Abschied nehmen
Sicht auf seine Hetzer abschnitten, ließ William Jimmy kurz innehalten. Er warf einen angespannten Blick zurück und sein schneller Atem stieg in kleinen, weißen Wölkchen vor seinem Gesicht auf. Wentworth und seine Leute waren noch recht weit entfernt, es würde jedoch bei dem Tempo, das sie an den Tag legten, nicht sehr lange dauern, bis sie auch an der Stelle stehen würden, an der er nun stand. So zögerte William nicht länger, und nachdem er noch ein paar wenige Schritte den Weg entlang geritten war, wandte er sich nach Norden und tauchte in die Düsternis des Waldes ein.
Nun musste er sich voll und ganz auf Jimmys Instinkte verlassen. Er lenkte ihn nicht mehr, sondern überließ es dem Tier den Hindernissen auszuweichen, was Jimmy sehr gut meisterte. Alles, was William noch tat, war es die grobe Richtung und das Tempo anzugeben und Gebete gen Himmel zu schicken, Gott möge ihm bei diesem halsbrecherischen Unterfangen beistehen.
Immer wieder warf er einen wachsamen Blick hinter sich, um seine Verfolger auszumachen, doch die Bäume, die in seiner Nähe standen, waren nur umrissweise zu erkennen und alles, was weiter von ihm entfernt war als zehn Fuß, bildete lediglich ein großes schwarzes Nichts.
Es war nun zwei Stunden her, als er von seiner Familie Abschied genommen hatte, doch er wollte keinen Fehler begehen, der ihn sein Leben kosten würde. So gönnte William sich keine auch noch so winzige Pause, sondern ritt unermüdlich weiter.
Plötzlich jedoch ertönte ein Schrei, der vom Echo durch die Dunkelheit zu ihm getragen wurde und er zog die Zügel an, sodass Jimmy zum Stehen kam. Jeder seiner Muskeln war angespannt und seine Hand hatte er auf das Heft seines Schwertes gelegt.
„… werde ich dich kriegen, Winston!“, war alles, was William von Wentworths Schrei - denn er war sicher, dass dieser dessen Kehle entrungen war - verstanden hatte.
Ein paar wenige Sekunden blieb er bewegungslos und zum Kampf bereit stehen, versuchend festzustellen aus welcher Entfernung Wentworths vor Wut bebende Stimme zu ihm gedrungen war. Doch die Mühe war vergebens und so lauschte er darauf, ob noch weitere Stimmen an seine Ohren dringen würden, sein Gesicht in die Richtung gewandt, aus der er meinte, den Schrei vernommen zu haben.
Doch da war nichts. Nicht ein Ton war zu vernehmen und er nahm an, dass sie sich in einiger Entfernung zu ihm aufhielten. Doch sicher war er sich nicht und da er keine Lust dazu verspürte, hier herumzustehen und darauf zu warten, dass sie, wenn sie ihn bis jetzt noch nicht gefunden hatten es vielleicht gleich würden, riss er Jimmy herum, gab dem Tier die Sporen und machte sich so schnell es ging weiter gen Norden auf.
Als sie William die Straße hinunter gefolgt waren, war Wentworth zunächst äußerst zuversichtlich gewesen. Er hatte für sein Opfer keine Möglichkeit gesehen, sich zu verstecken, und da sie in der Überzahl waren, dachte der Major hätten sie einen klaren Vorteil auf ihrer Seite und mit vereinten Kräften würden sie ihn schon irgendwann einholen. Als jedoch die Wälder am Horizont auftauchten, schwand Wentworths optimistische Haltung mit jeder Meile, die sie zurücklegten. Ihm war klar, dass dies Williams Ziel war und dass es schwierig werden würde, seine Spur zu behalten.
Als auch sie schließlich am Wald angelangt waren, merkte der Major jedoch erst, wie schwierig sich diese Jagd tatsächlich gestalten würde. Es war Winter und der Boden dermaßen gefroren, dass die Hufe der Pferde keine Abdrücke hinterließen. Auch fehlte das Unterholz, das ihnen hätte Spuren liefern können. Außerdem war es dermaßen düster, dass man lediglich wenige Fuß weit sehen konnte.
Doch so einfach gaben sie nicht auf, nicht wenn sie so nah an ihrem Ziel waren. So versuchten sie trotzdem ihr Glück, indem sie in den Wald eintauchten, auch wenn sie überhaupt nicht wussten, welche Richtung der Flüchtige eingeschlagen hatte. Nachdem sie eine Weile sinnlos in den Wald hinein geritten waren, brachte der Major sein Tier zum Stehen. Er stieg ab und sah sich um, doch auch da erkannte er nicht das Geringste. Schließlich bellte er seinen Männern, die seinem Beispiel bereits gefolgt waren und ihre Tiere an den Bäumen festgebunden hatten, ein paar kurze Befehle zu und sie verstreuten sich in alle Richtungen, um William zu finden.
Die Suche war nicht nur erfolglos, der
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