Abschied nehmen
brachte ihn außer sich. Er war so zornig auf sie, weil sie diesen Moment, der hätte so schön sein sollen, nun scheinbar gegen ihn benutzen wollte. In seinen wutentbrannten Augen spielte sie nun ihre Trumpfkarte aus und hoffte damit zu gewinnen.
Doch das würde sie nicht! Und in einem wüsten Rausch aus Wut und Schmerz, der jeden vernünftigen Gedanken zunichtemachte, kamen die Worte bereits über seine Lippen, ehe er sich ihrer Bedeutung klar wurde.
„Ach ja und wie kann ich mir sicher sein, dass es von mir ist?“
Die schallende Ohrfeige traf augenblicklich seine linke Wange und Kates Fingerabdrücke waren noch lange, nachdem sie weinend und ohne Worte das Gemach verlassen hatte, auf Williams Gesicht zu sehen.
Sie waren darin der einzige Farbfleck, denn ansonsten war er aschfahl, während der Schlag langsam Wirkung zeigte und ihn nach und nach zur Vernunft brachte. All die Gefühle, die bis eben noch in ihm getobt haben, schwanden dahin und endlich konnte er wieder klar denken.
„Himmel, was habe ich nur getan?“, fragte er in den leeren Raum hinein und sein Herz begann zu rasen.
Kalter Schweiß trat ihm ins Gesicht und er wurde nur noch von einem Gedanken beherrscht; er musste zu ihr und sie um Vergebung bitten. Da er nicht wusste, wie lange Kate schon fort war und wie lange er wie betäubt dagestanden hatte, machte er sich, ohne auch nur einen weiteren Augenblick zu verschwenden auf, um sie zu suchen.
Kates Hand pochte und kribbelte, während sie die dunklen Flure der Burg im Laufschritt durchquerte, um an die frische Luft zu gelangen. Dabei wischte sie dauernd hastig die Tränen fort, die einfach kein Ende nehmen wollten und Williams letzte Worte klangen immer wieder in ihren Ohren nach.
Wie hatte er so etwas Boshaftes sagen können, fragte sie sich. Sicher, er war wie von Sinnen gewesen vor Eifersucht, doch warum in Gottes Namen? Sie hatte doch nichts Schlimmes getan und ihm sicher keinen Anlass dazu gegeben, sie so zu verletzen. Sie hatte sich zwar nicht ganz richtig verhalten, gestand sie ein, doch das rechtfertigte nicht solch widerwärtige Vorwürfe, wie er sie gemacht hatte.
Mittlerweile hatte sie den Gang hinter sich gelassen und war in den Hof getreten. Sie atmete die frische Luft ein und trocknete erneut ihre Tränen, ehe sie den menschenleeren Hof überquerte, um über die Treppe auf die Burgmauer zu gelangen. Dort angekommen zog sie sich in die geschützte Ecke zurück, die sie häufig aufsuchte, wenn sie nachdenken und allein sein wollte.
Sie blickte auf die Highlands hinaus, die in einiger Entfernung vor ihr aufragten und ihre Gedanken stürzten noch intensiver als zuvor auf sie ein. Niemals hätte sie an Untreue gedacht, denn sie hatte doch alles, was sie sich wünschte. Sie hatte einen Mann, den sie über alles liebte und bisher hatte sie auch gedacht, dass er ihre Gefühle in gleichem Maße erwidern würde, doch warum war er dann so gemein? Warum quälte er sie beide mit solchen Vorhaltungen? Und was gab ihm zum Teufel noch mal das Recht ihr Ehebruch vorzuwerfen? Sie würde ihn dafür eigenhändig kastrieren, wenn er es wagen würde, einer anderen Frau nachzusteigen, wie konnte er dann annehmen, sie wäre selbst imstande dazu?
Näher kommende Schritte rissen sie aus ihren Gedanken. Sie drehte sich in die einzige Richtung, aus der sie kommen konnten, und blickte dem herannahenden Jean entgegen.
Er war der Grund für die Misere, in der sie gerade steckte und sie hatte im Augenblick so gar keine Lust sich mit ihm zu unterhalten. Als sie jedoch sein besorgtes Gesicht sah, zwang sie sich zur Höflichkeit und statt ihn zum Teufel zu jagen und ihm den Rücken zuzukehren, wandte sie sich ihm mit einem freundlichen Lächeln zu. Immerhin konnte er nichts dafür, dass William so wahnsinnig eifersüchtig wegen ihm war, denn Kate hielt die ihm von William unterstellten Absichten noch immer für äußerst unwahrscheinlich, ja sogar hirnrissig.
„Ist alles in Ordnung?“, erkundigte sich der Sänger, als er ihr vom Weinen gerötetes Gesicht sah, das sie ohne großen Erfolg hinter den wenigen Haarsträhnen, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten, zu verstecken versuchte.
Kate gab dieses fruchtlose Unterfangen auf und ließ sich die Strähnen vom Wind aus dem Gesicht blasen.
„Aye, mir fehlt nichts“, gab sie lächelnd
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