Abschied nehmen
dass Ihr mein Leben gerettet habt und dafür möchte ich Euch danken.“ William senkte beim Sprechen demütig den Kopf.
Angesichts des förmlichen Tons, in dem er mit ihr sprach, wechselte Lilidh einen amüsierten Blick mit Robert und Marcus, die beide hinter ihr, an die Wand gelehnt, standen.
„Ist schon in Ordnung, William. Ich habe nichts Besonderes getan. Aber bitte nenn mich Lilidh“, sagte sie mit einem freundlichen Lächeln.
„Nun gut, Lilidh, aber wenn ich irgendetwas für dich tun kann, dann sag es nur. Ich stehe tief in deiner Schuld.“
„Du schuldest mir zwar nichts, aber wenn du etwas für mich tun willst, dann halt nun still, damit ich mir deine Verletzung ansehen kann.“
6. Kapitel
Williams Genesung machte von Tag zu Tag Fortschritte und nach nicht einmal einer Woche unternahm er bereits an Marcus’ Seite kleine Gehversuche durch das Zimmer. Er war noch sehr geschwächt und am Anfang erschöpfte er noch schnell, doch er kam immer mehr zu Kräften und seine körperliche Verfassung besserte sich stetig.
Doch je stärker er äußerlich wurde, desto mehr litt seine seelische Verfassung.
Während der letzten Tage hatte nicht nur Marcus, sondern auch die anderen ihre gewöhnlichen Aufgaben vernachlässigt. Und nun da William nicht mehr der gleichen intensiven Pflege bedurfte wie zuvor, sahen sie sich gezwungen, sich diesen wieder mehr zu widmen. Sie wechselten sich zwar damit ab, ihm Gesellschaft zu leisten und bemühten sich ihn so selten wie möglich allein zu lassen, doch dies gelang nicht immer.
So hatte William mehr Zeit, als ihm gut tat, um seinen Gedanken nachzuhängen, die meist von seiner ungewissen Zukunft handelten, die ihm von Tag zu Tag düsterer erschien. Und wenn er diese Gedanken nicht mehr ertrug, floh er schließlich vor ihnen in die Vergangenheit. Er schwelgte dann in schmerzhaften Erinnerungen an Jamie, seinen Vater und seine Schwester und dachte an den qualvollen Abschied, der dieses Mal für immer gewesen war.
Doch dies war nicht alles, was ihn plagte, denn auch die anderen Begleiter, die während seiner Reise stets an seiner Seite gewesen waren, kehrten zu ihm zurück.
Das Gefühl ständig auf der Hut sein zu müssen, nahm wieder von ihm Besitz und zerrte an seinen Nerven. Seine Albträume halfen nicht gerade dabei es abzuschwächen, denn er träumte immer häufiger und intensiver davon, dass Wentworth ihn, sobald er sich irgendwo sicher fühlte, zu fassen bekam und ihn zu seiner Hinrichtung führte. Aus diesen Träumen erwachte er immer schweißgebadet und zum Angriff bereit, mit der Hand an Jamies Dolch, der stets griffbereit unter seinem Kissen lag.
All das beschäftigte ihn immer häufiger und drückte dermaßen auf sein Gemüt, dass ihm manchmal gar jede Lust auf Gesellschaft verging. Er wusste, dass er es nicht fertig bringen würde, die Gedanken beiseitezuschieben und gute Laune vorzuspielen und da ihm nach den Fragen, die dann unweigerlich kommen würden, so gar nicht der Sinn stand, stellte er sich häufig schlafend, wenn jemand das Zimmer betrat.
Sicher gab es auch Stunden, in denen er sich wieder besser fühlte, doch dann wollte er erst recht nicht über seinen Kummer sprechen. Neben der Tatsache, dass er kein Mensch war, der gern seinen Mitmenschen sein Leid klagte, müsste er schon ganz schön dumm sein, wenn er, da er es schon mal geschafft hatte, aus dem Loch, in dem er steckte, herauszukommen, sich nun freiwillig wieder hineinbegeben würde. Dies folgte ohnehin unweigerlich früher oder später und seine Gedanken zerfraßen ihn wieder, bis er weder ein noch aus wusste.
Doch auch wenn William sich die größte Mühe gab, es zu verhindern, blieb seine immer häufigere schlechte Stimmung, denen die ihn regelmäßig besuchten, nicht verborgen. Sie sahen, dass er die meiste Zeit lustlos in seinem Bett verbrachte und obwohl er bereits vor beinahe vier Wochen in der Burg Craigh angekommen war und seine Wunde auch schon recht gut verheilt war, er das Zimmer noch immer nicht verlassen hatte. Stets hatte er eine neue Ausrede. Auch entging ihnen nicht, wie abwesend und niedergeschlagen er häufig wirkte, wenn sie ihn besuchten und sie beschlossen, dass es nicht mehr so weiter gehen konnte.
Die Sonne war eben untergegangen und Robert, Marcus und Lilidh saßen in Marcus’ Gemach
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