Abschied von Chautauqua
nochmal an. Nichts Besonderes, wollte bloß mal hallo sagen. Hoffentlich amüsiert ihr euch gut. Okay, macht's gut.»
«Können wir ihn anrufen?», fragte Justin.
«Es ist schon spät», erwiderte Margaret, obwohl es erst neun war. «Du kannst morgen mit ihm sprechen. Okay?»
«Okay», sagte Justin bedrückt, schlurfte mit hängenden Schultern zu seinem Platz auf dem Fußboden zurück, und Emily musste sich beherrschen, um nicht einzugreifen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie Kenneth oder Margaret ihren Vater vorenthalten hätte. Dazu hatte Margaret kein Recht.
«?», fragte Margaret später, während Lisa die Jungs ins Bett brachte. «Was zum Kuckuck soll das heißen?»
«Vielleicht wollte er bloß wissen, wie's euch geht», sagte Kenneth.
«Ich finde das nicht so sonderbar.» Emily hatte keinen Grund, Jeffs Aufrichtigkeit anzuzweifeln. Sie hatte schon die ganze Zeit den Verdacht, dass Margaret seine Verantwortungslosigkeit, besonders gegenüber den Kindern, die er mit Sicherheit liebte, übertrieben darstellte. Emily kritisierte nur an ihm - unausgesprochen und hoffentlich unbegründet -, dass er die Kinder in Margarets schlimmsten Momenten nicht vor ihr geschützt hatte und die beiden jetzt bei ihr zurückließ.
«Du meinst, das hat er nicht mit Absicht getan? Jetzt hör aber auf!»
«Hab ich irgendwas verpasst?», fragte Emily.
«Sie glaubt, Jeff versucht...», begann Kenneth.
«Er treibt Spielchen», unterbrach Margaret. «Tut so, als wär er Mr. Vernünftig. Hast du seinen Ton gehört - Emily dachte, dass ihre Erfahrungen anders waren. Sie konnte sich mühelos an Margarets verzerrtes Gesicht und den Schwall von betrüblichen Flüchen und bösen Drohungen erinnern, den Margaret ihr entgegengeschleudert, an den Mittelfinger, den sie ihr spätnachts gezeigt und der Emily herausgefordert hatte, sich zu revanchieren. Manchmal hatte sie es getan und sich später geschämt für das, was sie nicht mehr zurücknehmen konnte, die wohl überlegten, verheerenden Worte, die auch jetzt noch zwischen ihnen standen wie Ruinen.
Sie hatte nie erlebt, dass Jeff wütend wurde. Vielleicht hatte er sich das für seine Familie aufgespart, und es war dann umso schrecklicher gewesen, wie die paar Gelegenheiten, bei denen sie Henry wütend erlebt hatte. Man kannte die Menschen nur bis zu einem gewissen Grad.
«Du sollst glauben, dass ich an allem schuld bin», fuhr Margaretfort, «aber das stimmt nicht. Zugegeben, ich bin nicht vollkommen, aber ich hab mich bemüht, dass alles klappt, und die ganze Zeit hat er mich betrogen. Also kauf ihm bitte nicht diesen -Scheiß ab.»
Im Zimmer trat Schweigen ein, und Emily hatte das Gefühl, Margaret versichern zu müssen, dass sie auf ihrer Seite stünden, keine Frage. Denn darum ging es ihr.
«Willst du, dass ich den Telefonstecker rausziehe?»
Margaret blickte ihr ins Gesicht, um sich zu vergewissern, ob sie das ernst meinte, und es schien sie zu besänftigen. «Nein, jetzt muss Justin mit ihm sprechen. Sarah will bestimmt auch mit ihm reden. Daran liegt es nicht, es liegt an der ganzen Sache.» Sie wedelte mit den Händen, um zu zeigen, wie groß das Problem war und wie satt sie es hatte.
«Ich verstehe», sagte Emily und dachte, dass das auch stimmte. Sie war eher verblüfft, dass sie gezögert hatte, Margaret von Anfang an ihre Unterstützung zu geben, als müsste sie sich die erst verdienen. So musste Margaret sie sehen - knauserig, jemand, der für seine Liebe Bedingungen stellte. Das warf sie Emily schon seit ihrer Jugend vor und beharrte darauf, dass Emily sie ungerecht behandelt hatte, dass sie im Grunde von ihr enttäuscht war. Überrascht stellte sie fest, dass es stimmte.
* 17
Lise hatte sich bemüht, nett zu sein wegen Sams Zahn, doch dann konnte er seinen verfluchten Game Boy nicht finden. Sie waren alle erschöpft.
«Ist er nicht im Bad?», fragte sie, denn Sarah duschte endlos und hatte aus Gedankenlosigkeit die Tür abgeschlossen. Lise hatte die Jungs gedrängt, ihre Schlafanzüge anzuziehen und sich dann in ihre Schlafsäcke zu legen, mit der Anweisung, sich die Zähne zu putzen, wenn Sarah fertig war, doch bei dem letzten Punkt ging es nicht weiter. «Könntest du ihn im Auto liegen gelassen haben?»
«Nein»,
Weitere Kostenlose Bücher