Abschied nehmen
blinzelte, das Bild vor seinen Augen blieb dasselbe, und als ihm bewusst wurde, dass er nicht träumte, machte sich eine unbändige Freude und Erleichterung in ihm breit. Am liebsten wäre er zu William aufs Bett gesprungen und hätte ihn so fest gedrückt, wie er nur konnte. Doch stattdessen blieb er am Fuß des Bettes stehen und vergrub seine Finger in dem hölzernen Bettgestell.
William verstand die Sprachlosigkeit seines Freundes nicht. Er wusste nicht, wie lange dieser an seinem Bett gewacht hatte und wie viele schlimme Tage hinter ihm lagen, doch er war nun nicht in der Lage, nach den Gründen für Marcus Verhalten zu fragen.
„Wasser“, sagte er lediglich und riss ihn damit aus seiner Abwesenheit.
„Ja, natürlich“, entgegnete er und eilte hinüber zu seinem Patienten, um ihm ganz vorsichtig Wasser einzuflößen.
Es dauerte keine fünf Sekunden, nachdem Marcus Williams Kopf wieder zurück aufs Kissen gebettet hatte, da war er wieder eingeschlafen. Marcus sah zu ihm hinunter und dann überwältigten ihn seine Gefühle. Er legte sein Gesicht in seine Hände und tief in seinem Herzen weinte er. Alles fiel nun von ihm ab. Die Anspannung und all die Sorgen schienen fast sichtbar seinen Körper zu verlassen.
Die Vorwürfe, die er sich in den letzten Tagen gemacht hatte, waren mit einem Mal in den Hintergrund gedrängt worden. Der Junge, der ihm gleichzeitig wie ein Sohn und einer seiner besten Freunde war, war am Leben und dies war alles, was nun zählte. Er und all die anderen würden für ihn seine neue Familie sein und ihm über den Verlust der seinen hinweghelfen.
Marcus tat in dieser Nacht kein Auge zu, dafür hatte diese neue Nachricht ihn zu sehr aufgewühlt. Er war so aufgeregt, dass er die meiste Zeit rastlos durch den Raum tigerte. Am liebsten hätte er sofort jemandem davon erzählt, doch es war schon spät und er ging davon aus, dass alle bereits schliefen. Und da er niemanden wecken und ihm schlaflose Nächte bescheren wollte, harrte er bis zum nächsten Morgen aus.
Am nächsten Morgen war William weitaus wacher als am vorhergehenden Abend, an den er sich nur verschwommen erinnern konnte. Er fühlte sich zwar noch immer sehr schwach aber er sah nicht mehr alles wie durch einen Schleier. Er ließ seinen Blick durch das Zimmer schweifen und entdeckte Marcus. Dieser stand mit verschränkten Armen am Fenster und ein zufriedener und friedlicher Ausdruck lag in seinem Gesicht.
„Guten Morgen!“ William legte die Arme zur Seite und wollte sich strecken, als er plötzlich mit einem schmerzverzerrten Gesicht zusammenzuckte.
„Vorsichtig, mein Freund. Du bist verwundet.“ Marcus kam zu ihm herüber und setzte sich mit einem mitfühlenden Lächeln neben ihn.
„Stimmt ja, das habe ich vollkommen vergessen“, erwiderte William und warf einen Blick unter sein Hemd. Dort war jedoch nur der Verband zu erkennen.
„Sie heilt sehr gut. Lilidh, meine Frau, hat dich behandelt.“
„Richte ihr aus, dass ich ihr sehr dankbar bin.“
„Diese Gelegenheit wirst du selbst haben, mein Freund.“
William wurde nun bewusst, wo er sich befand und er schwieg nachdenklich für einige Augenblicke.
„Sag mal, Marcus, wie lange bin ich schon hier?“
„Heute ist es der neunte Tag.“
„Was?“, sagte William erstaunt.
„Du hattest hohes Fieber und bist erst gestern wieder aufgewacht.“ Marcus vernahm ein lautes, knurrendes Geräusch aus Williams Magengegend. „Aber davon erzähle ich dir später. Mir scheint, dass es dich zunächst nach etwas anderem begehrt. Ich werde schnell in die Küche gehen und uns beiden Frühstück holen.“
„Das ist eine sehr gute Idee“, lächelte William.
Marcus tätschelte seinem Freund die Schulter und stand auf, um etwas zu essen zu holen.
„Marcus!“, er war gerade an der Tür angelangt, als William hinter ihm herrief. „Könnte ich bitte ein Frühstück ohne Haferbrei bekommen.“
Es war ihm peinlich dies zu sagen und eine leichte Schamesröte überschattete sein Gesicht, doch nun würde sein Magen dieses schleimige Zeug, das er schon im gesunden Zustand schwer hinunter bekam, mit Sicherheit nicht akzeptieren.
Marcus nickte nur mit einem amüsierten Lächeln und ging hinaus.
William betrachtete das Zimmer, in
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