Abschied nehmen
Es gab jedoch etwas, womit sie immer weniger zurechtkam und dies war Williams übertriebene Fürsorge.
Mrs. Jenkins hatte ihm diesen Floh ins Ohr gesetzt, kurz nachdem die Neuigkeit bei ihr als einer der Ersten angelangt war.
Es war inzwischen zur Gewohnheit geworden, dass William und sein kleiner Freund um die Mittagszeit eine kleine Pause einlegten und bei der Küchenchefin reinschauten. Sie bekamen von ihr einen kleinen Happen zu essen und als Gegenleistung nahm William sich ein wenig Zeit, um mit Martha ein Schwätzchen zu halten.
Auch an diesem Tag versorgte Mrs. Jenkins die beiden hungrigen Mäuler zunächst mit ein paar Broten und während Willie mit dem seinen in der Hand durch die Küche sauste und Mrs. Jenkins’ Helferinnen bei der Arbeit störte, nahm die kleine, rundliche Frau gemeinsam mit William an dem kleinen Holztisch Platz.
Mit einem Seufzer ließ sie sich auf dem Stuhl nieder.
„Dann wirst du also Vater, hm?“
„Aye, so ist es!“ Auf Williams Gesicht lag ein breites Grinsen und seine Brust war vor Stolz geschwellt. Doch hätte er Martha mehr Beachtung geschenkt als dem vor ihm stehenden Essen, wäre ihm dieses sicher schnell vergangen, denn sie schien seine Freude so gar nicht zu teilen. Stattdessen betrachtete sie ihn mit einem skeptischen Blick.
„Du weiß doch aber, dass das nicht nur das reine Vergnügen ist, oder?“, fragte sie schließlich und William nickte lediglich. Er hatte sich gerade den Mund mit einem Marmeladenbrot vollgestopft und konnte nicht antworten. „Es erwarten euch viele schlaflose Nächte, vor allem wenn das Kind nach der Mutter kommt. Kate hat die ersten Wochen nächtelang durchgeschrien.“
Sie beobachtete ihn aufs Genauste, während sie sprach, doch in Williams Gesicht war keinerlei Abschreckung zu vernehmen. Er grinste noch immer.
„Ich hoffe, du hast auch an die stinkenden Windeln gedacht, die auch du wirst vielleicht mal wechseln müssen.“
William rümpfte schmunzelnd die Nase, sah sie jedoch unbeirrt an.
„Am allerschlimmsten sind aber die ewigen Sorgen, die man sich um sie macht“, fügte sie noch hinzu, und als sie ihn lediglich wissend nicken sah, verflog ihre Skepsis und ob seiner zufriedenstellenden Reaktion, konnte sie sich ein Lächeln nicht verkneifen. Er hatte ihren kleinen Test bestanden, dachte sie und somit erübrigte es sich, ihm diesbezüglich den Kopf zu waschen. Gleich darauf wurde sie jedoch wieder ernst.
„Gut, gut. Aber das lässt ja noch ein wenig auf sich warten. Bist du dir denn deiner jetzigen Pflichten bewusst?“, fragte sie, eine Augenbraue hebend und William blickte die Köchin etwas unsicher an. Er wusste nicht genau, worauf sie hinaus wollte, doch noch bevor er fragen konnte, kam Martha ihm zuvor.
„Eine schwangere Frau ist äußerst zerbrechlich, musst du wissen“, begann sie, blickte sich um und sich verschwörerisch über den Tisch zu ihm herüberbeugend, fuhr sie fort. „Sie wird unter Stimmungsschwankungen zu leiden haben und du musst sehr geduldig mit ihr sein. Doch nicht nur, was ihre Gefühlslage angeht, muss sie geschont werden. Nein, vor allem darf sie von jetzt an keine schweren Arbeiten mehr verrichten, William. Mit dem schweren Tragen und dem pausenlosen Durcharbeiten ist es nun vorbei, denn wenn sie sich nicht von Anfang an zurücknimmt, wird sie sich irgendwann überfordern, ohne es auch nur zu merken. Und dann kann sie sowohl sich selbst als auch dem Kind Schaden zufügen und das wollt ihr sicher beide nicht.“
William schüttelte energisch den Kopf.
„Sie muss sich also zurücknehmen und dafür zu sorgen, ist deine Aufgabe, William. Du musst auf sie achten, du weißt sicher am besten, dass sie es selbst nicht tun wird“, schloss Martha, sie fuhren auseinander, lehnten sich zurück und mit einem nachdenklichen „Ich verstehe“, aus Williams Mund war Kates Schicksal besiegelt.
Von da an war ihr äußerst liebenswerter und besorgter Ehemann stets zur Stelle, wenn es um körperliche Arbeit ging, die an Schwere das Zusammenlegen von Wäsche überstieg, um ihr behilflich zu sein. Sein kleiner Freund Willie erwies sich dabei als sehr guter Spion, der es zur Aufgabe hatte, sie zu beobachten und seinen Auftraggeber sofort zu informieren, wenn sie Anstalten machte, eine, seiner Meinung nach, zu anstrengende Arbeit zu
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