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Abschied von Eden

Titel: Abschied von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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seinem Werkzeugkasten war eine Schachtel Talkumpuder. Damit rieb er ein, was von seinem rechten Bein noch übrig war. Das Ende des Stumpfs war schwielig, ein Haufen weißes Narbengewebe, das mal rosa durchblutetes Fleisch gewesen war.
    Du mußt aufhören, darüber nachzudenken. Aufhören aufhören aufhören.
    Er hüpfte zum Bett, kroch unter das frisch gewaschene Laken und wartete. Zehn Minuten später kam Lillian – so gut zurechtgemacht, wie sie es auf die Schnelle konnte. Sie trug einen langen weißen Morgenmantel aus Seide, und wie immer zog sie ihn erst aus, als sie unter der Bettdecke lag. Ihr Körper fühlte sich weicher an als sonst, aber er war Abel vertraut. Er lächelte sie an, und Lillian lächelte zurück, ängstlich wie ein Kind, das auf Zustimmung wartet. Und Abel wußte, daß es seine Aufgabe war, sie ihr zu geben. Er kniff sie in die Oberschenkel.
    »Du warst ja ein gutes Mädchen«, sagte er. »Hast du jeden Tag deine Janie-the-Cong-Übungen gemacht?«
    »Merkt man das?« fragte sie aufgeregt.
    »Was denkst du denn?« Abel streichelte sie liebevoll. Es war, als ob man einen Ballon knetete, der teilweise mit Wasser gefüllt war, weiche wogende Fettwülste. Sie schloß die Augen und stöhnte unter seinen Berührungen. Dann begann sie seinen Stumpf zu massieren. Daran merkte er, daß sie bereit war.
    Er schloß die Augen und tat, was er tun mußte.
     
    Hinterher schlief sie, aber Abel blieb wach und dachte daran, wie alles angefangen hatte. Vor langer Zeit war er zu Lillians Haus gekommen, um Klempnerarbeiten zu verrichten, und hatte sie weinend angetroffen. Und Abel, der bei weinenden Frauen immer schwach wurde, hatte sie an seine Schulter gedrückt. Irgendwie waren sie schließlich im Bett gelandet. Vielleicht hatte sie sich bei Abel wohl gefühlt, weil er nicht bedrohlich wirkte, mit nur einem Bein und so. Was auch immer der Grund gewesen sein mochte, Abel war trotzdem schockiert gewesen, als sie ihm hundert Dollar geben wollte. Es war ein Fick aus Mitleid gewesen, das wußten beide, aber er hatte nicht erwartet, dafür bezahlt zu werden.
    Er war beleidigt abgezogen.
    Sie hatte ihn noch am selben Tag angerufen, hatte das Telefon eine Ewigkeit klingeln lassen. Dasselbe passierte am nächsten Tag und am übernächsten. Er hatte sie als absolute Nervensäge betrachtet, aber als hartnäckige Nervensäge. Vielleicht war er deshalb bereit, noch einmal zu ihr zu kommen. Vielleicht hatte er irgendwo auch ihre Beharrlichkeit bewundert. Nach kurzer Zeit spielte sich die Sache ein, aber die Regeln waren von Anfang an klar gewesen. Sie bezahlte ihn, doch er hatte das Sagen. Deshalb behandelte sie ihn auch mit Respekt.
    Er drehte sich auf die rechte Seite und sah ihren Kopf, der tief in dem Daunenkissen vergraben war. Ihre Lippen waren ein wenig geöffnet, und sie schnarchte leise. Er kicherte in sich hinein. Good old Honest Abe Atwater mit dem viel zu weichen Herzen. Das hatte ihn sein Mädchen gekostet, sein Bein …
    Lillian schnaubte und öffnete die Augen. Abel lächelte.
    »Wie war dein Schönheitsschlaf?« fragte er.
    »Danke, gut.« Ihr Gesicht war weicher und weiblicher geworden. Sie nahm seine Hand und sagte: »Jetzt, wo wir das … Geschäftliche …«
    »Die Klempnerarbeiten.«
    Lillian lachte. »Also die Klempnerarbeiten erledigt haben … willst du mir da nicht sagen, warum du gekommen bist?«
    »Gern«, sagte Abel. »Ich brauche Geld, Lil.«
    Lillian nickte mit starrer Miene. Abel hielt eine Menge von ihr. Sie wußte genau, was zwischen ihnen ablief, und versuchte nicht, mehr daraus zu machen. Eine Minute verstrich. Schließlich sagte sie: »Ich hab’ etwa zweihundertfünfzig in meiner Brieftasche. Reicht das vorläufig?«
    »Ich brauche fünfzehnhundert. Bar.«
    »Fünfzehnhundert?«
    »Ja. Ma’am.«
    »Wofür?«
    »Kautionsgeld.«
    »Kautionsgeld?« Lillian lachte. »Hast wohl ’ne kleine Dummheit gemacht?«
    »’ne große Dummheit.«
    »Was hast du denn gemacht?«
    »Ich hab’ gar nichts gemacht«, sagte Abel. »Ich hab’ bloß ’ne Nutte gefickt. Sie behauptet, ich hätt’ sie vergewaltigt …«
    »Du wirst beschuldigt, eine Nutte vergewaltigt zu haben?«
    »Die Vergewaltigung ist gar nicht mal das Hauptproblem«, sagte Abel. »Sie wurde geschlitzt. Die glauben, das hätt’ ich auch getan.«
    Lillian klappte der Mund auf. Sie starrte ihn lange Zeit an. »Und hast du?«
    »Frag mich doch nicht so was«, sagte er. »Das ist beleidigend.«
    »Tut mir leid.« Lillian nahm sich eine

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