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Abschied nehmen

Abschied nehmen

Titel: Abschied nehmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Miskull
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„Oje, der arme Duncan, aber warum geht er denn nicht direkt zu Lilidh? Du hast ihm doch sicher gesagt, wo sie ist.“
         „Aye, das habe ich. Er wollte lediglich Billy Bescheid geben, dass er eine Weile nicht da sein wird, “ erwiderte Kate, schien äußerst zufrieden mit sich und ihrem, wie sie dachte, gut gelungenen Täuschungsmanöver und William musste sich erneut ein Grinsen verkneifen.
         Stattdessen legte er die Stirn in Falten und blickte skeptisch zum Stall hinüber.
         „Hm, komisch, so groß ist der Stall doch nicht, dass er so lange braucht. Vielleicht gehe ich mal nach ihm sehen.“ Er setzte sich bereits in Bewegung, als Kate leicht in Panik nach seinem Arm griff.
         „Nein, das brauchst du nicht!“, hielt sie ihn zurück und biss sich auf die Zunge, als sie bemerkte, dass ihre Reaktion ein wenig zu hastig gewesen ist.  
         „Aber stell dir doch nur vor, er liegt dort drinnen allein am Boden und windet sich vor Krämpfen! Da kann ich ihn doch nicht allein lassen!“
         William versuchte sich von ihr zu lösen, doch Kate ließ es nicht zu. Verdammt, fluchte sie in Gedanken, ließ resigniert die Schultern hängen und seufzte. „Bleib hier, William. Duncan geht’s gut.“
         „Aber wie kannst du dir da so sicher sein! Er stirbt vielleicht, wenn ich ihm nicht helfe!“, rief er, packte sie an den Schultern und schüttelte sie mit einer solch theatralischen Dramatik, dass Kate begriff, was hier vor sich ging.
         William ließ von ihr ab und sie grinsten einander an.
         „Also noch mal, was wollte Duncan von dir?“
         „Es ging um das Beschlagen der Pferde“, sagte sie leise und blickte ihn zerknirscht an. „Er wollte wissen, ob er noch warten muss oder ob Tom in den nächsten Tagen einen Tag dafür erübrigen kann.“
         „Und warum hast du mir das nicht gleich gesagt?“, fragte er mit einem liebevollen Lächeln.
         „Du weißt warum.“
         William nahm ihre Hand. „Aye, ich weiß aber es ist nicht notwendig, Rücksicht auf mich zu nehmen. Ich hätte mir denken müssen, dass die Leute mir nicht von jetzt auf gleich ihr vollstes Vertrauen entgegenbringen. Das ist nur natürlich.“
         „Es tut mir trotzdem leid“, entgegnete sie mit einem bedauernden Lächeln und strich über seinen Arm.
         „Das muss es nicht, mein Herz.“ William war nicht enttäuscht, eher ein wenig belustigt über seine Naivität. „Ich habe heute Morgen schon gemerkt, dass ich irgendwie zu viel Ruhe hatte, während ich die Bücher führte, ich kam aber erst darauf, woran es lag, als ich dich mit Duncan sah. Na ja, ich werde wohl abwarten müssen und hoffen, dass sich das noch ändert, aye?“
         „Ich glaube eine andere Wahl bleibt dir nicht“, erwiderte Kate beruhigt über die Leichtigkeit, mit der William dies aufnahm und sie wechselten das Thema.
        
         Doch auch in den nächsten Tagen wandten sich die Burgbewohner, wenn sie Rat suchten oder eine Entscheidung getroffen werden sollte, lieber an Lilidh und Kate statt an William. Teilweise war es die Gewohnheit, die sie mit ihren Fragen zu den beiden Frauen führte, doch einige hatten auch tatsächlich Bedenken, ob William ihnen die Hilfe bieten könnte, die sie benötigten. Immerhin lebte er erst seit ein paar Monaten hier in der Burg und hatte sicher nicht die Erfahrung, die Kate und Lilidh mitbrachten. Und niemand hatte Zeit und Lust Versuchskaninchen zu spielen, um sich von Williams Fähigkeiten zu überzeugen.
         Erst am Sonnabend blieb ihnen keine andere Wahl, als sich an ihn zu wenden, denn dies war der Tag, an dem er an Marcus’ Stelle im großen Saal Gericht halten sollte. Alle vier Wochen fand der Gerichtstag statt, an dem Marcus Auseinandersetzungen schlichtete, die seine Leute entweder nicht allein lösen konnten oder wollten, an dem er zwischen seinen Clansmitgliedern vermittelte und an dem er Strafen verhängte. Und da keiner von ihnen mit seinen Angelegenheiten vier weitere Wochen warten wollte, bis Marcus sich ihnen wieder würde widmen können, mussten sie wohl oder übel auf William zurückgreifen.  
         Kate beobachtete ihn nun dabei, wie er sich für das Ereignis zurechtmachte, und auch wenn er nach außen hin einen vollkommen ruhigen Eindruck machte, wusste sie um die Anspannung, unter der er stand. Er war sich dessen vollkommen bewusst, dass sobald er den Saal in ein paar Minuten betreten würde, er

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