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Abschied nehmen

Abschied nehmen

Titel: Abschied nehmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Miskull
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verrichten, damit dieser sofort an ihre Seite eilen konnte.
         Einige Wochen lang ließ sie ihn gewähren. Zu Anfang fand sie es sogar noch liebenswürdig, doch schließlich begann es, sie zu ärgern. Nichts durfte sie mehr allein machen und sie fühlte sich wie ein kleines Kind, das stets bevormundet wird.
         Es war an einem kalten, dunklen und regnerischen Herbsttag, als ihr schließlich der Kragen platzte.
         Sie und William waren in ihrem Gemach und machten sich fürs Abendessen bereit, als Kate auffiel, dass der Tisch nicht an seiner gewohnten Stelle stand. Die Kammerzofen hatten wohl vergessen, ihn wieder an seinen Platz zu rücken, nachdem sie ihn zum Saubermachen fortgeschoben hatten und Kate beugte sich eben darüber, um diesen an seinen Platz zurückzustellen, als plötzlich ein alarmierender Ruf hinter ihr ertönte.
         „Kate! Nicht!“, hörte sie ihren Mann rufen und während sie erschrocken zu ihm herumfuhr, kam er auf sie zugeeilt.
         „Was ist denn? Was habe ich getan?“, fragte sie mit einer Mischung aus Sorge und Verwirrung und blickte sich im Raum um, um festzustellen, was sie falsch gemacht hatte.
         Sie konnte jedoch nichts erkennen und so kehrte ihr Blick zurück zu William.
         „Ich meine den Tisch. Du kannst ihn in deinem Zustand doch nicht einfach hochheben. Der ist doch viel zu schwer für dich!“, erklärte er, besorgt die Stirn runzelnd.
         Doch der besorgte Ausdruck hielt nicht lange vor, nicht nachdem er sah, wie sich Kates Miene verwandelte. Sie lief rot an vor Wut, ballte die Fäuste und blickte ihren Mann kämpferisch an.
         „Hör endlich auf damit!“, schrie sie ihn an und William trat erschrocken einen Schritt zurück.
         Er hatte keine Ahnung, was plötzlich in sie gefahren war, doch Kate ließ ihn nicht lange auf eine Erklärung warten.
         „Seitdem ich schwanger bin, behandelst du mich, als sei ich zu gar nichts mehr imstande! Nichts darf ich mehr selbst machen, ständig läufst du mir hinterher und nimmst mir jede noch so kleine Arbeit ab.
         Und nicht nur, dass ich mir dadurch absolut unzulänglich vorkomme, nein, auch bleibt mein Herz jedes Mal fast stehen, wenn du mal wieder angerannt kommst, um mir etwas aus den Händen zu reißen und es für mich zu tragen!“ Sie ahnte, sie würde ihre harten Worte später bedauern, doch im Augenblick war sie zu sehr in Rage.
         „Und dann ist da auch noch dein kleiner Spitzel. Denkst du, es ist angenehm, den ganzen Tag von ihm verfolgt zu werden? Ich kann es dir sagen: Nein, das ist es nicht! Es treibt mich in den Wahnsinn, William!
         Aber jetzt bin ich es endgültig leid! Du musst nicht über mich wachen wie ein ...“, sie hielt kurz inne und machte ihm überaus deutlich, dass ihr eigentlich eine ganz andere Bezeichnung für ihn auf den Lippen lag, die sie sich jedoch verbiss. „Schutzengel“, sagte sie stattdessen mit übertriebener Freundlichkeit.
         „Wenn ich deine Hilfe brauche, werde ich danach fragen, doch bisher kann ich all diese Sachen noch sehr gut allein!“
         Zum Beweis griff sie wieder nach dem Tisch und die Tatsache, dass ihr in letzter Zeit leicht gewachsener Bauch sie dabei behinderte, machte sie noch rasender vor Wut. Doch sie ließ sich von ihrem Vorhaben nicht abbringen und hantierte so lange schnaubend an dem Tisch herum, bis sie ihn hochbekam und ihn an der Stelle wieder abstellte, an die er gehörte.William unterdrückte den Impuls, ihr zu helfen und betrachtete seine Frau besorgt.
         Als sie sich schließlich wieder aufrichtete und ihn anblickte, lag in ihren Augen ein bedrohliches Funkeln und ihr Atem ging schwer. Sie schien nur darauf zu warten, dass er ihr den nächsten Angriffspunkt lieferte und William ließ sie nicht lange darauf warten, auch wenn es eher unfreiwillig geschah.
         „Das werden wohl die Stimmungsschwankungen sein, von denen Martha gesprochen hat“, murmelte er, ohne nachzudenken und verfluchte sich im nächsten Augenblick für seine Dummheit. Er hätte sich auf die Zunge beißen sollen!
         Doch es war zu spät, denn Kate hatte ihn genau gehört und starrte ihn nun mit heruntergeklappter Kinnlade und weit aufgerissenen Augen an. Sie schien sogar noch nicht mal mehr zu atmen.
         „Stimmungsschwankungen?“, brachte sie schließlich ungläubig hervor und ihre Stimme hatte einen ganz schrillen Ton angenommen. „Hast du eben wirklich

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