Abschied nehmen
Feuer zu entzünden wagte er nicht. Anschließend nahm er Jimmy die schwere Last ab, die das Tier bereits seit fast vierundzwanzig Stunden zu tragen hatte und dann hüllte er sich fest in seine Decke und seinen Mantel und legte sich schlafen.
Anfangs fand er jedoch keine Ruhe. Er schreckte bei jedem Geräusch auf und seine Gedanken ließen ihm keinen Frieden. Doch irgendwann übermannte ihn seine Müdigkeit und er fiel in einen leichten und nervösen Schlaf.
Es war gerade dunkel geworden, als William aus einem wirren Traum aufschreckte. Er sprang mit einem Satz auf die Beine, hielt sich geduckt und stand, jeden Muskel seines Körpers angespannt und bereit zum Angriff, mit dem Rücken zur Wand. Den Dolch den Jamie ihm mitgegeben hatte, umklammerte er mit seiner Rechten und seine Linke hatte er an das Heft seines Schwertes gelegt. Er riss seine Augen auf und versuchte etwas in der Dunkelheit zu erkennen, da kam Jimmy in die Höhle hineingetrabt.
Sein Herz machte einen Sprung und seine Beine wollten ihm angesichts dieser plötzlichen Erleichterung beinahe den Dienst versagen.
„Na, du hast mir ja vielleicht einen Schrecken eingejagt!“, sagte er tief durchatmend. „Du hast sicher nach etwas zu Essen gesucht was? Wir treiben gleich etwas für dich auf.“
Er tätschelte Jimmy liebevoll und glücklich über seinen Gefährten den Hals und machte sich anschließend daran seine Sachen zusammenzupacken. Er legte dem Hengst den Sattel wieder an, und nachdem er all seine Spuren verwischt hatte, brachen sie auf.
Schon bald verließen sie den Wald und kamen somit auch schneller voran und an dem ersten Hof, an dem sie vorbeikamen, hielt William an, um das an Jimmy gegebene Versprechen zu erfüllen.
Im Haus brannte zwar noch Licht, doch im Stall schien niemand zu sein. So band William Jimmy etwas Abseits an einem Baum fest, wo das Tier unentdeckt bleiben würde, wenn nicht gerade jemand die Straße hinaufkäme, was um diese Zeit eher unwahrscheinlich war. Dann flüsterte er Jimmy ein paar beruhigende Worte zu, beugte er sich hinunter und lief schnell und leise in Richtung des Stalls.
Behände übersprang er den hüfthohen Zaun und einen Augenblick später war er bereits an der Stalltür angelangt. Langsam drückte er dagegen und stellte erleichtert fest, dass sie unverschlossen war. So zwängte er sich schnell durch den Spalt und ging auf Zehenspitzen hinein.
Das Heu lag zu einem mannshohen Haufen in der Nähe des Eingangs aufgetürmt und William zog schnell seinen Mantel aus und begann diesen mit dem Futter zu füllen.
Die Aufgabe war schnell erledigt und er wollte gerade aufbrechen, als er von der Tür her Gelächter vernahm. Ohne lange zu überlegen, sprang er mit einem Satz hinter den Haufen, sodass man ihn vom Eingang her nicht sehen konnte, und drückte sich dicht an die Wand. Er blieb vollkommen bewegungslos, um keinerlei Geräusche zu verursachen, doch sein Herz klopfte dabei so stark, dass er das Gefühl hatte, seine Vorsicht sei vergeblich, denn jeder hier im Stall würde es laut und deutlich hören.
Doch dem war nicht so und das nicht nur deshalb, weil die beiden Ankömmlinge dermaßen intensiv miteinander beschäftigt waren. Kichern, Kussgeräusche und immer wieder ein ersticktes Keuchen drangen an Williams Ohren und er wagte es schließlich, einen Blick auf die beiden zu riskieren.
Der Kleidung nach zu urteilen, handelte es sich wahrscheinlich um eine der Töchter des Hauses und einen Bediensteten, vermutlich den Stallknecht. Sie waren noch beide recht jung, William schätzte sie auf etwa siebzehn Jahre, was sie jedoch nicht davon abzuhalten schien, einander äußerst nahe zu kommen. In dem Augenblick drückte der Knecht das Mädchen an die Wand einer der Pferdeboxen und eine Hand auf ihrer enthüllten Brust, küssten sie einander leidenschaftlich.
William konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, auch wenn seine Lage gar nicht so amüsant aussah. Um den Stall zu verlassen, musste er nämlich an den beiden vorbei und das war, ohne entdeckt zu werden, nicht zu realisieren. Er beschloss noch einige Minuten zu warten, in der Hoffnung die beiden hätten nicht viel Zeit mitgebracht und würden gleich wieder verschwinden. Doch, während er, ohne sich zu rühren, in seinem Versteck saß, machte das Pärchen keinerlei Anstalten ihr Tête- à- tête zu beenden . Sie schienen noch lange
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