Abschied von Chautauqua
auf dem das Telefon stand, das kam ihr vor wie ein Irrtum, wie ein grobes Versehen. Sie dachte, dass Kenneth bestimmt den neuen Schlauch neben dem Haus haben wollte, der erst ein knappes Jahr alt war. Margaret hatte den alten Mixer vergessen, zu dem sie ihr immer gratulierte. Emily wusste, dass Lisa nichts haben wollte, das fand sie auch in Ordnung, aber ihre eigenen Kinder und Arlene, die die Geschichte von jedem Stück kannten. Vielleicht konnte sie in Jamestown einen Lieferwagen mieten und damit hinter Arlene herfahren.
Sie hatte gewusst, dass es so laufen würde. Henry würde kopfschüttelnd über ihre Torheit lächeln, darüber, dass sie nichts dazulernte.
«Tja», sagte sie geistesabwesend, als würde sie aufgeben, nahm die drei Listen und stand auf. Sie faltete sie zusammen und ließ sie in die Vordertasche ihrer Jeans gleiten, und während ihr Blick durchs Zimmer schweifte, stellte sie es sich leer vor - bloß Teppichboden und Wände, selbst die Vorhänge in den Müll geworfen. Sie und Henry hatten hier miteinander geschlafen, nachts vielleicht demselben Regen gelauscht. Jahrelang dieselben Bäume im Fenster, die Feuchtigkeit. Sie berührte das Bett und ließ die Hand über das knotige Chenille gleiten. Es dauerte nur einen Augenblick, bis sie davon abließ.
* 9
Sarah hatte gerade ihren dritten König bekommen, als sie aufschaute und sah, dass Tante Arlene sie erwartungsvoll anblickte, als hätte sie vergessen, irgendwas zu erledigen. Nervös musterte Sarah ihren Mund. Bei Tante Arlene schaute nur die äußerste Zungenspitze leicht hervor, wie eine mittlere Lippe.
Sarah ließ ihre Zunge hervorgleiten, die Spitze zwischen die Zähne geklemmt, und starrte Justin links von ihr an, aber er war mit der Karte beschäftigt, die er vom Stapel gezogen hatte.
Ella, die ihr gegenübersaß, hatte wie Tante Arlene die Zunge draußen und sah Sam an, der gerade Rufus' Nase mit einem Papiertaschentuch abwischte.
Sarah wandte sich wieder Justin zu, der noch überlegte, welche Karte er ablegen sollte. Er hatte die beiden ersten Spiele verloren und war unglücklich. Beim Schach und anderen Sachen, wo man genug Zeit zum Nachdenken hatte, gewann er immer, aber das hier war etwas anderes.
Komm schon, Just, dachte sie, guck mich an.
Tante Arlene und Ella drehten sich von Sam zu Justin und hielten inne und sahen sie verschwörerisch an.
Sam warf das zusammengeknüllte Papiertaschentuch in Richtung Papierkorb, verfehlte ihn aber, und als er sich wieder zu ihnen umdrehte, sah er sie alle und streckte die Zunge raus, eine freche Erdbeere.
Sie dachte, sie sollte Justin sagen, dass er verloren hatte, aber so ging das Spiel nicht.
Er legte den König ab, den sie brauchte, und sagte: «Ich weiß, dass du den haben willst», und während er auf ihre Reaktion wartete, sah er ihre Zunge. Voller Hoffnung streckte er seine eigene raus, und alle lachten ihn aus. Auch sie lächelte und lachte mit.
«Das ist unfair. Ihr schummelt.» Er zog einen Flunsch, seine Augen wurden ganz rot und schwammen in Tränen.
«Stimmt, wir schummeln alle», sagte Ella, aber in Wirklichkeit guckten alle verstohlen die Karten der anderen an. Das gehörte zum Spiel.
«Sei kein Baby», hänselte ihn Sam.
«Halt die Klappe!»
«Justin», ermahnte ihn ihre Mutter vom Sofa aus.
«Er macht sich über mich lustig ...»
«Spiel anständig oder spiel überhaupt nicht.»
«Du musst wachsam bleiben», sagte Tante Arlene und mischte. «Es geht darum, sich keine Gedanken über seine eigenen Karten zu machen. Mach dir Gedanken über die Karten der anderen.»
Er weiß, wie das Spiel geht, hätte Sarah am liebsten gesagt, aber vielleicht würde Tante Arlene dann denken, dass sie eine freche Lippe riskierte. Tante Arlene war empfindlich, und Sarah glaubte, dass sie sie nicht besonders mochte, so wie auch Grandma Ella besser leiden konnte. Zum Teil lag das an ihrem Aussehen - in der Schule gaben ihr alle dieses Gefühl: die anderen Mädchen, die Jungs, sogar die Lehrer. Es war, als wäre sie verkrüppelt, bloß dass sie als Glückspilz galt. Ihre Mutter war stolz darauf, wie hübsch sie war, und sagte ihr ständig, sie solle froh sein über ihr Aussehen, eines Tages würde sie dafür dankbar sein, und Sarah konnte ihr nicht erklären, wie anstrengend es war zu wissen, dass einen alle für dumm, eingebildet oder liederlich hielten und nur darauf warteten, dass man Scheiße
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