfall getan hast. Gott straft dich nicht, er hat keinen Grund dafür, William“, redete Robert auf ihn ein, doch William reagierte lediglich mit einem Seufzer.
Er wusste nicht, ob sie Recht hatten oder nicht, er wusste nur, dass ganz gleich, was sie sagten, dies im Augenblick seine Trauer nicht zu lindern vermochte. Weiterhin bekämpfte er die aufsteigenden Tränen und stellte schließlich die Frage, die ihn von Beginn an beschäftigte.
„Was ist mit …?“ Ihr Name blieb ihm im Hals stecken und er griff lediglich an den ledernen Beutel.
„Amy?“, vollendete Marcus sanft und William nickte lediglich und sah mit einem herzzerreißend traurigen Blick zu seinem Freund auf.
„Für sie ist gesorgt. Dein Freund Jamie ist zu ihr gezogen und er lässt dir versichern, dass er sie nie im Stich lassen wird und dafür sorgen wird, dass sie weder dich noch deinen Vater jemals vergessen wird.“ William schlug die Hände vors Gesicht, während Marcus sprach, um seine schmerzverzerrte Miene zu verbergen. „Er lässt dir auch ausrichten, dass sie dich sehr vermissen und dass nicht nur sie, sondern auch dein Vater bis zum letzten Augenblick mit seinen Gedanken bei dir war“, endete Marcus, und auch wenn ihn die Nachrichten von zu Hause noch mehr aufwühlten, schaffte William es, durch seine ständige Mahnung zur Disziplin auch jetzt seine Tränen zurückzuhalten und die Beherrschung über seine Gefühle nicht zu verlieren.
„Ich wäre gern bei ihm gewesen, als er starb“, durchbrach er nach einer Weile das Schweigen. Seinen betrübten Blick hatte er zu Boden gewandt und seine Stirn in Falten gelegt. „Er ist gestorben, ohne die Gewissheit zu haben, was mit mir geschehen ist und was mit Amy geschehen würde“, fügte er noch hinzu und der Gedanke an seine Schwester wollte ihn schier zerreißen. Der Tod seines Vaters war für ihn vor allem ihretwegen so schwer anzunehmen. Er hatte Amy zur Weise gemacht und er als ihr Bruder, der Einzige, der ihr noch geblieben war, konnte nicht zu ihr, um sich um sie zu kümmern.
„William, gräm dich nicht. Dein Vater hatte zwar nicht die Gewissheit über
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