Abschied nehmen
Ewan, den Sohn von Duncan, dem Stallaufseher, ließen sie in das Gewölbe.
Doch auch die ließen sie noch nicht an ihren wertvollen Whisky. Sie dienten eher als Handlanger, auch wenn sie sie nicht beliebig ausgewählt hatten. Denn irgendwann sollten sie das Handwerk von ihnen erlernen und so hatten die beiden Männer sorgfältig darauf geachtet, dass ihre Helfer sowohl das Interesse als auch das gewisse Talent mitbrachten. Dieses hatten sie an ihrem ersten Tag demonstrieren, seit dem jedoch nicht wieder anwenden dürfen.
„Und wie kommt ihr voran?“
„Dougal fehlt uns zwar, aber wir bewerkstelligen es auch ohne ihn. Jetzt schaffen wir erst ein wenig Platz und wenn wir damit beginnen die Geräte zu säubern und vorzubereiten, müsste er wieder hier sein. Und du …“ Robert wurde plötzlich von einem lauten Gepolter hinter ihnen unterbrochen und alle drei wandten sich in die Richtung, aus der die Geräusche kamen.
Hamish kniete am Boden und an seinen beiden Seiten rollte jeweils ein Fass von ihm fort. Sein Gesicht glühte vor Scham, und während er hinter den Fässern her krabbelte, erklang Malcolms und Ewans Gelächter.
„Lass es lieber, Kleiner. Dafür musst du noch ein wenig wachsen“, sagte Malcolm zu ihm im Vorbeigehen und verpasste dem Jungen einen nicht sehr schmerzhaften jedoch geräuschvollen Schlag in den Nacken, was die Röte in Hamishs Gesicht noch verstärkte. Dann schlenderte er weiter und nahm jeweils ein Fass unter jeden Arm und brachte sie mühelos in die andere Ecke des Raumes.
„Der arme Hamish, er ist ganz schön verknallt in dich, Kate“, gab Alec mit einem Augenzwinkern zu bedenken und Kate seufzte lächelnd.
Bereits seit Wochen ging das so. Hamish, der sich mit seinen vierzehn Jahren plötzlich für Frauen interessierte, hatte sich in Kate verliebt und versuchte sich stets in ihrer Nähe zu beweisen. Er dachte, dass er trotz seines Alters eine Chance hätte, wenn er ihr nur beweisen könne, dass er ein ernst zu nehmender Mann war.
Doch Hamish hatte die Ungeschicklichkeit eines verliebten Vierzehnjährigen an sich und selten gelang es ihm das Verhalten seiner älteren Vorbilder, ohne peinliche Zwischenfälle zu kopieren. Er ließ stets etwas fallen oder stolperte und belustigte damit die Burgbewohner, die über seine Gefühle für Kate Bescheid wussten.
Kate fand sein Verhalten zwar irgendwie süß, doch er tat ihr auch sehr leid, vor allem in diesem Augenblick als Malcolm und Ewan sich trotz der Tatsache, dass sie zwei Jahre älter waren als Hamish und somit auch reifer hätten sein müssen, gnadenlos über ihn lustig machten.
„Es wäre, glaube ich besser, wenn ich nun gehe“, sagte sie mit einem mitfühlenden Blick auf Hamish.
„Aye, das denke ich auch. Ich weiß nicht, inwieweit mein Sohn diese Demütigung vor der Frau seines Herzens verkraftet“, gab Robert zurück und rieb sich lächelnd das stoppelige Kinn.
Daraufhin verabschiedete Kate sich und ging an ihre Arbeit. Während sie sich entfernte, vernahm sie noch Alecs donnernde Stimme, die die beiden jungen Männer zurechtwies, sich endlich wieder ihrer Arbeit zuzuwenden.
Es verging eine Weile, während der sie nichts weiter hörte als die Geräusche der Fässer, die verrückt oder irgendwo abgestellt wurden, bis Willies Stimme, die ihren Namen rief, an ihre Ohren drang. Er machte absichtlich so viel Lärm, denn er hatte Angst vor der Dunkelheit des Kellers und versuchte sie mit seinen lauten Rufen zu vertreiben.
„Ich bin hier im Vorratsraum“, rief Kate ihm zu und schon bald tauchte er auf.
Wenn der kleine Junge schon hier herunterkam, musste es sich um etwas Wichtiges handeln und tatsächlich kam er ihr ganz aufgeregt vor.
„Sieh nur, Kate, was ich hier habe“, rief er und streckte ihr den Gegenstand in seiner Hand entgegen.
Sein Gesicht strahlte vor Freude und seine mit Sommersprossen übersäte Nase kräuselte sich unter seinem Lächeln. Kate nahm den Gegenstand in die Hand und sah ihn sich genauer an.
Es war ein Klappmesser, dessen Klinge im Griff verborgen lag. Sie klappte es auf und das Licht der Fackel an der Wand spiegelte sich in der glänzenden und leicht gebogenen Klinge. Der hölzerne Griff war mit einer Kampfszene verziert; zwei fremd gekleidete Männer bedrohten mit hoch erhobenen Speeren ein Tier, das sie noch
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